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Zank in der Sahara

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Die Spanische Sahara, dieser unfruchtbare und noch vor wenigen Jahren wirtschaftlich völlig uninteressante Küstenstreifen mit 266.000 Quadratkilometern Wüstensand und 48.000 Einwohnern, ist wieder einmal zum Zankapfel geworden. In der letzten Generalversammlung der Vereinten Nationen stellte der mauretanische Außenminister Ould Mouknass an Spanien die in eine Schmeichelei über Madrids afrikanische Entkolonialisierungspolitik verpackte Forderung nach der Spanischen Sahara.

Marokko und Algerien, die noch 1967 vor der UNO ebenfalls Anspruch auf dieses Gebiet erhoben hatten, schwiegen diesmal. In einem nach dem panislamischen Gipfel in Rabat veranstalteten Treffen zwischen König Hassern von Marokko, Algeriens Präsident Boumedienne und Mauretaniens Staatsoberhaupt Ould Daddah war man übereingekommen, die Sahara-Ansprüche mit den vor drei Jahren entdeckten reichen Phosphatvorkommen von Bukraa dem wirtschaftlich schwachen Mauretanien zu überlassen. In der UNO-Generalversammlung selbst enthielt sich Spanien jeglichen Kommentars zu diesen Forderungen. Rabat habe nämlich angedeutet, daß eine scharfe spanische Reaktion eine drastische Erneuerung der marokkanischen Ansprüche auf die in seinem Gebiet liegenden spanischen Enklaven Ceuta und Melilla zur Folge haben würde. Dieses Manöver entbehrt nicht der Wahrscheinlichkeit, denn man will wissen, daß König Hassan bei seinem nur wenige Monate zurückliegenden Besuch das Thema dieser Enklaven angeschnitten haben soll. Außerdem sind die

beiden hauptsächlich als Garnisonen dienenden Städte angesichts des guten nachbarschaftlichen Verhältnisses zu Algerien für Marokko als stillschweigender Schutz nicht mehr nötig. Die Reaktion in Spanien auf das Geschehen in der letzten UNO-GeneralVersammlung: helle Empörung.

Sie ist vor allem dadurch begründet, daß sich die Saharabewohner, die zur Hälfte aus Einheimischen — fast ausschließlich Nomaden — zusammengesetzt sind, in einem Volksentscheid für das Verbleiben unter spanischer Oberhoheit ausgesprochen haben. 1967 zogen erstmalig Saha-rauis als Abgeordnete ihrer „Provinz“ in das spanische Parlament ein.

Ehemaliges Niemandsland

Zum anderen machen die Spanier geltend, daß der unwirtliche Wüstenstreifen, als er von dem Seefahrer Jaime Ferrer 1346 entdeckt wurde, vollkommen unbewohnt war. Die nach und nach von spanischen Fischern benutzte Küste bildete — und bildet es noch heute — einen natürlichen Verbindungspunkt zu den Kanarischen Inseln. Bisher war die Sahara für Spanien also nur ein Zuschußunternehmen. Wären die mauretanischen Gebietsansprüche vor den Phosphaten mit der gleichen Eindringlichkeit wie jetzt geäußert worden, so hätte sich Spanien wahrscheinlich nicht allzu lange bitten lassen. Jetzt aber, da eine massive Ausbeutung der größten Phosphatlager der Welt in greifbarer Nähe ist, wird sich Spanien mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln an der Sahara festklam-mern.

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