Illmiquela - © Schreenshot: www.instagram.com/lilmiquela

Robotermodels wie Miquela Sousa erobern das Internet

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Virtuelle Influencer - designt in US-Softwareschmieden - gelten als der neueste Schrei im digitalen Marketing. Makellos und ewig jung, sprechen sie Millionen User an. Über eine perfekte Inszenierung.

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Virtuelle Influencer - designt in US-Softwareschmieden - gelten als der neueste Schrei im digitalen Marketing. Makellos und ewig jung, sprechen sie Millionen User an. Über eine perfekte Inszenierung.

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Sie räkelt sich lasziv am Pool, trägt extravagante Kleidung und posiert mit ihren Freundinnen – auf den ersten Blick wirkt Miquela Sousa wie eine ganz normale Influencerin. Doch die junge Frau mit dem Ponyhaarschnitt und den frechen Sommersprossen ist keine reale Person, sondern ein Computermodel. Designt in einer amerikanischen Softwareschmiede. Alter: 19 Jahre. Herkunft: brasilianisch-spanisch. Wohnort: Los Angeles. Lil Miquela, wie ihr Spitzname lautet, ist ein echter Digital Native. Das Licht der Welt erblickte sie auf Instagram, wo ihr mittlerweile 2,9 Millionen Nutzer folgen. Das künstliche It-Girl ist längst zu einer Werbeikone avanciert: Sie ziert das Cover von Modezeitschriften, ist Stargast bei Netflix-Premieren und läuft auf den großen Fashionshows. Mal steigt sie in einem Luxushotel ab, mal zeigt sie sich privat am Strand.

Und sie ist politisch: So hat sie sich das Motto „Black Lives Matter“ auf die Fahnen geschrieben und auf ihrem Instagram-Account ein Plakat für das Recht auf Abtreibung gepostet. Millionen Menschen laben sich am Jetset-Leben eines computergenerierten Starlets – obwohl dieses gar nicht real ist. Das Robogirl macht dabei nicht nur eine gute Figur, sondern auch Musik. Ihre Debütsingle „Not Mine“ schaffte es auf Platz acht der Spotify-Charts. Konzerne reißen sich um den Avatar. Prada, Gucci, Calvin Klein – die großen Modehäuser haben alle schon Werbeverträge mit Lil Miquela geschlossen. Samsung promotete sein neues Galaxy-Handy auf dem Instagram-Account der Computerdame. Wie ein echter Werbeprofi hält Lil Miquela das faltbare Smartphone ins Bild.

Die Botschaft kam an: Über 40.000 User drückten auf den Like-Button. Früher träumten junge Frauen davon, so auszusehen wie Claudia Schiffer oder Naomi Campbell. Heute sind die Vorbilder Avatare. Und das lassen sich die Entwickler bezahlen.

Fake-Promi bleibt dünn und zickt nie

Nach Schätzungen der britischen Marketingfirma OnBuy kostet ein Sponsored Post mit der Computerdame über 8000 Dollar. In sozialen Netzwerken kommt es nicht auf Echtheit an, sondern auf die Zahl der Follower. Sie sind die Währung im digitalen Kapitalismus. Allein im vergangenen Jahr soll Lil Miquela (bzw. die Entwicklerfirma) 11,7 Millionen Dollar an Werbeeinnahmen kassiert haben. Der Avatar gehört damit zu den bestbezahlten Models der Welt.

Virtuelle Influencer gelten als der neueste Schrei im digitalen Marketing: Sie verfügen über Millionen Fans, altern nicht und lassen sich perfekt in Szene setzen. Ein Robo-Model kommt nicht verkatert und mit tiefen Augenringen zum Set, es wird nicht dick und ist nicht zickig. Es funktioniert. Man kann einen Avatar wie eine Schaufensterpuppe vor eine künstliche Kulisse schieben: Gesichtsausdruck, Kleidung, Schauplatz, Wetter – all das lässt sich am Computer modellieren. Gerade in pandemischen Zeiten ist das ein Vorteil. Wo Produktvorstellungen und Sponsorenreisen in den digitalen Raum verlegt oder gar storniert werden, springen die virtuellen Influencer in die Bresche.

Das Geschäft mit den Fake-Promis wächst immer weiter. Es gibt zahlreiche prominente Kunstfiguren: Shudu etwa, eine bildhübsche schwarze Frau, die als das erste „digitale Supermodel“ gefeiert wird. Ihr Schöpfer, der Fotograf Cameron James Wilson, ließ sich dabei vom afrikanischen Supermodel Iman inspirieren. Das digitale Supermodel war das Gesicht verschiedener Werbekampagnen. Für das französische Modehaus Balmain schuf Wilson zwei weitere Avatare: die „Caucasian“ (zu Deutsch Europide) Margot und die Asiatin Zhi. Zusammen mit Shudu posierten sie für die Kampagne „Virtual Army“. Balmain wollte damit ein Zeichen für mehr Diversität in der Modewelt setzen.

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