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Im Wiener Ringturm wird Joz C7e Plecnik als Künstler von europäischem Format und Architekt der Zukunft präsentiert.

Joze Plecnik ist der Übervater der slowenischen Architektur. Als Sohn eines Tischlers 1872 in Ljubljana geboren, prägte er mit seinen charakteristischen Bauten und einschneidenden städtebaulichen Planungen das Gesicht seiner Geburtsstadt: ohne ihn wäre Ljubljana nicht, was es heute ist. In seiner Biografie und Persönlichkeit bündeln sich die römisch-byzantinische, slowenisch-romanische und deutsche Kultur mit missionarischem Sendungsbewusstsein. Nach einer gediegen handwerklichen Ausbildung zum Tischler brachte er es an der elitären Kaderschmiede der Wiener Akademie zu Otto Wagners Lieblingsschüler, dessen Nachfolge aber wurde dem slowenischen Eigenbrötler verwehrt.

In seinem Werk verbinden sich die Kenntnis des klassisch-antiken Formenkanons, eine radikale Auslegung der Semperschen Bekleidungstheorie, kostenorientierter Pragmatismus und ein Sinn für Volkskultur zu eigenwilliger Vielgestaltigkeit, die sich jeder einschlägigen Kategorisierung entzieht und auch in Wien und Prag gebaute Spuren hinterließ.

Anschaulich bebildert, lässt sich nun im Wiener Ringturm in der von Damjan Prelov\0x0161ek und Adolph Stiller kuratierten Plecnik-Schau sein Wirken in den drei Städten nachvollziehen. Übersichtlich in Reihen gegliedert, bieten die mit faszinierenden Detailfotos und Skizzen reich bestückten Schautafeln einen leicht konsumierbaren Überblick, der viel vom Wesen seiner Architektur vermittelt. Originalmöbel wie ein Stuhl aus der Wohnung Feyer, in dem er eine Nähtischgarnitur mehrwertstiftend weiterverarbeitete, beweisen anschaulich handwerkliches Können und visionäres Recycling.

Architekt in Prag, ...

Plecnik war ein tief religiöser Mensch und gläubiger Katholik mit einem starken Sinn für Symbolik, die all seine Bauten mit der Aura des Besonderen umgibt und bei sakralen und staatstragenden Bauaufgaben zu meisterlicher Vollendung findet. Diese Fähigkeit führte dazu, dass Präsident Tomá\0x0161 Masaryk ihn mit der nationalsymbolischen Umgestaltung des Prager Hradschins betraute. Mit Intuition, handwerklichem Können und seinem Wissen um die Vergangenheit fügte Plecnik seine Einbauten auf einzigartige Weise in den komplexen Bestand, ohne ihm Gewalt anzutun. Seine zweite Bauaufgabe auf Prager Boden war die Herz-Jesu-Kirche in den Weinbergen mit dem gläsernen Ziffernblatt der Uhr, durch das man über die Altstadt auf den Hradschin blicken kann. Ihre Fassade ist mit Klinkerziegeln und Steinklötzen in der Art eines Hermelinmantels bekleidet und trägt so gleichsam auf der feinstofflichen Ebene der Semperschen Bekleidungstheorie symbolisch den Christkönig.

... Ljubljana ...

Bei der Universitätsbibliothek in Lubljana werden die Fenster, die sich wie die Falten eines Gewandes aus der mit Rustikasteinen durchsetzten Ziegelfassade wölben, zu symbolischen Buchrücken, während eine klassische Kolossalsäule, die Traufe und der Rustikasockel dem antiken Tempel und dem humanistischen Bildungsideal Referenz erweisen.

Atmosphäre, Funktionalität, Topografie und Geschichte verbinden sich in Schusterbrücke, Markthalle und Uferbebauung der Lubljanica zu einer städtebaulich meisterlichen Gesamtkomposition, die ihresgleichen sucht. Durch die imposante, ausladende Portalfront am Friedhof \0x017Dale schreitet man gleichsam vom Leben in den Tod, am weitläufigen Areal dahinter bieten viele symbolträchtig gestaltete Kapellen und Grüfte die Möglichkeit zum angemessenen Abschied, dem die umgebende Natur seine Endgültigkeit nimmt.

... und Wien

In Wien plante Plecnik die Heilig-Geist-Kirche in Ottakring, die Erzherzog Franz Ferdinands Wunschvorstellung eines basilikalen Doms zuwiderlief. Sie erregte starken Unmut und wurde als Mischung eines Pferdestalls der Armen, Venustempels und jüdischen Bades verunglimpft. Dabei steckt hinter der mit Ziegeln ausgefachten Tempelfassade der Bautyp einer beiseitig von den oberen Galerien belichteten, antiken Basilika, der aus Kostengrünen hochinnovativ in einer Brückenkonstruktion als einer der ersten Stahlbauten konstruiert wurde. Die kostengünstig mit Holzverschalung gebauten ägyptischen Säulen der Krypta verweisen bedeutungsschwer auf vorchristliche Totenkulte; um Geld zu sparen, wurden Ziegel in die Betonmasse gemischt, das liebevoll mit den Symbolen von Lamm, Pelikan und Fisch gestaltete Portal, der von grün-weiß-schwarzem Stein gefasste Taufstein mit goldenen Skulptur des Täufers und andere Details aber lassen an Sorgfalt nichts missen.

"Plecnik hat in jeder Periode seines Lebens die ,totale Architektur' gesucht. Trotz der oft vordergründig eklektizistischen Wirkung seiner Werke war er immer ein Anti-Eklektiker, der in seiner Auseinandersetzung mit der Geschichte keinen Stein auf dem anderen ließ und keinen Gedanken unverändert oder ungeprüft übernahm", schreibt Friedrich Achleitner im Katalog. "Josef Plecnik ist der Architekt der einander ausgrenzenden und überlagernden Kulturen Zentraleuropas mit ihren Konflikten und Zeitverschiebungen, mit ihren Hochsprachen und Dialekten, ihrem Sprachbewusstsein und ihrer Sprachsensibilität, ihrer Vielfalt der Orte und Regionen. Sollte die Architektur wieder auf die Suche nach ihren Fundamenten gehen, wird sie Plecnik als einen Architekten der Zukunft entdecken."

Josef Plecnik (1872-1957)

Architekt in Laibach, Wien und Prag

Ausstellungszentrum im Ringturm, Schottenring 30, 1010 Wien

www.staedtische.co.at

Bis 8. 9. Mo-Fr 9-18 Uhr.

Freier Eintritt

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