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Zwischen Verzweifeln und Glauben

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An-Sätze

Nicht das Leben ist zum Verzweifeln; die Gedanken darüber sind's.

Schon älter als... und noch nichts ...: Weil man immerhin verzweifeln sollte, verzweifelt man nicht.

Neulich sah ich mein Vaterhaus wieder, unter Blütenbäumen wie einst. Es erschien mir, trotz der spielenden Kinder, wie unter einem Glassturz, eingesargt, in Dornröschenschlaf. Und ich, der Prinz, der gekommen, es zu erwecken, war gelähmt.

Grimmiger als der Lebensgrimm ist die Freude, die ihn feststellt.

Schon als es auf Erden nur Krokodile gab, sahen Wolken zuweilen wie Menschen aus.

Im ungeheuerlichen speichenlosen Drehen um die Sonne läßt ein Wunder die Blume des Gemüts und Wohlbehagens blühen.

Man rühmt die abgestufte Höflichkeit des Sonnenkönigs, der jeden nach seinem Rang behandelt haben soll: Eine rechte Kellnereigenschaft.

Der englische Schriftsteller scheint unentwegt zu sagen: Seht, so ist das Leben: englisch.

Reden entleert, Schreiben erfüllt.

Nicht die Todsünden, nur die läßlichen bereiten uns unsere Niederlagen.

Friedlich sind die Erfolgreichen, denn sie haben schon gesiegt.

Nur was man gern ist, ist man wirklich.

Wenn Natürlichkeit die Würde gefährdet, so liegt der Fehler bei der Würde.

Glauben heißt unzufrieden sein mit Gott, der das Leben so erschuf, daß er uns allein nicht genügt. Glauben heißt dieses Ungenügen an der Welt entdecken, ihre ungeheure Un-vollkommenheit, ihren Riesenfehler und Mängel erkennen und ihn beheben. Glauben heißt daher mitarbeiten an der Welt der Erscheinung und des Seins zugleich, heißt sich aufgeben, um das Ganze zu werden, heißt Verständnis haben für alles, was man sieht, und nicht nur für alles, was man einsieht. Glauben heißt die Welt unabhängig sehen von ihrem Sinn. Denn was für mich Sinn hat, kann für andere Unsinn sein.

Glaube ist das Gegenteil der Vernunft, die Täuschung ist. Daher ist Glaube Enttäuschung: Ende jener Täuschung, die Vernunft heißt.

Der gelbe Fleck im geistigen Auge, dort, wo es nichts sieht, heißt: Gott.

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