Wer sich das eigene Leben erschlossen hat, dem wird die Bedeutung des Ablebens auch innewerden. LaotseKann Sterben so schwer sein, wenn es den Gedankenlosesten gelingt? Die Gedanken der Weisesten freilich werden mit dem Tod nicht fertig, mit diesem „Trick der Natur viel Leben zu haben“, wie ihn Goethe nennt. In der Tat leben wir alle durch ihn. Er ist es auch, der uns erlaubt, das Leben weiter zu geben. Bewußt oder unbewußt bekennen wir uns alle zu ihm, stekken aber den Kopf in den Sand, wenn wir ihn erblicken. Da wir aber alle mit ihm etwas werden anfangen müssen, stellt sich uns allen
Eine geheimnisvolle Haut, die auf dem nackten Leib getragen, unsichtbar macht, wird vom Erfinder, einem Schweizer Forscher und Nobelpreisträger, an den Adoptivsohn vererbt, der vergeblich Gutes damit zu stiften sucht. Frank Thiess, der große deutsche Romancier (jüngst mit dem ostdeutschen Andreas - Gryphius - Liiteraiturpreis 1975 ausgezeichnet), dessen immer noch wachsendes Werk mit Recht seit einem halben Jahrhundert von einer elitären Leserschaft hochgeschätzt wird, erzählt, auf alles bloß Sensationelle verzichtend, diese Science-fiction-Story auf das Ernsthafteste in dem eben
Was Gleichheit? Weil wir auf den Barrikaden für sie sterben wollten? Weil der, dem sie versagt blieb, sie im Jenseits sich erhofft? Sie ist dennoch nur als Stufe hinauf zu neuer Ungleichheit erträglich, und bedroht, sobald errungen, die Besitzer mit Verzweiflung.Denn nicht vom Brote lebt der Mensch allein. Er hat auch Durst nach fremdem Sein, der nur am Brunnen der Ungleichheit zu löschen. Auf Körperebene schon, auf der der Zellen, herrscht dieser Wille zur Macht. Stufen der Werte dienen ihm auf der Ebene des Geistes. Hier nur ist Glück, ist Sinn des Lebens, das keinen andern für uns
Bis 50 lebt der Mensch in der Illusion eines Lebens, das 100 Jahre währt, nicht ahnend, daß es mit 60 zu Ende ist. Zwar der Geist lebt weiter, aber der Geist ist schwach.Aus den Trümmern unserer gescheiterten Lebensschiffe rufen wir uns durch die brüllende Brandung zu: Ahoi! Und verrichten in der schiefstehende Kabine weiter unsere Arbeit, messen die Sterne, werfen das Lot, als führen wir noch immer mit vollen Segeln auf dem sicher tragenden Meer.Die Sehnsucht nach Totalität ist uns eingeboren und der wahre Grund unseres nie erlahmenden Stolzes: Auch ohne moralische Absicht glauben wir
Kein Denken ohne Gedanken, ohne Formulierung des zu Denkenden.Wie wir uns auch abschließen: in Gedanken sind wir stets mit den anderen beschäftigt. Monologisierend sind wir uns selbst ein Du.Ich schildere mein Entsetzen, gebärde mich entsetzt: Man muß mir nicht glauben, solange ich es kann.Das Leben ist unheimlich, im Ganzen wie im Detail: Es geht über unsern Verstand.Das Wort Geschlecht nim,mt ein Vorurteil in der Sprache vorweg.Leben hat immer einen Sinn, man braucht ihm keinen zu geben.Nicht immer ist das IJicherlidie zum Lachen.Nur gemütlich ist menschliches Leben denkbar. Wir
Die Vernehmung des Angeklagten Jesus durch den Untersuchungsrichter Pilatus beendete dieser mit einem Seufzer: „Was ist Wahrheit?“ Das war keine Frage, nur ein Achselzucken über den Schwärmer, der da Zeugnis für die Wahrheit ablegen wollte. Der Römer glaubte die Janusköpfigen zu kennen, ihr Medusenhaupt, wie ihren Gelehrtenkopf. Die Juden konnten den Schwätzer frei bekommen, wenn sie wollten. Nun, sie wollten nicht. Dem Statthalter schlug die Stunde der Wahrheit.Als „Übereinstimmung der Erkenntnis mit ihrem Gegenstand“ definiert Kont die Wahrheit. Man denkt an Angenehmes, der
Das einzig mögliche und zugleich beste Gewissen ist ein schlechtes. Mangelndes, nicht gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen. Das ist kein Gewissen, das nicht beißt, es ist Gewissenlosigkeit. Josef K., in Kafkas Roman, wird der Prozeß gemacht, weil er ein Gewissen hat. Es kann nur ein schlechtes sein. Warum macht er sich eines? Nur wer es nicht nötig hat, sagt Freud, macht sich eines. Von Natur haben wir alle keines. Da uns kein gutes gelingt, warum machen wir uns eines?Ja, warum?Kommt das schlechte Gewissen von der Erbsünde, das heißt, von der Einsicht, daß, um böse zu sein, wir
In Büchern überleben zu wollen, auf Papier gedruckt, in die sonnenlosen Räume der Bibliotheken gesperrt Sahen nicht viele diesen Traum schon an sich erfüllt? Klopstock zum Beispiel, der die Deutschem zu Dichtern erweckte und nun zum Dank neun- und mehrbändig auf den Bücherborden sogenannter „besserer“ Kreise steht, unigelesen freilich, und geistiger Huimus geworden seit langem schon. Goethe! Was er wohl dazu sagen würde, daß das Volk ihn nldht mehr liest, auch das studierende kaum? Er, der mit achtzig sich über zuviel tote Ehre beklagt, über zuwenig lebendige Liebe! Und Schiller
An-SätzeNicht das Leben ist zum Verzweifeln; die Gedanken darüber sind's.Schon älter als... und noch nichts ...: Weil man immerhin verzweifeln sollte, verzweifelt man nicht.Neulich sah ich mein Vaterhaus wieder, unter Blütenbäumen wie einst. Es erschien mir, trotz der spielenden Kinder, wie unter einem Glassturz, eingesargt, in Dornröschenschlaf. Und ich, der Prinz, der gekommen, es zu erwecken, war gelähmt.Grimmiger als der Lebensgrimm ist die Freude, die ihn feststellt.Schon als es auf Erden nur Krokodile gab, sahen Wolken zuweilen wie Menschen aus.Im ungeheuerlichen speichenlosen
Arthur Koestler, dessen Bücher vierteljährlich zu erscheinen pflegen, nimmt darin gewöhnlich zu den gerade brennendsten Problemen Stellung, um deren Lösung noch gerungen wird. Diesmal geht es um den Zufall, jenen Zufall, den man lange Zeit hindurch am Zaumzeug mathematischer Formeln vollkommen gezähmt zu haben glaubte, der aber nun, im Lichte neuerer Forschungen, insbesondere jener der Atomphysik, seine Verständlichkeit wieder eingebüßt zu haben scheint.So zeigten schon in den dreißiger Jahren angestellte Experimente, daß unter Umständen, die man herbeiführen kann, die
Das Leben wird nicht erträglicher, wenn man es sich leichtmacht.Je schneller am Ort, um so weniger dort (im Auto „erfahren“).Ein Schelm, der nicht spricht, wie er ist.Leid regt an, Ärger nur auf.Das Wesentliche am Menschen ist unwesentlich in der Natur.Ein bedeutender Mensch ist ein sozial angesehener.Nur der verdient einen Menschen, der ihn braucht.Man wird menschlich, indem man den Menschen sich entzieht.Nur Ausnahme ist Leben: Wasalle leiden, ist nicht Leiden, was alle genießen, nicht Genuß.Erkenntnis macht das Schöne schön; sie kommt auf Flügeln des Gefühls.Wir hätten
Der Moralist und der Künstler, vor allem der Künstler in Rudolf Henz haben verhindert, daß ihm sein neues Werk zum Bestseller geriet, zu dem es alle Verführung in sich trug. So zeitgemäß realistisch wie unzeitgemäß wahr ist diese Utopie ausgefallen. Ihre Erfindung, in protokollarischer Tagebuchform abgefaßt, mutet bis in die winzigsten Details hinein so natürlich an, so wahrscheinlich, daß man lange lange Zeit an keinen phantastischen Roman denkt, sondern glaubt, einen echten Bericht, die Wirklichkeit vor sich zu haben, und im Helden den Autor. Dabei ist dieser Held erst 25, wie man
Der Wagen war auf der verschneiten Straße zum Feistritzer Sattel ins Rutschen gekommen, und wir hatten umkehren müssen. So wurden wir vom Zufall nach Trattenbach verschlagen, als es just 50 Jahre waren, seit dieser spärlich besiedelte Ort seinen „spinnerten“ Lehrer an das benachbarte Otterthal abtrat. Kaufmann Scheibenbauer erzählt uns das. Er ist der erste, den wir ausfragen, nachdem wir, seit dem Lesen der Ortstafel elektrisiert, beschlossen haben, uns den Kärrnern anzuschließen, die reichlich zu tun haben, seitdem dieser König unter den Philosophen große Mode ist.„Wittgenstein
Als — zum 75. Geburtstag K. H. Waggerls — kürzlich im Fernsehen ein „Porträt“ des Dichters ausgestrahlt wurde, konnte man von diesem die folgende Äußerung hören: „Es kommt beim Schreiben immer nur auf das Was, nicht auf das Wie an!“ Der Jubilar hatte sie seinem Bekenntnis hinzugefügt, mit seinem Werk dem Leser etwas geben zu wollen, eine Lebenshilfe, nicht bloß schöne Form. Was er da sagte, klang daher nicht überraschend, eher selbstverständlich. Und doch hätte niemand etwas daran gefunden, nach entsprechender Vorbereitung, von Waggerl den entgegengesetzten Satz zu vernehmen: daß es immer nur auf das Wie, nicht auf das Was ankomme.
Nun bin ich zum erstenmal geflogen. Ich hatte erwartet, das Fliegen werde mich verändern. Aber drei Tage nach dem Flug habe ich nun nicht mehr Erinnerung an ihn als an irgendeine Autobusfahrt. Zwar ist mir der Gedanke ungeheuerlich, fünftausend Meter über dem Erdboden durch die Nacht geflogen zu sein. Damals aber empfand ich nichts dergleichen. Vielleicht, weil ich zu sehr mit Dingen beschäftigt war, die nicht zum Fliegen gehörten: mit der Frau, die, während wir starteten, in einem Romanheft las, mit der Stewardeß, die das Kind neben mir beruhigte, mit der Landschaft unter uns. Der
Nach der ersten Mondlandung schien es, daß damit der Weltraum-Wettlauf der Supermächte für die Amerikaner entschieden war. Aber schon die nächste „schaffnerlose” Roboterlandung der Sowjets auf dem Erdtrabanten stahl dem Sieger die Show. Und jetzt sind wieder die Russen am Zug. Werden sie es sein, die die erste Raumstation bauen? Und werden sich die Amerikaner mit der Rolle des Beglückwünschens zufriedengeben? Kaum. Ein Countdown ist fällig auf Kap Kennedy. Um die TV-Schirme der Welt knistert es von Hochspannung: Millionen warten auf die Fortsetzung des Wettkampfes.
Schreiben ist seine einzige Forderung an das Leben. Andere lieben die Freiheit, die sie entbehren; er verschenkt, die er sich nimmt, an unbekannte Leser. Schreiben heißt: gedruckt und gelesen werden. Wer nie gedruckt wurde, hat nie geschrieben: Der Gebende ist bedürftig. Kein Zuschauer muß zuschauen, kein Leser lesen. Der Schauspieler aber braucht die Leute für sein Spiel, der Schriftsteller den Leser. Wie den Jagdhund alles zur Jagd drängt, so drängt den Schriftsteller alles zum Schreiben. Darum stellt der meist Ungesellige sich sozial: Um das Gefühl zu verlieren, das ihn so leicht
Welche Ökonomie mag darin stek- ken, daß uns der Genuß der Tatsachen stets durch Imaginäres, bloß Vorgestelltes, getrübt wird? Wir verachten sogar den Genießer, als wäre jene Trübung erst das Menschenwürdige.Maturajubiläum: In einigen von ihnen schien ein Feuer gewütet zu haben; es hatte das Haar auf dem Kopf und über den Augenhöhlen in kraftlose weiße Strähne verwandelt. Andere sahen wie von Gift aufgequollen aus und wieder andere, wie Ochsenziemer, gewaltsam zusammengedreht. Doch schon nach einer Stunde blickten ihn aus den verbrannten, vergifteten und verkrampften Hüllen,
türlich stimmt das nidi." Das ist die Art, wie man typisch irisch« Töne ins Deutsche überträgt. Dei Österreicher hat keine Ausrede: Da er besetzt war, muß er das verstehen. Glanz oder Elend des Übersetzers?Soziales Elend pflegt die Männer zu vernichten und die Frauen aufzurichten, nicht nur bei uns, auch in Irland. Dort vielleicht heute noch, denn immer noch ist dieses Land arm, Daher spuken ein Leiben lang die Väter als Säufer, die Mütter als Heidinnen in den Köpifen der Söhne herum. Darum und weil alles dort to Nationalismus getauciit ist, sind dl« Komödien des O’Casey
Beim Lesen wundert man sich wachsend darüber, diesen Autor nicht in aller Munde zu wissen. Bis man am Schluß und keineswegs enttäuscht, im Gegenteil, begeistert für sein außerordentliches Talent, dennoch zu verstehen glaubt: Das Ganze dieses Romans wendet sich, ohne im Detail irgend Anforderungen quasi höherer Art zu stellen, als Kopiposition an echte Zeitgenossen und überfordert sie damit Natürlich! möchte man hinzufügen, und dabei an die eigene Brust schlagen. Darum auch sinkt ohne den Pfeü des Verständnisses auf den Leser abzuschießen, die auf jeder Seite vorhandene Spannung
Der insbesondere vcm der allerjüng-sten Schriftstellergeneration verkündeten Parole: „Schluß mit dem Erzählen!” dürfte zwar wahrscheinlich nicht der geborene, immerhin aber das Gros der berufenen Erzähler bereits gefolgt sein. Wie wäre es sonst zu erklären, daß Verleger in ihrer Verlegenheit, wie sie ihrer nach wie vor auf Erzählungen erpichten Leserschaft dienen soUen, Rückgriffe auf Romane von der Art dieses „Sie” vom Ende des vorigen Jahrhunderts machen? Sein 1856 geborener Verfasser, obschon Altersgenosse Shaws und Wildes, hatte beim Schreiben gewiß den viktorianischen
