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Zweimal Jugendkriminalität

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JUGEND IM GEFÄNGNIS. Von Theodor Hofmann. Pädagogische Untersuchungen über den Strafvollzug an Jugendlichen. In der Reihe: Erziehung ln Wissenschzft und Praxis. R. Piper £ Co.-Verlag, München, 1967. 222 Seiten. — JUGENDKRIMINALITÄT. Von Sepp Schindler. Herausgegeben vom österreichischen Institut für Jugendkunde, österreichischer Bundesverlag, Wien-München. Verlag für Jngend und Volk, Wlen-Mun- chen, 1968. 184 Seiten. DM 21.—

Der 1953 Gesetz gewordene Erziehungsstrafvollzug an Jugendlichen, dessen kritische Untersuchung der Verfasser nunmehr der Öffentlichkeit vorlegt, zeigt heute schon deutlich das Ungenügende im darin verankerten Reformgedanken. In seinem Vorwort nennt der Herausgeber, Andreas Flitner, das Ergebnis „erschütternd” und meint, die bestehenden Einrichtungen müßten von Grund auf in Frage gestellt werden. Besonders die verstärkte Hinwendung zu sexueller Perversion nach dem Aufenthalt im Gefängnis wirkt alarmierend. Eine Zeit, die „böse” und „krank” gleichzusetzen immer mehr geneigt ist. und die, wie kaum eine zuvor, der Jugend gehört, müßte imstande sein, dieser die durch Forschungen erwiesenen notwendigen Verbesserungen in der Erziehung in vollem Umfange zukommen zu lassen. Für die kriminell gewordene Jugend bat sich bis heute diese Hoffnung nicht erfüllt. Hier einen Wandel zu schaffen ist die Absicht dieses Werkes, ist der Sinn seiner wissenschaftlich begründeten

Kritik am Jugendstrafvollzug, wie er heute geübt wiird.

Die in Anfangs-, Normal- und Entlassungsperiode eingeteilte Strafzeit wird nach den üblichen Methoden untersucht, subjektive Aussagen, psychodiagnostische Tests und vorhandene Akten werden ausgewertet. In einem zusammenfassenden Kapitel wird sodann „die Bedeutung einzelner Untersuchungsergebnisse für die Praxis des Jugendstrafvöllzuges” hervorgehoben, dessen Neukonzipierung beantragt und in einer abschließenden Betrachtung verlangt, in Zukunft habe in den Jugendstrafanstalten der Geist der Vergeltung und der Rache vollkommen vor dem der Erziehung zurückzutreten. Ein nicht nur für den Fachmann, sondern auch für jeden Menschenfreund interessantes Buch.

Während das besprochene Werk in bundesdeutschen Gefängnissen seine Unterlagen erstellte, gilt Schindlers Untersuchung für österreichische Verhältnisse in den Nachkriegsj ähren von 1946 bis 1965. In dieser Periode wurde ein auffallendes Ansteigen der Verbrechenskriminalität Jugendlicher in gewissen Jahren und ein darauffolgendes ebenfalls auffallendes Absinken derselben festgestellt. Eine Interpretation dieser Tatsachen wird mittels der Methode quantitativer Vergleichung kriminellen Verhaltens, unter Verwendung von zum Teil neuen Maßstäben versucht. Dabei konnte eindeutig der Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Krieg erwiesen werden. Aus den zahlreichen (42) Ergebnissen seien hervor gehoben: Das Ansteigen der Jugendkriminalität nach dem zweiten Weltkrieg erfolgt in starker Korrelation zu jener nach dem ersten. Am meisten gefährdet ist jene Gruppe, die bei Kriegsende drei Jahre alt war. Ursache der Jugendverwahrlosung ist die Entbehrung des Vaters. Mit dem Verfasser erwartet die Öffentlichkeit auf Grund seiner Darstellungen weitere gezielte Forschungen und zweckmäßige vorbeugende Maßnahmen.

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