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Spannend, aber nicht nur!
MOTIVATION UND KULTUR. Von David C. Mc Clelland. Psychologisches Kolloquium III. Band. Aus dem Englischen übersetzt von Christine de W e ck. Verlag Hans Huber, Bem, 1967. 293 Seiten. DM 28.-.
MOTIVATION UND KULTUR. Von David C. Mc Clelland. Psychologisches Kolloquium III. Band. Aus dem Englischen übersetzt von Christine de W e ck. Verlag Hans Huber, Bem, 1967. 293 Seiten. DM 28.-.
Was für ein Buch! Bei jedem seiner acht Kapitel denkt man es. Dabei ist es doch „nur“ ein wissenschaftliches Werk. Aber wie seine Aussage des Wundems wert, so sehr bewundernswert ist auch sein Stil. Seit dem Erscheinen von C. G. Jungs „Umwege der Libido“ schon vor Jahrzehnten, ist man ja gewohnt, im Psychologen die höchste Konzentration von Kuiturbewußtsein zu finden, in seiner Person eine Art Union von Wissenschaftler und Dichter zu sehen. Das seltene Glück wurde hier wieder einmal Ereignis, wie es scheint. Es kommt aus dem Amerikanischen zu uns, aus dem Land also, wo die Synthese von Psychoanalyse und Behaviorismus, wie sie hier angestrebt und weitgehend durchgeführt wurde, die beste historische Voraussetzung hat. Historisch beginnt denn auch der Kapitelreigen, mit Freud und Hull, den' Pionieren der wissenschaftlichen Psychologie, um sich in den folgenden Aufsätzen an immer schwieriger werdenden Vorwürfen mehr und mehr zu steigern und zu verfeinern. Die fehlende Logik der Kapitelfolge — der Verfasser macht im Vorwort darauf aufmerksam — wird nicht nur durch verbindende Kommentare, sondern vor allem durch die erwähnte innere Steigerung wettgemacht, die jedes vorausgehende Kapitel als Stufe zum nächstfolgenden erscheinen läßt.
Die Aufsätze basieren auf wissenschaftlichen Untersuchungen, deren Themen so verschiedenen Gebieten angehören, daß sie gewiß nicht nur die an Psychologie Interessierten, sondern auch politisch und technisch orientierten Leser fesseln können. Dem Rat des Autors, das Ganze wie eine Folge von Kriminalromanen zu lesen, ist um so leichter nachzukommen, als er nie um eine echte Überraschung verlegen ist, stets einen Täter sozusagen bereithält, an den man nicht gedacht. So ist es in dem Zusammenhang von „Leistungs- antrieb und wirtschaftlichem Wachstum“ (2. Kapitel) zum Beispiel die kaum zu glaubende aber festgestellte Beziehung von industrieller Wachstumsrate und dem in der Literatur angetroffenen Leistungsdenken, was zu einer wahrhaft überraschenden Erkenntnis führt. Man müßte das hier fortsetzen, um einen Begriff von dem Nutzen der Psychologie dm allgemeinen zu geben. Sei nur noch das Kapitel über den Nationalcharakter der Vereinigten Staaten und Deutschland erwähnt, das imstande sein könnte, die viel zitierte Bewältigung der Vergangenheit als notwendig und möglich erscheinen zu lassen. Ein Werk, aus der Praxis für die Praxis, und doch eines von höchster Geistigkeit -und Schönheit.
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