Auf seinem Platz bleiben muß jeder: Das Kind in der Wiege, der Greis auf dem Sterbebett, der Schuster bei seinem Leisten.„Friß dich und mich glücklich!” denkt im Park die den Vogel fütternde Alte. O eigennützige Liebe, du treibst den verlorenen Sohn aus dem Haus!Als das junge Mädchen seinen bewundernden Blick mit sichtlichem Abscheu zurückwies, dachte der Alte: Wie berechnend du nur Blicke von Männern duldest, die imstande wären, das Kind auch noch aufzuziehen!Die Jugend glaubt, das Leben der Alten bestünde in nichts als alt sein.Lebendiger: ein unmögliches Wort.Ist, Was der
Frank O'Connor, einer der erfolgreichsten irischen Schriftsteller unserer Tage, starb 1966, 63jährig. Er hinterließ eine unvollendete Selbstbiographie, deren erster Teil unter dem Titel „Einziges Kind“ vor Jahren Welterfolg errang. Nun erscheint diese Fortsetzung, für die der Autor noch den Titel ausgesucht hat Der Herausge .er nennt sie mit Recht „kulturgeschichtlich noch wichtiger“. Doch fällt sie künstlerisch etwas ab. Denn, aus teils abgeschlossenen, teils unfertigen Stücken und Entwürfen komponiert, ist der zweite Teil vollendetes Ganzes. Der Leser zieht dennoch größten
Vom jahrtausendelangen Schuften sind die Leiber der Männer auch heute noch mukelhaft-kräftig. Wie lange noch, da es keine Schwerarbeit mehr gibt und das bißchen Sport nicht reicht, die Verwandlung aufzuhalten? Werden wir zu Weibern? Und wie werden diese sich verändern, Pillenträgerinnen, die sie sind?Die Pinie, den Ölbaum, den Feigenbaum gibt es, vieler Art Bäume, aber nicht einfach den Baum, Menschen gibt es, aber den Menschen nicht.Ihrem Elend zum Trotz wird die Welt willig fortgesetzt. Seine eigene Natur zwingt den Vogel „Freizeitlos“ sein Schicksal freudig zu besingen.Am
SIND MARXISTEN DIE BESSEREN CHRISTEN? Ein Streitgespräch zwischen Quentin Lauer SJ. und Roger Garaudy. Herausgegeben und mit einem Vorwort von Peter Schneider. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Gisela Rasch. In der Reihe: „Standpunkte.“ Verlag Hoffmann und Campe. Hamburg, 1969. 136 Seiten. DM 7.80. — „DER REBELL MIT DEM KRUMMSTAB“ von Roger Bourgeon. Roman um Helder Cämara. Aus dem Französischen übersetzt von Curt Winterhalter. Verlag Herder, Freiburg—Basel—Wien. 223 Seiten. S 124.30.Die zur Zeit so beliebten Streitgespräche zwischen prominenten Vertretern verschiedener
„DIE SCHMÄHSCHRIFT“ von Stefan H eym, mit 8 Collagen von Horst Hussel, 133 Seiten, sFr. 9.80. — „TOCHTER“ von Alfred Andersch, Erzählung, 84 Seiten, beide Diogenes-Verlag, Zürich. sFr. 6.80.Da macht ein geborener Chemnitzer, Emigrant von 1933, amerikanischer Soldat von 1944, Münchner Journalist und schließlich gefeierter Schriftsteller der DDR, in den Tagen vor der Invasion, in London einen Fund: Ein mehrhundert Jahre altes Manuskript, das von einem Prozeß zwischen der englischen Regierung und Daniel Defoe berichtet. Er macht daraus ein englisch geschriebenes, fingiertes
JUGEND ZWISCHEN KONFORMISMUS UND OPPOSITION. Von Hans Chresta. Eine oztat-psychologische Untersuchung jugendlicher Selbstaussagen. Bewdger-Verlafl, Zürich, Einsiedeln, Köln, 1970. Kartoniert, 228 Seiten, sFr. 17.80.Um einer möglichen Enttäuschung zuvorzukommen: Die hier befragte Jugend sind Züricher Gewarbeschüler. Sie entsprechen wohl kaum der Vorstellung, die man sich gewöhnlich von der Jugend dieses Alters — von 16 bis 19 Jahren —, die man sich von Jugend „an sich“ macht: Eine Art verwahrloste Intelligenzbestie, bedauerns- und bewundernswert (oder doch des Wunderns wert)
GEFAHR UND HOFFNUNG DES TECHNISCHEN ZEITALTERS. Von Hans S e dlmay er. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 70 Seiten S 42.—.Schon immer hat Hans Sedlmayer, österreichischer Kunsthistoriker und Autor vielgelesener Bücher, den Mut gezeigt, auf seinem Fachgebiet und überhaupt den Ruf der Beckmesserei nicht zu scheuen: „Gemessen an den Spitzenleistungen der modernen Technik ist fast alles, was die Kunst und Antikunst von heute produziert, läppisch.“ (S. 47) Ein offenes Wort, dem neunzig von Hundert aller an Kunst Interessierten beipflichten, das die übrigen aber zurückweisen werden, mit der
CARL SPITZWEG. Der Münchner Maler-Poet. Gesammelt und mit einem Nachwort herausgegeben von Michael Dirrigt Langen-Müller-Verlag, München Wien 1969. 256 Seiten, Leinen DM 16.80.Als man sich in der Wiener Albertina anschickte, die Ausstellung „Spitzweg und seine Zeit“ anzusehen, da war man überzeugt, daß man für immer seinen Glauben an die Kunst des liebenswürdigen und bis dahin von uns für groß gehaltenen Meisters werde abschwören müssen. Doch es kam anders: Beim Weggehen mußte man sich gestehen, man habe ihn jetzt erst richtig schätzen gelernt. Die von den Wassern moderner
„DAS SCHWÄRZE EXPERIMENT.“ Von Adrian Hastings. Kirche und Mission im modernen Afrika. Ins Deutsche übertragen von Dr. Marga-reth Kees. Verlag Styria Graz-Wien-Köln. 348 Seiten. S 168.—.Ihre Sünden bedenkend, sah die Christenheit vor der ersten Jahrtausendwende das magische Datum mit Furcht und Zittern nahen. Der Komet konnte kommen, Zusammenstoß und Untergang, ein Endzeitfeuerwerk mit allen nur erdenklichen Schrecken war möglich, die Zukunft ungewiß. Heute ist sie berechenbar geworden, und unser Glaube an die Bedeutung dekadischer Großzäsuren ist geschwunden. Dennoch haben wir
Die Schwierigkeit, den Begriff der Dummheit zu definieren, beruht auf den zwei verschiedenen Bedeutungen dieses Wortes, darauf, daß es nicht nur eine Dummheit gibt, sondern deren zwei. Nennen wir sie zur Unterscheidung Dummheit der ersten und der zweiten Art. Nur über die letztere gibt das Lexikon Auskunft: mangelnde Fähigkeit, Schlüsse zu ziehen, sei darunter zu verstehen. Das große Phänomen als Intelligenzmanko abzutun, dagegen spricht unsere Erfahrung, die K. H. Waggerl einmal in die schlichten Worte kleidete: „Intelligent ist jeder Trottel.“ Vor Intelligenz macht Dummheit doch
