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Digital In Arbeit

Auf der Hand geschrieben

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Haben Sie eine „gesperrte“ Hand? Schauen Sie gleich nach! Bei einer solchen fallen Kopf- und Herzlinie in eine einzige zusammen. Ist es bei Ihnen der Fall, dann sind Sie einer schweren inneren Nötigung ausgesetzt, die Ihr inneres Gleichgewicht durch eine starke Spannung überfordert und keinen Ausgleich zwischen Denken und Fühlen zuläßt. Aber machen Sie sich deshalb nicht etwa Sorgen. Sie können gerade dadurch, zum Beispiel als Künstler, eine faszinierende Wirkung auf Ihre Umwelt ausüben. Vielleicht sind auch Ihre „Fingerberge“ ausgeprägt, dann haben Sie Innerlichkeit. Wenn nicht, dann lieben Sie nicht aus „seelischer Fülle und Gefühlskraft, sondern aus der Sehnsucht, die Ihnen die Zuwendung zum Du in der Liebe schenkt“.

Es ist schon eine eigene Sprache, in der die Autorin ausspricht, was angeblich alles auf einer Hand geschrieben steht. Mit der Zeit versteht man dann auch ganz gut die Botschaft, und nur der Glaube will sich nicht einfinden. Und gerade glauben müßte man können, denn alle diese Behauptungen über Sinn und Bedeutung der in eine Hand eingegrabenen Zeichen erhalten leider keine Begründung, die man einsehen könnte. Fällt es schon schwer, an die Aussagen durch die Form der Außenhand über den Grundcharakter eines Menschen zu glauben (wenngleich man sich hier gerne noch mit gefühlsmäßiger Ubereinstimmung mit dem Ausgesagten zufriedengibt), so kann man einfach nicht mehr mit, wenn auf Seite 130 zu lesen ist: „In Händen von Krebskranken findet sich häufig ein starker, von Linien nicht aufgelockerter Mondberg.“ Wenn aber gar „die häufig euphorische Stimmung des Lungenkranken durch eine besondere Betonung der beweglichen Merkurlinie angezeigt“ werden soll, dann kann man das nur noch als krassen Aberglauben empfinden.

Wir müssen der Autorin zugestehen, daß ihre Deutungen und Erklärungen glänzend formuliert sind und, trotz fehlender Begründung, sonderbarerweise auch überzeugend klingen. Wir glauben es ja selbst auch, daß unser Schicksal, so oder so, in unserer Hand liegt, aber “muß das“ denn so fein gespönnen sein? Vielleicht brauchten wir nur statistische Unterlagen, um glauben zu können. Die müßten doch zu haben sein. Oder nicht?

Im „Ausklang“ des Buches (das sehr schön ausgestattet und auf jeden Fall wert ist, gekauft und studiert zu werden) wird von der Graphologie gesagt, ihre Aussagemöglichkeiten lägen auf einem be-grenzteren Gebiete als die der Cheirologie. Wir glauben es nicht. Aber darüber zu diskutieren wird erst dann einen Sinn haben, wenn die Handlesekunst ebenso tiefsinnige und glaubwürdige Begründungen haben wird, wie sie Klages für die Graphologie fand.

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