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Was für Jean Jacques Servan-Schreiber aus ganz Europa Unterlagenmaterial zu seinem Buch „Die amerikanische Herausforderung“ ist, ist in Österreich laut Aktenvermerk der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft „nicht zur Veröffentlichung bestimmt“. Die Meldung über ausländische Betriebs-gründungen in Österreich werden zwar vom Statistischen Büro der Bundeswirtschaftskammer erfaßt, zur Veröffentlichung jedoch nur in beschränktem Umfang oder gar nioht freigegeben.

Erstmals hat man im Jahre 1967 die Landeskammer und Bundessektionen davon in Kenntnis gesetzt, wie sich von 1956 bis 1967 in Österreich ausländische Betriebsgründungen ausgewirkt haben bzw. welche erfolgt seien. Inzwischen wurden auch für das Jahr 1967 die bisherigen Unterlagen neu aufgearbeitet sowie zweifelhafte Gründungen mit unbekanntem Gründungisjahr nach Möglichkeit ausgeschieden.

Die größten Berichtigungen erfolgten hierbei für das Bundesland Tirol, wo es bei der ersten Arbeit zu diesem Thema starke Mißverständnisse betreffend die Zahl der ausländischen Industriegründungen in Österreich gegeben haben soll. In den regionalen Verteilungen hat sich bei den ausländischen Neugründungen seit 1956 wenig geändert. Weiterhin führt Salzburg, das bereits 716 Betriebe, das sind 37.3 Prozent, aller ausländischen Betriebe in Österreich beherbergt. Oberösiter-reich hat es bisher auf 360 ausländische Betriebe gebracht, das ist ein Anteil von 18,7 Prozent, Tirol auf 313, was 16,3 Prozent entspricht. Interessant ist, daß gerade die Notstandsgiebiete, in denen man ausländische Betriebsgründungen erleichtern sollte, wie das Burgenland und die Steiermark, nach wie vor für die Ausländer zu unattraktiv zu sein scheinen. So hat das Burgenland mit 1,9 Prozent bzw. 37 ausilän-dlisohen Betrieben den geringsten Anteil aller Bundesländer in Österreich, und auch in der Steiermark mit einem Bundesainiteil von 2.9 Prozent und 55 Betrieben ist kaum von „Überfremdung“ zu reden. Die meisten Neugrüradungien entfallen bei ausländischen Betrieben in Österreich weiter auf den Handel. So

Das „Zeitgeschehen“ probte neue Gestaltung. Doch der gutgemeinte Versuch ging daneben. Statt der üblichen Form der filmischen Dokumentation zitierten die Moderatoren Payrleitner und Stanzl Geschichtsbuch. Sie präsentierten am 3. Jänner einen Querschnitt durch die kommunistischen Parteien Österreichs und der Bundesrepublik — und garnierten mit ein wenig Filmreport über das geteilte Berlin. Nahm sich der Beitrag über die KPÖ selbst ein wenig zu wichtig, so war er fraglos dennoch informativ über die derzeitige Situation und den Habitus der Marxisten-Leninisten an der Donau. Dann aber rutschte man bei der Gestaltung der Dokumentation über die KPD respektive ihrer Neuauflage, der DKP, kräftig aus. Zwischen Rosa Luxemburg und Ernst Thalmann sah man das freundliche Gesicht von Herrn Stanzl, der Jahrzehnte mit einem halben Satz kommentierte. Nichts wußte man über die Gründe der Sezession zu sagen, nichts über sind 682 Bietriebe oder 35,5 Prozent Handelsfirmen, 422 oder 22 Prozent werden als Gewerbebetriebe bezeichnet, und 385 Betriebe, das sind 20 Prozent, sind Industriebetriebe. Auch im Fremdenverkehr nimmt die Zahl der ausländischen Betrieb sgründungen und ausländischen Firmen zu. So gibt es in Österreich bereits 380 Fremdenverkehrsbetriebe, wobei diese schon einen 19,8prozentigen Anteil an den gesamten ausländischen Batriebsgrün-dungen erreicht haben. Allein im Jahre 1967 wurden in ganz Österreich 227 ausländische Betriebe neu gegründet. Die Neu-gründungswelle ist dabei nach wie vor auf Expansion eingestellt. Die Schwerpunkte bei den einzelnen ausländischen Betriebsgründungen seit 1956 in Österreich sind bundesländerweise sehr unterschiedlich verteilt. So hat zum Beispiel in Tirol der Fremdenverkehr den höchsten Anteil mit 42,5 Prozent aller in dieser Zeit neugegrüodeten ausländischen Unternehmungen, während in Niederösterreich- mit 67,2 Prozent die Industrie führt, was auch für die Steiermark mit 58.2 Prozent und für das Burgenland mit 54,1 Prozent gesagt werden kann. In Oberösterreich dagegen wie in Salzburg rangiert mit 34,7 bzw. 49,2 Prozent der Handel ebenso wie in Vorarlberg mit 29,8 Prozent an erster Stelle.