„DIVIDENDEN“, neun Liebesgeschichten von Sean O'Faolai n, Ausgewählt übersetzt von Elisabeth Schnack. Diogenes-Verlag 1969. 363 Seiten. DM 19.80.Diese Iren! Was für ein Volk! Wo sind sie nicht unter den Ersten? In der Politik. In der Literatur: Shaw, Joyce, Beckett. Ihre Abgeschlossenheit macht sie so groß, die Hartnäckigkeit, mit der sie diese und damit ihre Eigenart und Selbständigkeit verteidigen. So erinnern sie an die Juden, mit denen sie auch die späte Staatsgründung (1922) und die tiefe Religiosität gemein haben. Wenn der irische Nobelpreisträger von 1969 diese
„DIE LANDSTREICHERROM ANE“ von Knut Hamsun. Aus dem Norwegischen von J. Sandmeier und S. Angermann. Paiul-List-V'erlag 1969. Romantrilogie (Landstreicher, Auf-gust Weltumsegier, Nach Jahr und Tag), 917 Seiten. In „Die Bücher der Neunzehn“, Band 180. DM 14.80.Knut Hamsun schätzte das Alter nicht, haßte es wohl gar und machte sich, selbst alt geworden, darüber lustig: Er sei nicht weise geworden, wie man ihm versichere, nur alt. Die drei Romane, die der Siebzigjährige schrieb und die nun wieder in einer wohlfeilen Ausgabe erscheinen, strafen diese Ansicht Lügen. Könnten sie doch
„DAS ERSTE JAHR“. Von Sweflana Allilujewa. Aus dem Russischen von Xaver Schaffgotsch, Verlag Fritz Molden. 388 Seiten. Leinen, S 135.-^.Die Töchter Stalins hat nun ein zweitesmal zugeschlagen! So möchte man es ausdrücken. Wird auch jemand sich getroffen fühlen? Nur eine Eichel scheint dem Riesen der Hammer Thors. Das aber rührt, unverschlüsselt gesprochen, davon her, daß der Westen schon lange nicht mehr gewillt ist, der Wirkung solcher Schläge nachzuhelfen. Er betrachtet das ungeheure Unrecht im Osten längst nicht mehr als seine Angelegenheit, ist sich selbst und groß genug,
Es graut uns davor, der ändern Verhalten zu wiederholen, und doch können wir nur auf diese Weise Menschen und glücklich sein.Machte nicht jeder Mensch seine Rechnung ohne den Wirt, es getrautt sich keiner zu zechen.Nicht die Handlungen der ändern, ihre Gedanken ärgern uns. Wir halten sie nämlich für veränderlich.Erst wenn die Welt meine Bemühungen ernst nimmt, sind sie es auch für mich.Weil ich frei bin, habe ich Hoffnung. Freiheit garantiert mir Einmaligkeit auch bei geringem Talent.„Verstehen“ und „sein" schließen einander aus. Oder: So, wie ich die Welt „verstehe“,
UND TREIBEN MIT ENTSETZEN SCHERZ. Die Welt des Schwarzen Humors. Von Reinhard Federmann. 416 Seiten mit 16 Seiten Abbildungen und 50 Karikaturen im Text. Horst-Erdmann-Verlag, Tübingen. Leinen, DM 22.—.
AUCH DEUTSCHE LACHEN. Eine heiter-satirische Bestandsaufnahme von Eugen S k a s a - W eiß. 496 Seiten mit 50 Abbildungen und Karikaturen. Leinen, DM 22.—.
Ein rundes Jahrzehnt nach dem ersten Weltkrieg mag es gewesen sein — ich war damals noch Mittelschüler und wohnte bei meinen Eltern in Wien —, als es eines Nachmittags an unserer Wohnungstür läutete, und ich ging, um zu öffnen. Ein unbekannter, etwa 35jähriger Mann stand vor mir auf dem Flur. Sogleich fragte er mich, im Gesicht leuchtende Erwartung:„Wohnt hier ein gewisser...?“ Er nannte meinen Namen. „Der bin ich.“Die grauen Augen musterten mich nur kurz. Dann sei es also ein Irrtum, meinte er mit gerunzelter Stirn. Der, den er suche, habe mit ihm an der italienischen Front
Bis vor kurzem war die Menschheit, „das große Wesen“, noch ein Kind —> man denkt es beim Lesen dieses Buches —, lebte in den Tag hinein und kümmerte sich nicht um den Nächsten, Nun aber — etwa nach dem zweiten Weltkrieg —■ ist sie erwachsen, hat Sorgen und bangt um ihre Zukunft. Und tatsächlich: jetzt erst hat sie Zukunft, wo sie bisher Illusionen, Utopien, Träume hatte. Denn die Utopien sind erfüllt, die Träume ausgeträumt und die Illusionen fernerhin gefährlich. Wie angenehm es war, ihnen nachzuhängen! Angenehmer jedenfalls, als der'Tatsache ins Auge zu sehen, daß es ohne unser Zutun keine Zukunft, und das heißt' keine Menschheit geben wird. Plötzlich reich geworden, sehnen wir uns zurück nach der Bequemlichkeit der Armut. Doch es nützt nichts: Wir müssen uns um unseren Reichtum kümmern. Die Zukunft liegt, eingerollt wie das Blatt in der Knospe, schon zur Entfaltung bereit in unserer Gegenwart. Sie bedarf unserer Lebenskraft und Denkkraft, sich ins nächste Jahrtausend glücklich zu entrollen
„DAS GESPENSL IN DER MASCHINE.” Von Arthur Koestler. Aus dem Englischen übertragen von Wolfram Wagmuth. 399 Seiten. Verlag Fritz Molden. Wien- München-Zürich. S 168.—.
Sie hat mich verurteilt, mich gewogen und zu leicht befunden. Eine Katze, die wir aus Mitleid ins Haus genommen haben. Den ganzen Tag sehe ich meiner Richterin zu, wie sie schläft und frißt und zuweilen auf ihr Kistchen geht, und möchte mich empören, daß sie mich richten darf, der ich arbeite und mich mühe. Aber warum höre ich so aufmerksam auf ihren Wahrspruch, lausche ängstlich ihren Plädoyers, in denen sie die Verurteilung begründet?Meine Richterin ist so groß und so vollkommen wie das Gesetz, nach dem sie richtet. Ein königliches Tier. Ich darf sie jetzt auch wieder streicheln.
— so steht es gedruckt neben diesem eindrucksvollen Bild in dem Werk über das Leben des Apostels Paulus, das der Theologe Paul Bruin und der Photograph Philipp Giegel gemeinsam schufen und das nun in 2. Auflage erscheint. („Welteroberer Paulus“, Artemis-Verlag Zürich und Stuttgart. 208 Seiten, Leinen, DM 48.—.) Doch liest man weiter im Text, so ist da von dem Heidenchristen Titus die Rede, dem Paulus die Führung der von ihm gegründeten Christengemeinde auf Kreta anvertraut. Die Absicht der beiden Autoren, auf diese Weise in der abgebildeten lebendigen Gegenwart die Jahrtausende
Vor einem Jahr — genau: am 10. Juni 1967 — konnte man auf der ersten Seite unserer Zeitungen, neben Belanglosem, die ungeheuerliche Nachricht lesen: 10.000 Tote in Jordanien. 10.000 Tote in Jordanien.Soraya jetzt in Paris.Eine neue BB: Beatricens Baby.Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf usw. bis 10.000.Und jeder will gestorben sein,Und jeder auf seine besondere Art,Nicht einfach jeder von einer Granate zerrissen,Sondern schwer verwundet und dann kam keiner verbinden; Oder: Nur leicht verwundet und es kam Brand dazu.Freilich können wir nicht anfangen von
MOTIVATION UND KULTUR. Von David C. Mc Clelland. Psychologisches Kolloquium III. Band. Aus dem Englischen übersetzt von Christine de W e ck. Verlag Hans Huber, Bem, 1967. 293 Seiten. DM 28.-.
