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Steht es in den Sternen?
STERNGLAUBE — STERNDEUTUNG — STERNKUNDE. Von Franr llir. Verlag Josef Knecht, Frankfurt am Main, 1965. 142 Selten, mit -vielen Abbildungen und vier Bildtafeln. Preis 6.80 DM.
Als die Mathematiker die Unmöglichkeit der sogenannten Quadratur des Kreises längst bewiesen hatten, wurde diese trotzdem immer noch weiterversucht. Und so war es auch beim Perpetuum mobile. Und so ist es gablieben. Zu erfinden ist eben doch angenehmer, als schwierige Beweise zu studieren, um die Sinnlosigkeit solcher Versuche einzusehen.
In dem vorliegenden Büchlein unternimmt es nun wieder einmal ein Wissenschaftler, diesmal auf dem Gebiet der Astrologie, den hier sehr zahlreichen und noch weit stärker als anderswo interessierten Laienanhängern die Unhaltbarkeit des darin enthaltenen Weltbildes wissenschaftlich zu beweisen. Vier Ergebnisse des wissenschaftlichen Fortschritts benutzt er dazu, um mit ihnen ebenso viele Schläge gegen die Sterndeuterei zu führen, von denen jeder einzelne genügen würde, diesem angeblich ältesten Zweig der menschlichen Forschung das Lebenslicht auszublasen. In Wirklichkeit steht ja der zeitliche Primat der wissenschaftlichen Beobachtung der Gestirne vor der Astrologie fest. Das ist keine bloße Hypothese des Verfassers, sondern geht aus den aufgefundenen sumerischen Keil-schrifttexten klar hervor.
Den Sterngläubigen muß das Resultat, welches nach zehn auagezeichnet geschriebenen, hochinteressen-ten Kapiteln in den „Schlußbetrachtungen“ gezogen wird, sehr nachdenklich stimmen, denn die Persönlichkeit des Autors — es handelt sich um keinen Geringeren als den Schöpfer der Großwetterkunde — läßt für Zweifler angesichts dieser Ergebnisse keinen Raum.
Freilich wird man vergeblich darauf warten, daß nun, da dieses Bändchen erschienen ist, die Tageshoros-kope aus den Zeitungen verschwinden werden. Mögen immerhin die Präzision der Gestirne, das koperni-kanische heliozentrische Weltbild und die ungeheure Entfernung der Sterne von Seiten der astronomischen Forschung und die moderne Zwillings-forschunig von Seiten der Biologie eine deutliche, ja unüberhörbare Sprache sprechen, und mag auch, wie der Verfasser meint, diese erdrückende Fülle von Tatsachen es unmöglich machen, daß ein geistig gesunder, denkender Mensch, der das nötige Wissen hat, heute noch an einen Einfluß der Sterne auf das menschliche Geschick glaubt. Und sollte auch das Anliegen des Verfassers sich erfüllt haben, dieses nötige Wissen dem Leser vermittelt zu haben: Solange die Wissenschaft selbst keine Gewißheit über das Schicksal zu gaben vermag, solange wird auch die Frage darnach immer wieder auch an Rauchfangkehrer und Glücksklee, an Neujahrs-schweinchen und — an die Sterne gestellt werden.
Wer, wie einst der Rezensent, als Realschüler die sphärische Trigonometrie mit ilhrer Anwendung auf die Htairnelskunde als Maturagegenstand gehaibt hat, wird auch die mancherlei Rechnungen in dem Buch mit den vergnügten Augen des Wiedererkennens lesen.
Kein populärwissenschaftlicher Reißer, der anlockt und dann enttäuscht, sondern, bei aller Leichtverständlichkeit, eine ernste Arbeit, die kein Gebildeter versäumen sollte, in seinen Bücherschrank zu stellen.
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