Vom Feminismus zur Abstraktion

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Das Leopold Museum in Wien widmet der 1933 geborenen österreichischen Künstlerin Florentina Pakosta eine große Ausstellung mit rund 100 Werken. Ihre künstlerische Entwicklung von den 1960er-Jahren bis heute zeigt die Wandlungsfähigkeit der Malerin.

"Die Gesellschaft ist eine Männergesellschaft, der auch Frauen beitreten können.“ Ein Satz, der sitzt. Besonders, wenn er mit großen Lettern an die Wand eines Museums geschrieben ist. Korrespondierend mit einer Reihe von überdimensionalen Männerköpfen. Sie nehmen den Raum ein und starren einen direkt an. Alle kommen einem vertraut vor. Denn es sind Männer, die im Wiener Kulturleben der 80er-Jahre eine mächtige Position ausübten: der damalige Bürgermeister und vorherige Bundesminister für Kunst und Kultur Helmut Zilk, der langjährige Albertina-Direktor Walter Koschatzky oder der Kunsttheoretiker Peter Gorsen. "Es waren jene Persönlichkeiten, die entschieden, ob eine Ausstellung stattfand, ob ein Preis verliehen wurde“, meint dazu die österreichische Künstlerin Florentina Pakosta.

Chronistin der Halbwelt

Ihr hat das Leopold Museum jetzt eine Ausstellung im zweiten Untergeschoss gewidmet. Mit rund 100 Werken gibt sie einen Einblick in das Schaffen der 1933 in Wien geborenen Pakosta. Sie legt den Fokus damit auf eine Künstlerin, die in Zusammenhang mit der feministischen Kunst Österreichs stets präsent war - zumindest für Insider. Auch hatte Pakosta eine Reihe von Ausstellungen in renommierten Häusern wie der Albertina oder dem Belvedere. Ihre künstlerische Entwicklung von den 60er-Jahren bis heute wird aber jetzt erstmals für ein breiteres Publikum in einer räumlichen Zusammenschau sichtbar. Initiiert hat die Personale noch - der im vorigen Juni verstorbene - Rudolf Leopold selbst. Weniger aufgrund des Interesses an der feministischen Thematik - vielmehr habe ihn besonders die minutiös ausgeführte Kreidetechnik begeistert, erinnert sich Pressesprecher Klaus Pokorny.

Begonnen hat die künstlerische Laufbahn Pakostas bereits in den 50er-Jahren, als sie an der Kunstakademie in Prag, und später an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte. Ihre ersten unverkennbaren Blätter ("Wiener Tanz“, 1956-1964) entstehen aber im "urigen“ Wien. Begleitet von einem männlichen Malerkollegen streift sie in den Nächten durch die Halbwelt der Praterlokale und hält in einem skizzenhaften Stil das Leben der Kleinganoven, Arbeitslosen und Prostituierten fest.

Dabei richtet sie den Blick insbesondere auf die unterdrückte Rolle der Frau, was später zu ihren bekannten Geschlechterkampf-Zeichnungen wie "Rotkäppchen“, "Liebespaar“ oder "Judith und Holofernes“ führt. Gerade diese Werkgruppe der "starken Frauen und schwachen Männer“ erscheint äußerst spannend - zumal wenn man bedenkt, dass sie rund um 1968 entstanden sind. Ausgestellt hätte Pakosta die Arbeiten zum Entstehungszeitpunkt nie. Sie fielen der "Selbstzensur“ zum Opfer "hinsichtlich männlicher Künstlerkollegen und Ausstellungsmacher“, wie sie meint.

"Leere Speicher“

1989 kommt es dann zu einem radikalen Bruch mit allem bisher Geschaffenen. Seit damals entstehen ausschließlich abstrakte, geometrische Kompositionen, aus jeweils drei Farben zusammengesetzt, was zur Bezeichnung "Trikolore Bilder“ führt. Die Arbeiten sind formal überzeugend und in der Konsequenz, mit der Pakosta den Bruch vollzogen hat. Elfriede Jelinek etwa zeigt sich gerade von diesen Kompositionen, die sie im Katalog als "Leere Speicher“ charakterisiert, angetan.

So unverkennbar wie die feministisch-narrativen Arbeiten mit ihren sprachlich pointierten Titeln wie "Fleischwolfmund“ (1980) sind sie jedoch nicht. Die Trikolore-Serie bewegt sich stattdessen in einer konstruktiven Tradition, die in Österreich Künstlerinnen wie Hildegard Joos und Helga Phillip seit den 60er-Jahren verfolgt haben und die bis zu jüngeren Künstlerinnen wie Esther Stocker und Sabina Hörtner reicht. Pakosta selbst sieht ihre neueren Werke als Statement der Verweigerung: "Reminiszenzen und Ideale, die ich früher in gutgläubiger Absicht in meiner Arbeit unterbringen wollte, sollen in diesen Bildern fehlen. Ich entsage den gestischen Linien und Formen und verweise in den Bereich der Skizzen und Bildideen.“

Florentina Pakosta

Leopold Museum Wien

bis 4. April, tägl. außer Di 10-18, Do bis 21 Uhr

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