JUGEND IM GEFÄNGNIS. Von Theodor Hofmann. Pädagogische Untersuchungen über den Strafvollzug an Jugendlichen. In der Reihe: Erziehung ln Wissenschzft und Praxis. R. Piper £ Co.-Verlag, München, 1967. 222 Seiten. — JUGENDKRIMINALITÄT. Von Sepp Schindler. Herausgegeben vom österreichischen Institut für Jugendkunde, österreichischer Bundesverlag, Wien-München. Verlag für Jngend und Volk, Wlen-Mun- chen, 1968. 184 Seiten. DM 21.—Der 1953 Gesetz gewordene Erziehungsstrafvollzug an Jugendlichen, dessen kritische Untersuchung der Verfasser nunmehr der Öffentlichkeit vorlegt, zeigt
DIE AGGRESSOREN. Von Ladislav Mnacko. Von der Schuld und Unschuld der Schwachen. Nach dem slowakischen Manuskript übersetzt von Erich Bertleff. Verlag Fritz Molden, Wien-München. 272 Seiten, Leinen. DM 19.80/S 124. — .Es stebt zu befürchten, daß der Kommunist Mnacko mit den an ihm gerühmten Eigenschaften politischer Anständigkeit und rechtlichen Denkens dem Westen nur deshalb sympathisch ist, weil er durch seine journalistische Tätigkeit und sein Verhalten der angestammten Ideologie scheinbar geschadet hat. Scheinbar, denn auf die Dauer können Anständigkeit und Rechtlichkeit gar
WAS GEHT IN SCHWEDEN EIGENTLICH VOR? Von Robert Braun. Glock-Luti-Verlas, Nürnberg. 19 Selten. DM 12.80.Schweden ist dabei, das Christentum „abzuschaffen”. Die schwedischen Atheisten sind im Vormarsch. Die Anrüchigkeit ihrer „totalen Aufrichtigkeit” wird von Braun in wünschenswerter und bewundernswerter Scharfsicht aufgezeigt, die Wurzeln der gegenwärtigen Zustände werden von ihm erkannt. Wie die Wirklichkeit der christlichen Welt davon unberührt bleibt im tiefsten Grunde, dies darzulegen gelingt dem Autor ebenfalls, dem für seine Aufklärung zu danken ist.HITLER — DAS
„MENSCHHEITSENTSCHEIDUNG von Franz Grelner. Die internationale Bevölkerungs- frage heute und morgen. 83 Seiten, DM 4.80. „KIERKEGAARD NACHKONZILIAR“, aus den Tagebüchern ausgewählt und übertragen von Heinrich Roos, 119 Seiten, sFr. 8.50. „GEHEIMNIS, AUS DEM WIR LEBEN von Henri de L u b a c, 162 Seiten, sFr. 12.—. Alle drei: Johannes-Verlag 1967. Band 4, 5 und 6 ln der Reihe Kriterien.
Etwas der Unschärferelation in der Physik Ähnliches tritt auch beim Lesen auf: Jeder Leser verändert ein wenig das Geschriebene.Der physikalischen Entropie entspricht die geistige: Alles Persönliche wird anonym.Auch Beweise werden weniger eingesehen als geglaubt.Gut sehen heißt tGut wissen, was man sieht.Im Verbraucherzeitalter ist Vernichten Wirtschaftsfordering.Wettbewerb verdirbt den Wert: Wenn Goethe besser ist als Schiller, können Schillers Werke eingestampft werden.Der Atheist: Ein Produkt der sozialisierten Welt, die ihn glauben macht, sie habe ihn, wie von so vielen Nöten, auch
Während die Pornomädchen in ihrem Prozeß erfahren müssen (in der Zeitung auf Seife 3), daß sie sich nicht leisten konnten, was sie sich geleistet haben, leistete sich (auf Seite 4) ein anderer etwas, das er sich leisten konnte, weil er es sich leisten konnte.Worüber niemand redet, das ist auch nicht geschehen, sagt O. Wilde. Alle, die bei den Darbietungen jenes Leistungsfähigen anwesend waren, dachten ebenso: Die Sfadträtin sowohl als auch die Studenten und Studentinnen zeigten wenig Lust, sich über den Vorfall zu äußern. Die Stadträtin, weil sie für das zarte Pflänzchen der
DIE SCHRIFT AN DER WAND. Von Günther Anders. Tagebucher 1941-1946. 430 Selten. Verlag C. II. Beck, München, 1967. DM 24.—.Im Jahre 1950 entdeckt der soeben aus amerikanischer Emigration zurückgekehrte deutsche Philosoph Anders auf einer Hauswand in Paris, eingekratzt in den Mörtel, die Worte: „Juda ver-“ (der Rest war fortgeschossen) nebst den Initialen: „L. N. aus Göppingen“. Und er stellt, in seinem Tagebuch den Fund kommentierend, die bange Frage: Was treibst du nun, L. N. Kratzt du schon wieder? — Wer bis zu dieser Stelle in dem erst jetzt erschienenen Tagebuch gelesen hat
DIE LEHRE VON DER EHRFURCHT VOR DEM LEBEN. Grundtexte aus fünf Jahrzehnten. Von Albert Schweitzer. Herausgegeben von H. w. Bahr. Verlag C. H. Beck, München. 160 Selten, Leinen. DM 10.80.Mag die voranschreitende Menschheit sich auch fortentwickeln und sich dabei von ihrem ursprünglichen Wesen entfernen, sie wird ihre Ansicht darüber, was menschlich groß ist, nicht ändern. Immer gibt sie der Beharrlichkeit diesen Preis. Es ist die Unbeirrbarkeit beim Verfolgen des einmal gesetzten Zieles, was bei allen Großen, bei Politikern und Künstlern, Religionsstiftern und Denkern selbst die oft
Täglich verwandelt die Sonne unser Haus in einen Backofen, der dann nachts seine Hitze verströmt. Deshalb habe ich nach unserer Rückkehr vom Meer, wo wir bei Mondschein badeten, mein Bett auf die Terrasse gestellt. Da liege ich jetzt auf dem Rücken und blicke in die Sterne. Sternschnuppen ziehen, manchmal rasend schnell, manchmal zögernd, ihre leuchtende Bahn quer durch die Milchstraße. Schauend schließe ich mich ganz von der Erde ab und schwebe im All, die ungeheure Ferne unter mir. Ich lege alle Kraft in diese Vorstellung, nicht hinauf, sondern hinunter zu blicken, und bekomme
Die pessimistischen Thesen von einem gleichgültigen oder bösen oder gar keinem Geist hinter dem Universum, wie sie der Mensch denkt, der Schmerz und Tod erlebt, bringen ein anderes Problem hervor: Wie konnten in einer Welt, in der es noch keine Narkose gab, die große Religionen mit ihrem gütigen Schöpfer entstehen? Nach dieser Frage im ersten der zehn Kapitel über den Schmerz, die Lewis um 1940 schrieb und die nun als Lizenzausgabe des J. Hegner Verlages in die Herderraschenbuchreihe übernommen wird, breitet er die wichtige Erkenntnis vor uns aus, daß es ein Problem des Schmerzes nur
Es ist Post gekommen aus Athen. Während ich die Karte lese— sie zeigt eine Luftaufnahme der Akropolis —, fliegen Raben am Fenster vorbei und hocken jenseits der Straße auf den kahlen Bäumen auf. Es ist schon ein wenig Schnee liegen geblieben. Ich rechne nach: Genau ein Vierteljahr ist es her, seit wir Abschied nahmen von Griechenland.Wir waren, nach einem Monat Inseldasein, am Tag vorher wieder nach Athen zurückgekommen und hatten die Stadt sehr verändert gefunden. Ihre Straßen, Plätze, Geschäfte, Häuser und Menschen unterschieden sich in nichts mehr von denen anderer Städte. Wir
Das Geheimnisvollste am so geheimnisvollen Leben sind die Keime. Von ihnen wissen wir viel, was sie etwa enthalten und wie sie sich entwickeln, aber nicht genug, um ihr Entstehen zu begreifen. Soviel nur ist gewiß, daß sie die Pforten des Lebens sind. Was leben wird, durchschreitet sie. Dieses Gesetz gilt auch im Geistigen und vor allem in der Kunst. Kunst kommt von Keimen. Sie käme sonst aus dem Nichts.Was Keime sind, läßt sich für Kunst, im weiteren Sinne verstanden, am Beispiel dieses Versuches über Keime zeigen. Auch er ist aus einem Keim — eben aus dem dieses Begriffes —
„DER GÖTTLICHE FUNKE.“ Vott Arthur Köstler. Der MhotlfeHSün Akt In Kunst and Wissenschaft. Aus dem Englischen vo n Agnes von Cranach und Willy Thaler. Mit Anhang, Anmerkungen und Namen- and Sachregister. Schera-Verlag, Bern -Wien - München. 532 Seiten, DM 28.—.
ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DER MODERNEN KUNST. Von J. Meier-Graefe. 2 Bände mit 9 Tafeln und 57 Textabbildungen und einer Einleitung von Benno Reifenberg. R.-Piper-&-Co.-Verlag, München 1986, Paperback, 77 Seiten. DM 29.80. Nach der dritten Auflage neu herausgegeben von Benno Reifenberg und Annemarie Meler-Graefe-
DIE GESELLSCHAFTLICHE EVOLUTION DER MENSCHHEIT. Von Peter B e r r1 a r. Verlag bibllotheea Christian, Bonn am Rhein. 320 Selten, Leinen. DM 28.50.Der Verfasser sagt es im Vorwort, worum es ihm geht: Um die Deutung des Weltweges als Gottesplan. Als Zeitenwende will die ungeheure Menschheitsumwälzung verstanden sein, die heute in Ihre Krdsis gekommen ist und uns alles oder nichts als Zukunft erahnen läßt. Der Mensch in dieser Zeit weiß sich immer noch dm einem nicht zu begründenden Glaubenswiissen auf das existierende Ziel Gott angelegt. Nur seine Heilsfähigkeit ist durch das Ubergewicht
daß Alexander und Kolumbus mit Gordischem Knoten und Ei verfuhren, wie der Doktor Eisenbart mit seinen Patienten verfahren ist, aber deswegen doch niemals ausgelacht, sondern stets bewundert wurden,daß immer schon die Völker wie die Hunnen hausten, wie die Türken, die Schweden, die Franzosen, die Deutschen,daß — „Habe ich Sie nicht in Jelsa gesehen?“ Der Besuch aus Jugoslawien winkt beleidigt ab — jeder Mensch ganz unverwechselbar sein möchte,daß die Ahnung kommenden Unglücks uns tiefer verzweifeln läßt als das Unglück selbst und wir daher nur Bei atni bedauern, nicht aber
BILDNIS EINES AUFRECHT STEHENDEN MENSCHEN. Von Salvador de Madariaga. Übersetzung aus dem Spanischen von Margit ta Dotzel de Herväs und Salvador Herväs Leon. Scherz-Verlag, Bern-München-Wien, 1966. Leinen. 173 Seiten.
GESPRÄCHE HIT PICASSO. Von Brillit. Ans dem Französischen übertragen von Edmund Lutrind, Hit 45 Photo von Brat-sa'i und einem Abbildungsverzeichnis. Rowohlt- Verlag, Beinbeck bei Hamburg. 00 Selten. DH 24.-.Brassai, dem Photographen, Journalisten, Maler, Bühnenbildner und Kunstkritiker in einem, mangelt es nicht an Genie und Talent, um auf jedem dieser Gebiete aus Eigenem zu bilden und groß zu sein, und er hat es oft genug bewiesen. Dennoch hat er recht getan, seine großen Gaben und seine Zeit in den Dienst der Kunst Picassos zu stellen, die, wie keine andere, für uns Ausdruck unserer
GESCHICHTE ALS FORTSCHRITT. Dritter Band: Metaphysik der Geschichte und Theologie der Geschichte. Von Bernhard Delfgaauw. Übersetzung aus dem Niederländischen von Bruno Loeti. Mit Epilog. Erläuterungen. Anmerkungen, Literaturverzeichnis und Register der biblischen Zitate. Verlag J. P. Bachem, Köln. Erste Auflage, 1966. S?.1 Selten. DM 36.—.Schopenhauers Hohn auf jede Gegenwart, daß sie in der Vergangenheit nichts als eine Vorbereitung ihres eigenen „glorreichen“ Daseins sehe, darf uns nicht abhalten, die geschmähte Geschichtsbetrachtung auch zu der unsrigen zu machen. Bezweifle
Man hat sich nie beachtet, sich nur gegenseitig lächerlich gefunden, wie alles, was man von daheim mitgebracht, Art und Sprache, jeder aus einer ändern Gegend.Nun aber ist man zufällig dabei, wie einer Abschied nimmt. „Auf Wiedersehn!“ Ein Unbekannter sagt es zu einem Unbekannten. Aber unsere Seele schaudert zusammen bei diesem Wort.Wir haben jeden Kontakt vermieden mit diesen Menschen, die mit uns die Kuranstalt bevölkern. Wir waren gegen alles gleichgültig, was auch um uns vorgehen mochte, aus Sorge (gewitzt durch viele Urlaube), wir würden uns ändern aufschließen und es nachher
Zeichnete Kurt Moldovan diese Prateransicht doch so „gegenständlich“, daß kaum Zweifel an der dargestellten Örtlichkeit aufkommen werden. Ob dies daher rührt, daß der bekannte Wiener Graphiker eben „auch nur eine ganz geringe Begabung zur Abstraktion besitzt“, wie — nach Hugo von Hofmannsthal — der Österreicher im allgemeinen, bleibe dahingestellt. Das schöne Bild ist dem im Verlag für Jugend und Volk erschienenen Buch von Robert Waissenberger: „Wien und die Kunst in unserem Jahrhundert" (Wien, 1965, 122 Seiten, Register, S 135.—) entnommen. 48 Photos (davon 12 farbige)
PHILOSOPHIE IM 20. JAHRHUNDERT. Von Bernard Delfgaauw. Aus dem Holländischen übersetzt von Heinz Graef. Herder-Bücherei. Freiburg im Breisgau, 1966, 154 Seiten. DM 2.80.
