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(149 Millionen Schilling). In die Bundesrepublik fährt der Konsu- ment hauptsächlich zum Tanken - für Benzin und Treibstoffe werden- nämlich 121 Millionen Schilling ausgegeben, für den Kauf von Tex- tilien 93 Millionen, für Spielwaren und Sportartikel 61 Millionen so- wie 47 Millionen Schilling für Milchprodukte.

Vom Vorarlberger Handel wird daher schon seit Jahren eine An- gleichung im Steuer- und Zollbe- reich sowie am Agrarsektor ver- langt. An erster Stelle muß dabei die Harmonisierung der Mehrwert- steuer genannt werden. In der Schweiz wird eine Umsatzsteuer von nur 5,5 Prozent vorgeschrieben und auch in der Bundesrepublik Deutschland ist diese Abgabe, die noch dazu größtenteils rückvergü- tet wird, bedeutend niedriger als in Österreich.

Eine Angleichung anderer Steu- ern an den EG-Standard ist aus der Sicht des Handels ebenfalls drin- gend erforderlich. So sind etwa die für Benzin und Treibstoff in der Bundesrepublik und der Schweiz getätigten Einkäufe von 190 Millio- nen Schilling vorwiegend aus dem Preisgefälle erklärbar, das sich ins- besondere aufgrund der Mineralöl- steuer ergibt. Ebenso ist die Ab- wanderung von rund 150 Millionen Schilling für den Einkauf von Ta- bakwaren zu erklären, da die Mo- nopolabgaben in Österreich bedeu- tend höher sind als im Ausland, wo diese Produkte um 20 bis 40 Pro- zent billiger sind.

Auch im Bereich des Agrarsek- tors müßte eine Anpassung an EG- Verhältnisse erfolgen. Die fast 50 Millionen Schilling, die für Milch- produkte in Deutschland ausgege^ ben werden - im Vorjahr noch waren diese Erzeugnisse um die Hälfte billiger als in Österreich - sowie die 24 Millionen Schilling, die aus demselben Grund in die Schweiz abwandern, sprechen eine klare Sprache. Diese Preisdifferenz wur- de zwar in der Zwischenzeit besei- tigt, doch ist die Entlastung nicht ausreichend, da bei anderen Pro- dukten nach wie vor große Preisun- terschiede bestehen.

Die Preisdifferenzen, so das ein- deutige Ergebnis der Untersuchung, sind somit hauptsächlich dafür verantwortlich, daß - und zwar aus dem ganzen Land - Kaufkraft in das benachbarte Ausland abwan- dert. Besonders stark davon betrof- fen ist die Region Lustenau und Umgebung, wo 8,7 Prozent der pri- vaten Konsumausgaben in der Schweiz getätigt werden. Die Stadt Feldkirch weist eine Abwande- rungsquote von fast fünf Prozent auf und die Stadt Bregenz folgt mit fast vier Prozent.

Die Kaufkraftströme-Untersu- chung hat überdies gezeigt, daß aus allen Regionen Einkaufsfahrten ins benachbarte Ausland stattfinden. Für die grenzferneren Regionen Bludenz und Umgebung sowie für den Bregenzerwald wurden deshalb Abwanderungsquoten von immer noch beachtlichen zwei bis drei Prozent registriert.

Die Kaufkraftabwanderung muß fairerweise auch gesamtwirtschaft- lich gesehen werden. In Vorarlberg dürften 1988 die Einnahmen aus dem Reiseverkehr 8,6 Milliarden Schilling betragen haben, wobei der Großteil sicherlich in den Frem- denverkehr beziehungsweise zu den Seilbahnen gewandert ist. Handels- wirksam schätzt man eine Summe von 2,9 Milliarden Schilling. Stellt man nun diesem Betrag die Abwan- derung von Kaufkraft ins benach- barte Ausland von 1,3 Milliarden Schilling gegenüber, so sieht die Lage für den Vorarlberger Handel doch recht erfreulich aus.

Diese Situation wäre freilich noch erfreulicher, würde nicht durch Verwaltungsmaßnahmen der klei- ne Grenzverkehr einseitig be- schränkt. Kunden aus der Schweiz etwa können in Vorarlberg nur ein halbes Kilogramm Fleisch einkau- fen, wobei bereits kleine Gewichts- überschreitungen zu Problemen an der Grenze führen. Würden die Schweizer Zöllner mit derselben Großzügigkeit abfertigen wie ihre österreichischen Kollegen, könnte der kleine Grenzverkehr deutlich belebt werden.

Probleme bestehen für den Vor- arlberger Handel außerdem durch das im Vergleich zum benachbar- ten Ausland überaus restriktive Ladenschlußgesetz. Der Vorarlber- ger Handel setzt sich schon lange für ähnliche Bestimmungen ein, wie sie in der Bundesrepublik gelten: ein Abendverkauf bis mindestens 20.30 Uhr neben einem langen Samstag im Monat. Die Regelung in der Schweiz ist noch liberaler. Alle Kaufhäuser in Grenznähe haben jeden Samstag bis minde- stens 16 Uhr geöffnet; außerdem gibt es jede Woche einen Abend ver- kauf bis 21 Uhr.

Der Vorarlberger Handel hofft, daß im Zusammenhang mit den EG- Ambitionen Österreichs die gravie- rendsten Ungleichheiten gegenüber dem benachbarten Ausland mög- lichst rasch beseitigt werden. In Vorbereitung auf einen künftigen gemeinsamen Wirtschaftsraum haben bereits viele Großhandels- firmen Niederlassungen im benach- barten Ausland errichtet; einige heimische Firmen haben überdies jenseits der Grenze Detailgeschäf- te gegründet.Der Vorarlberger Handel im grenznahen Raum schaut hoffnungsvoll in die Zukunft und glaubt, daß er die Herausforderung, die sich durch die Grenzlage ergibt, bestehen kann.

Der Autor ist Geschäftsführer der Sektion Handel in der Vorarlberger Handelskammer.

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