Wenig hat Österreich noch mit der „amerikanischen Herausforderung“ zu kämpfen. Den überwiegenden Anteil an den ausländischen Betriebsgründungen in Österreich hat nämlich mit 67,5 Prozent die deutsche Bundesrepublik. Ihrem Anteil am nächsten kommen die Schweiz und Italien mit je 7,4 Prozent, während die USA mit einem ganz niedrigen Prozentsatz unter „ferner liefen“ rangierten. Interessant ist, daß bei den Fremdenverkehrsbetrieben nach der deutschen Bundesrepublik mit 65 Prozent Italien mit 9,7 Prozenit folgt, während bei der Industrie nach der Bundesrepublik Deutsehland (67,5 Prozent) die Gründungen aus der Schweiz mit 13,2 Prozent an zweiter Stelle liegen.

Kärnten ist das einzige Bundesland,den Untergrund der deutschen Kommunisten in der Nazizeit. Viel zuwenig auch über die Bedeutung der SED im Rahmen der deutschen kommunistischen Bewegung.

Schließlich nahm man zum guten alten Masseninterview Zuflucht: Stanzl interviewte deutsche Kommunisten, icarum sie zur KP gehören — ohne auch nur eine treffende Antwort zu erhalten. Der größte Mangel aber lag in dem Umstand, daß die Neue Linke, der ideologische „Blow up:' in keinen wie immer gearteten Konnex zur marxistischen Bewegung der Bundesrepublik gebracht wurde.

Und daß man im Report über Berlin zwar alte Mauergeschichten hörte, aber das faszinierende gesellschaftliche und politische Phänomen der linken Studenten in der Frontstadt nicht einmal erwähnt wurde — es sei denn durch den nackten Busen eines Nachtklubmädchens, einen „bag“, den man anscheinend als Petersil über die rote Suppe streute... G.B. in dem die deutsche Bundesrepublik bei den ausländischen Betriebsgrün-dungen nicht an erster Stelle liegt. Hier hat Italien einen Anteil von 40,5 Prozent, was hauptsächlich auf stärkere italienische Handelsfirmen in Kärnten zurückzuführen ist, während die deutsche Bundesrepublik mit 33,6 Prozent an zweiter Stelle liegt. Sogar in dem der Schweiz benachbarten Vorarlberg führt Deutschland mit 54,7 Prozent aller ausländischen Betriebsgründungen vor der Schweiz mit 31,5 Prozent.

Auch 1968 sollen, wie man hört, die Erhebungen über die ausländischen Betriebsgründungen weitergeführt worden sein. Ob man weiterhin auf dem „Streng vertraulich“ beharren wird, weil man fürchtet, das Datenmaterial könnte „fehlinterpretiert“ werden oder weil es doch nur lük-kenhaft ist, blieb bisher unbekannt Angesichts der Überfremdung gewisser anderer europäischer Länder durch ausländische Konzerne und Betriebe glaubt man aber doch, daß sich der Österreicher eines Tages auch mit diesem Problem der „ausländischen Herausforderung“ — um im Jargon von Servant-Schreiber zu bleiben — wird beschäftigen müssen.

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