6787412-1970_19_14.jpg
Digital In Arbeit

Ewige Kunst

Werbung
Werbung
Werbung

CARL SPITZWEG. Der Münchner Maler-Poet. Gesammelt und mit einem Nachwort herausgegeben von Michael Dirrigt Langen-Müller-Verlag, München Wien 1969. 256 Seiten, Leinen DM 16.80.

Als man sich in der Wiener Albertina anschickte, die Ausstellung „Spitzweg und seine Zeit“ anzusehen, da war man überzeugt, daß man für immer seinen Glauben an die Kunst des liebenswürdigen und bis dahin von uns für groß gehaltenen Meisters werde abschwören müssen. Doch es kam anders: Beim Weggehen mußte man sich gestehen, man habe ihn jetzt erst richtig schätzen gelernt. Die von den Wassern moderner Kunst gründlich gewaschenen Augen hatten in der spätromantischen Hülle unvermutet die „ewige“ Kunst entdeckt. Dieses Erlebnisses gedenkend, hat man an der Lektüre der Geschichte und Briefe des Malers, wie sie ein großer Kenner jetzt in einem hübsch ausgestatteten Bande gesammelt vorlegt, dennoch seine Freude. Dennoch, weil diese gewiß nicht schlechten Verse, deren Stil so gut zu dem seiner Bilder zu passen scheint, nicht Kunst sind. Nein, Spitzweg war kein Dichter. Diese Verse beweisen es. Er hatte hier, wie sonst überall, Geschmack. Mehr nicht. Die feine Nase des Hundes täuscht auch ein ausgezeichnetes Auge vor. Aber das ist nicht so wichtig, wahrscheinlich auch für den Herausgeber nicht. Auch die Briefe liest man nicht als literarische Dokumente, nur aus Neugier auf alles, was diesen Mann betrifft, der so malen konnte. Nicht in diesen Erinnerungsstücken, die es enthält, liegt der Wert des Buches, wie wir frei gestehen wollen. Sein Wert liegt vielmehr in dem, was der Herausgeber, Michael Dirrigl uns dazu zu sagen wußte. Sein Nachwort kann ohne Übertreibung selbst als ein kleines Kunstwerk angesehen werden. Geschöpft aus der Fülle eines ungewöhnlichen Wissens, gelang darin die vollkommene Synthese von Biographie und Kunstbetrachtung auf so unprätentiöse Weise, daß man es, gerührt und gespannt bis zum Ende, liest wie einen Roman. Daß dieser Genuß nur jenen Lesern vergönnt ist, die das Kunstwerk als geistigen Hintergrund schon gegenwärtig haben — nach Goethe Voraussetzung für jede mögliche künstlerische Einsicht — braucht wohl nicht erst gesagt zu werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung