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Umstrittene Uraufführung

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Mit seinem „Concerto manuale*, das Theodor Berger auf Bestellung der Gesellschaft der Musikfreunde beziehungsweise ihres Konzertdirektors Herbert von Karajan während eines Aufenthalts in den USA schrieb, hat der Komponist ein Werk von aggressiver Abseitigkeit geschaffen, das in dem Rahmen, in dem es dargeboten wurde, auf Widerstand stoßen mußte. Bereits die Besetzung ist ungewöhnlich und hat klangexperimentellen Charakter: einem vielfach geteilten Streicherensemble tritt als zweiter Komplex eine Gruppe von Schlaginstrumenten gegenüber, zu denen auch die ohne Pedale gespielten Klaviere gerechnet werden müssen (Pauken, kleine Trommel, Zimbeln, Tamburin, Marimbaphon und Metallophon). Alle diese Instrumente kann man, wenn man will, als .ausschließlich mit der Hand gespielt' bezeichnen (im Unterschied zu den Bläsern), daher der Name „Concerto manuale*. Die extreme Fremdartigkeit des Klanges, die besonders hervortritt, wenn das Schlagwerkensemble solistisch „musiziert“, wird durch che exotisch anmutende Monotonie noch gesteigert. Das einsätzige, etwa 15 Minuten dauernde Stück ist ohne nennenswerte Steigerung ganz auf Fläche gearbeitet, und das Ornamentale herrscht in einem solchen Ausmaß über das Konstruktive, wie man es bei abendländischer Musik nicht gewohnt ist. Der Platz für die Vorführung eines so extremen Werkes, dessen Eigenwert problematisch erscheint, ist ein Internationales Musikfest oder eine jener Musikwochen, bei denen „Grundlagenforschungen“ getrieben werden. Die ablehnende Haltung eines gänzlich unvorbereiteten Publikums mag in ihrer geräuschvollen Art bedauerlich sein, sie ist aber verständlich.

Wie also kam es zu dieser Aufführung in einem Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde, die — laut Proklamation in den Vorankündigungen der Konzertprogramme des vergangenen Jahre6 — geneigt ist, den Wünschen ihrer Hörer weitgehend Rechnung zu tragen? Zugegeben: Man befand sich in einer Zwangslage, denn man hatte einen Auftrag vergeben und das Werk bereits aufs Programm gesetzt, bevor man es kannte, also gewissermaßen die Katze im Sack gekauft. Als man nun aber bemerkte, daß es sich um ein etwas mageres, besonders struppiges Exemplar seiner Gattung handelte, das bestimmt keine Mäuse fangen würde, präsentierte man es trotzdem^ Um damit zu beweisen, daß Katzen überhaupt keine Mäuse fangen? Wir wissen es nicht. Von einer anderen Seite aber hat man — um im Bilde zu bleiben — eine zweite Katze aus dem Sack gelassen, indem solche Aufführungen „als wirksame Antipropaganda“ und „als gutes Training zum Abgewöhnen* gekennzeichnet wurden. — Auf die Frage: Förderung oder Schädigung der Sache der zeitgenössischen Musik werden wir in größerem Zusammenhang gelegentlich zurückkommen. Und zwar ohne Metaphern.

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