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Geld ins Ausland

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Der Dialektsong „Glaubst i bin bled ..'.“ und die bereits beachtliche Menge ähnlicher Popmusik „vom Grund“ geben der Gesellschaft der österreichischen Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) neue Hoffnung. Diese Gesellschaft, die Tantiemen aller in Österreich aufgeführten und gesendeten Werke der Tonkunst treuhändig einkassiert, um sie, nach einem komplizierten Schlüssel aufgeteilt, an die Künstler weiterzugeben, bekämpft seit Jahren die Dominanz ausländischer Unterhal-tungs- und auch ernster Musik, die in Österreich zur Aufführung kommt.

Zahlen, die die Programmstruktur des ORF nach Werken in- und ausländischer Herkunft ausleuchten, sind in der Tat — ohne Kulturchauvinismus betreiben zu wollen — alarmierend. Während 1966 noch 42,6 Prozent der im Hörfunk aufgeführten Werke österreichischen Ursprungs waren und der Auslandsanteil folglich 57,4 Prozent betrug — sank bis zum Ende des Jahres 1968 der Anteil österreichischer Musikstücke auf 33 Prozent. Im Fernsehen ist die Situation (ohne Fernsehfilme, die zu 85 Prozent aus dem Ausland so ergab sich 1968 mit 41,2 Prozent kommen) nicht viel anders: Stammten 1966 immerhin 58,5 Prozent der ausgestrahlten Musik aus Österreich, ein vorläufiger Tiefstand. Derartige Prozentsprünge zum Nachteil österreichischer Musik lassen Tantiemen ins Ausland strömen: im Jahre 1968 waren es um 12,4 Millionen Schilling mehr als 1966.

Überdies haben viele ausländische Rundfunkanstalten ihr Musikprogramm nach strengen, Regeln zu erstellen. „Die Festsetzung von Prozentsätzen für die Verwendung ausländischer Unterhaltungsmusik wird“, so erklärt Spaniens Ministerium für Information und Fremdenverkehr, seinen Programmgestaltern, „einerseits eine beachtliche Devisenersparnis zur Folge haben und anderseits unsere nationale Produktion ankurbeln, die einen sehr interessanten Aspekt der Eigenart unserer Kultur darstellt.“ Auf Grund dieser Verordnung strahlen spanische Sender seit 1. März 1969 50 Prozent der Unterhaltungsmusik spanischen oder la-teinamerikansichen Ursprungs aus. Bei gesungener Unterhaltungsmusik erhöht sich dieser Prozentsatz sogar auf 75.

Für England bestimmt das 1954 für das kommerzielle Fernsehen geschaffene, seit 1964 aber auch für die staatliche BBC geltende Femseh-gesetz, „daß angemessene Prozentsätze des aufgenommenen und anderen in die Programme übernommenen Materials britischen Ursprungs und britische Aufführungen“ sein müssen. So kommt es, daß sich Englands Künstler über mehr als 65 Prozent einheimischer Musik erfreuen.

Während die DDR im Jahre 1958 schlicht verfügte, daß mindestens 60 Prozent aller im Rundfunk oder Fernsehen verwendeten Werke von Komponisten der DDR oder befreundeter Staaten geschaffen sein müssen, differenziert Frankreichs „Service Artistique“ genau; 50 Prozent französische Werke, 45 Prozent ausländische, jedoch von französischen Künstlern subtextiert oder arrangiert, und nur fünf Prozent rein ausländische Werke.

hängigkeit des Unterhaltungsgigan-Kanada, das fürchtet, in die Äbten USA zu geraten, stützt sich auf die „Canadian Content Rule“, die besagt, daß mindestens 55 Prozent der im Fernsehen ausgestrahlten Programme kanadischer Herkunft sein müssen.

In Österreich jedoch hofft man, daß die Frage „Glaubst i bin bled?“ eine rhetorische wird.

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