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Die Kuh am Kamin

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türlich stimmt das nidi." Das ist die Art, wie man typisch irisch« Töne ins Deutsche überträgt. Dei Österreicher hat keine Ausrede: Da er besetzt war, muß er das verstehen. Glanz oder Elend des Übersetzers?

Soziales Elend pflegt die Männer zu vernichten und die Frauen aufzurichten, nicht nur bei uns, auch in Irland. Dort vielleicht heute noch, denn immer noch ist dieses Land arm, Daher spuken ein Leiben lang die Väter als Säufer, die Mütter als Heidinnen in den Köpifen der Söhne herum. Darum und weil alles dort to Nationalismus getauciit ist, sind dl« Komödien des O’Casey halb« Tragödien, aiber auch umgekehrt Die Motive in „Juno und der Pfau" muten alle klassisch an: Der ebenso sangesfreudige wie arbeitsscheue, unverbesserliche Vater und sein Saufkumpan, die vergeblich gegen die Übel ankämpfende Mutter und tragische Headin, die vom Ldebhabei verlassene schwangere Tochter, dei des politischen Unruhelebens überdrüssige Sohn, der, sich zu befreien, einen anderen opfert und darum sterben muß. Das Stück ist dicht und echt, und lebt zunn Teil aus dei Geste, zum Teil aus dem Wort: Ausgezeichnet. Eine zweite, einaktige Komödie hat docii wahrhaftig das Märchen vom Mann, der den Haushalt führen woUte, zum Inhalt. Da ist sogar die Kvh, die, an des Mannes Bein gebunden, von diesem via Kamin gehütet wird. Eine launige dichterdscäie Betrachtung des Mensch-lich-Alzumenschlichen mit oft überwältigender Situationskomik und Charakterzeichnung. Das dritte Stück ist eine Dichtung: Das geniale „Kikeriki". Sie handelt vom abergläubischen, heidnischen, christlichen, poetischen Naturvolk der Iren. Es sieht nadi einem verwilderten Garten aus und ist »wirklich groß. So groß, daß man es sogar hinnimmt, wenn da ein Landwirt (Michael) sagt: Bücher sind das, die haben uns hingehaUtert auf den bitteren Pfad, den wir gehen, und gierige Köpfe gefüllt mit schlaffer Scholastizität und die heiligen GlauibenscMnge verletzt und die wohlerprobten Bussen Tmd so weiter. Darauf die Autobiographie: Ein Sturztoach genialer Bilder und Findungen. Nirgens eine Kim-denfängerei, aber man möchte doch heulen, wenn die Mutter, wenn der Vater stirbt.

Heinrich BöEs einleitender Essay ist eine kongeniale, bewundernswerte Arbeit, die die leidfir doch sehr bescheidene Auswahl erst würdig abrundet.

SEAN O’CASEYP EINE AUSWAHi^^. AUS DEN STÜCKEN, DER ABTOr,: BIOGRAPHIE UND DEN AUFSÄTZEN. Herausgegeben von Urs Wi dm er. Diogenes-Verla^-AG,Zürich. Sonderband. 348 Seiten. Mit einem Vorwort versehen von Heinrich Boll und einem Nachwort von Klaus Völker. DJd 14.80.

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