MENSCHHEIT MORGEN. Von Dennis Gabor. Aus dem Englischen übersetzt von Alfred v. Zeller, 240 Seiten. Alfred-Schwarz-Verlag, Bern-München-Wien, DM 17.80.
Wann war es, daß ich das Paradies verließ? War ich drei oder sechs Jahre alt, als mir die Beschäftigung mit mir allein nicht mehr genügte und ich aufhörte, allein auf der Welt zu sein.Damals, als ich den Arm stolz in der Schlinge trug, weil ich mir beim Fangenspiel den Daumen gequetscht hatte, war ich schon in der „Taferlklasse”. Haben mich andere darauf gebracht — meine Mutter vielleicht — oder ist es mir selber eingefallen, daß meine Verwundung ein Grund zum Stolzsein war?Kein Zweifel, der Drang zu imponieren ist uns angeboren. Wir streben es an um jeden Preis und mit jedem
Der Schalterbeamte in der Stadtbahnstation zwickt meine Fahrkarte. Dann gibt er sie mir wieder zurück. Nur einen Augenblick schaut er auf dabei, aber sein Blick, so wienerisch und für mich daher besonders menschlich, läßt mich die Du-haftagkeit unseres menschlichen Wesens plötzlich fühlen. Als mir dann beim Hinaustreten auf den Bahnsteig ein Mann die Tür offen hält und unsere Blicke sich nolens volens kreuzen, da ist es wieder, als versicherten wir uns gegenseitig unseres Menschentums.Was ist ein Blick? Man braucht die Frage nicht auf den menschlichen Blick zu verengen, denn das Tier
KUNST DER KURZEN ERZÄHLUNG. Von Wilhelm von Scholz. In der Reihe Neue Begegnungen, Nr. 6. Leo-Leonhardt-Verlag, Würzburg. 52 Seiten.Man nimmt das nur wenige Millimeter starke Heft zur Besprechung mit, weil einem Titel und Verfasser Ungewöhnliches zu versprechen scheinen. Denn auch für den der fränkischen Herzmitte Fernerstehenden ist die Sechste dieser „Neuen Begegnungen” zumindest interessant. „Das Schloß in Bruchsal” liest man zuerst, denn man hat es im Krieg und kurz vor der Bombardierung, die es zerstörte, noch gesehen und nie vergessen. Und wirklich: Diese Kunst der
DAS GEHEIMNIS DES SILBERGITTERS. Historische Erzählung. Von Ludwig Reiter. Österreichischer-Bundesverlag für Unterricht, Wissenschaft und Kunst, Wien und München, 1965. 174 Seiten.Am 8. November des Schicksalsjahres 1805 schlug für das österreichische Nationalheiligtum Mariazell die Stunde der Gefahr: Gegen den Zellerain drangen die Truppen der „europäischen Eroberungsbestie” unter General Dumas und dem Marschall Davout vor und besetzten nach heftigem Widerstand von dort eingesetzten Deutschmeistern aus Wien und Bauern aus der Lunzer Gegend den Ort und durchsuchten die Gnadenkirche
PASSION UND TOD SAINT- (CPeRYS. V 011 Jules Roy. Mit einem Vorwort von Jean-Claude Brlaville. Deutsch von Oswalt von Nostltf. Verlag Jakob Hegner, Köln und Ölten. 14 Selten.
Philosopher, c'est se moquer de la Philosophie. Philosophieren heißt also, sich über Philosophie lustig zu machen. Mit einem Witz dürfte Sokrates seine Athener ins Gespräch gezogen haben. Schopenhauers Theorie des Lächerlichen, wonach dieses durch die Subsumtion eines realen Gegenstandes unter einen heterogenen Begriff entsteht, läßt sich ebensogut auf die Philosophie anwenden. Fangen wir doch immer dann entweder zur philosophieren oder Witze zu machen an, wenn unsere Begriffe von der Wirklichkeit nicht mehr mit dieser Wirklichkeit zusammenfallen.Es scheint, daß die Politik in idealer
Wo Albert Einstein über seine ersten Eindrücke in Nordamerika berichtet, das ihm, dem Emigranten, „mit so viel Liebe und übertriebener Verehrung“ entgegenkam, schreibt er auch: „Personenkuitusist in meinen Augen stets etwas Unberechtigtes. Wohl teilt die Natur ihre Gaben reichlich verschieden unter ihre Kinder. Aber auch von den Wohlgeratenen gibt es gottlob viele, und ich bin fest überzeugt, daß die meisten davon ein stilles und unbemerktes Dasein führen. Es erscheint mir nicht gerecht, ja nicht einmal geschmackvoll, wenn von diesen einige wenige maßlos bewundert werden, indem
„Das Ziel muß man früher kennen als die Bahn“, schreibt Jean Paul in seiner Erziehungslehre. Damals, um 1800, war man weder über das Ziel noch über die Bahn in Zweifel. Durch den Einbruch des Technischen in das Gesamtleben des Menschen ist es seitdem notwendig geworden, sowohl das Erziehungsziel neu anzuvisieren als auch die Bahn neu festzulegen, auf dem es erreicht werden soll. Dabei können wir dieses Ziel gar nicht mehr selbst bestimmen. Es ist da, und wir müssen es nur noch erkennen. Oder, wie Georg Jünger es ausdrückt, der planetarische Arbeitsplan kann von Wissenschaftlern und
„Man muß tief in eine Kunst oder eine Wissenschaft gedrungen sein, um die Anfangsgründe wohl zu besitzen. Klassische Werke können nur durch Männer hervorgebracht werden, die unter dem Harnisch grau geworden sind. Nach dreißig oder vierzig Jahren Übung ist mein Onkel die erste Dämmerung musikalischer Theorie gewahr worden.“Wenn man Diderot glauben darf, stammt dieses Wort aus dem Mundo von Rameaus Neffen.Kurt Pahlen ist der im Harnisch grau gewordene Klassiker unter den Musikschriftstellern, den man hoffentlich noch öfter diese seine vor Jahren geschriebene Einführung in die Musik
Das „Böhmakeln“ hat aufgehör in Wien. Die Tschechen haben siel assimiliert. Schade, denkt man un willkürlich. Wer hätte auch gedacht daß der „Böhm“ nicht unsterblicl sei! Und gar, daß die Spache arme sein würde ohne ihn. Denn so ist esAngesichts des eben geschilderte] „nationalen“ Unglücks, müßte Walte Matos launigem Buch über Bedeu tung und Herkunft der tschechische! Namen für uns der Charakter eine Nekrologs eignen. Aber ein Blick ii das Telephonbuch tröstet uns, inden er uns überzeugt, daß die tschechi sehen Namen in aller Rüstigkeit be uns weitelreben.Und so
Ein Tier mit Klassikern nennt Ortega y Gasset den heutigen Menschen. Aber in der gegenwärtigen Lebensnot bleibe vom Bilde der Klassiker nur leeres Gerede und Getue, ein Schatz entwerteter Münzen. Das war 1932 richtig, als es gesagt wurde, und ist heute nicht weniger wahr, da die innere Lebensnot sich noch vergrößert hat. Mehr denn je ist es daher auch unsere Pflicht, den Vorschlag zu verwirklichen, den der Philosoph machte: „Die Klassiker wieder ins Leben einzubeziehen, neues Leben in sie einströmen zu lassen, mit dem Blut aus unsern Adern, das aus unseren Leidenschaften besteht und aus
Der diese Besprechung schreibt, ist im Jahre 1940, mitten auf der Straße, von dem Phänomen Becher in die Seele getroffen worden. Das Buch „Wiedergeburt“, in Moskau 1940 gedruckt, das er damals in der eben eroberten Stadt Artemowsk vor einer Buchhandlung aus dem Kot aufhob, steht dreckverkrustet und zerfetzt seitdem an einem Ehrenplatz seines Bücherbords. (Das Standbild des Arbeiterhelden, nach dem die Stadt benannt ist, war übrigens die einzige kubistische Skulptur, die der Besprecher je frei auf einem Platz aufgestellt sah.) Es ist vielleicht heute peinlich, gestehen zu müssen, daß
Dieses Buch enthält die Wahrheit über die Ehe. Anzunehmen, wir könnten mit der Wahrheit nicht leben, ist nur ein Aberglaube. Die Hand des Jünglings von Sais hätte nicht geweiht sein müssen, als sie den Schleier vom Bilde der Wahrheit wegzog. Wäre sie nur eingeweiht gewesen, es hätte genügt, um den Schock zu verhindern, den ihr Anblick verursachte. So, wie dieses medizinische Werk geschrieben ist, in jenem, dem heutigen Wissensund Bewußtseinsstand entsprechenden Geist, der Körper und Seele als eine Einheit denkt, paßt und gehört es in jedes Haus, wo junge oder alte Eheleute, mit
Haben Sie eine „gesperrte“ Hand? Schauen Sie gleich nach! Bei einer solchen fallen Kopf- und Herzlinie in eine einzige zusammen. Ist es bei Ihnen der Fall, dann sind Sie einer schweren inneren Nötigung ausgesetzt, die Ihr inneres Gleichgewicht durch eine starke Spannung überfordert und keinen Ausgleich zwischen Denken und Fühlen zuläßt. Aber machen Sie sich deshalb nicht etwa Sorgen. Sie können gerade dadurch, zum Beispiel als Künstler, eine faszinierende Wirkung auf Ihre Umwelt ausüben. Vielleicht sind auch Ihre „Fingerberge“ ausgeprägt, dann haben Sie Innerlichkeit. Wenn
DAS UNBEWUSSTE LEBEN. Von P.udolf von Urban. Amadeus-Verlar, Wien. 384 Selten. Ganslelnen. Preis 14.S0 DM.„Wir erringen die Wahrheit nicht allein mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen.“ Weil wir es uns angewöhnt haben, von Altersweisheit wenig, vom Optimisten gar nichts zu halten, lesen wir nach dem vorangestellten Pascalschen Motto eher mißtrauisch in dem Buche des 1879 in Wien geborenen und daselbst jung zu Ruhm gelangten Arztes weiter. Bald aber zieht es uns immer mehr in seinen Bann und wir werden anderer Meinung: Ein Außerordentlicher muß dieser Autor sein, eine
VOHSTOSS IN DEN WELTRAUM. Von Erich Doltul. Mit einem Vorwort Ton Wern-her von Braun, österreichischer Bundesverlag, Wien. 87 Selten, mit 43 Abbildungen, a“ Tabellen sowie Orts- und Sacherklärungen. Preis 84 S.Dem Rezensenten dieses Buches über die Raumfahrt wurde vor 30 Jahren bei der Prüfung in Mechanik an der Wiener Technischen Hochschule die Aufgabe gestellt, die Fliehgeschwindigkeit für die Erdoberfläche zu berechnen. Es gelang ihm — nicht ohne die liebenswürdig angebotene Hilfe des Prüfenden in Anspruch zu nehmen —, das richtige Resultat hinzuschreiben: 11,2 Kilometer je
STERNGLAUBE — STERNDEUTUNG — STERNKUNDE. Von Franr llir. Verlag Josef Knecht, Frankfurt am Main, 1965. 142 Selten, mit -vielen Abbildungen und vier Bildtafeln. Preis 6.80 DM.Als die Mathematiker die Unmöglichkeit der sogenannten Quadratur des Kreises längst bewiesen hatten, wurde diese trotzdem immer noch weiterversucht. Und so war es auch beim Perpetuum mobile. Und so ist es gablieben. Zu erfinden ist eben doch angenehmer, als schwierige Beweise zu studieren, um die Sinnlosigkeit solcher Versuche einzusehen.In dem vorliegenden Büchlein unternimmt es nun wieder einmal ein
GLÜCKLICHE MENSCHEN. Von Frans Wt;tt|im. Aus dem Franiösischen uber-1 rasen von Hernien von Kleeborn. Verlar Herold, Wien -München. 1964. 178 Seiten. Preis 64 S.Nietzsche meint, daß jeder Stil gut sei, der einen inneren Zustand wirklich mitteilt, vorausgesetzt, daß es Ohren gibt, daß die nicht fehlen, denen man sich mitteilen darf. Nun, sie werden diesem nützlichen Buche über die christliche Ehe gewiß nicht fehlen, die Ohren jener Rechtwinkeligen an Leib und Seele, welche bereits Eheleute sind oder es werden wollen. Und sie werden gerne ein Bild jenes inneren Zustandes schauen wollen,
WELTSPRACHE MUSIK. Von Josef Marx. Atutrla-Editlon. Österreichischer Bnndesveriar-In der Buchreihe der Osterreichischen Unesco-Kommission. Wien, 1364. 260 Seiten. Preis 198 S.
Die Ferne glänzt in wolkenloser Helle, Der Kreuzweg träumt in Sonnenmiftagszeit. Den Steig hinauf, Kapelle um Kapelle,Gehst du allein; es gibt noch Einsamkeif.Das sind die Ostern, wie sie immer waren.Wo oft sehen fern im Wald der Kuckuck schreit.Nun bist auch du schon in den spätem Jahren, Wer weih, in welcher Leidensstation. Doch wunderbar, In wachsenden GefahrenBliebst du im Innern unberührt davon. Woher kommt dir die Ruhet Denn die Stille, Sie kommt, dröhnt deinem Hirn wie Tubaton.Woher weifi deine Seele, dafj die PilleDes Todes heilen wird, wovor wir zitterniDaff sie sich beugt gleich
Es ist wieder Weihnachten.Wie alle Jahre am Heiligen Abend, liegt dein Tagebuch vor mir aufgeschlagen und ich lese diese mir so vertrauten Seiten, die mein Leben waren in all der Zeit.Nun bist du zwanzig Jahr tot. Es ist meine Gewohnheit geworden, laut mit dir zu reden. Wer mich sehen und hören könnte, der würde wohl erschrecken.Bin ich deshalb schrullig? Hier vielleicht bin ich’s wirklich. Anderswo, wie in Japan, wär ich’s nicht, wo das ganze Volk täglich den Geist der Abgeschiedenen beschwört, mit deren Asche es in seinen Wohnungen weiterlebt.Nein, meine Treue zu dir ist nicht