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Zum Umbau der Bruckner-Orgel in St. Florian

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Die alte Orgel in St. Florian wurde 1770 bis 1777 über Auftrag des Propstes Matthäus Gogl durch den Laibacher Orgelbauer Franz Xaver Krismann erbaut, einem der bedeutendsten Orgelbauer seiner Zeit, der jedoch aus nicht eindeutig erkennbaren Gründen das Werk nicht vollenden konnte. Seine Nachfolger, meist Arbeiter Krismanns, waren um, die Fertigstellung der Orgel nach Knsmanns Plänen bemüht.

An dieser Krismann-Orgel wuchs Bruckner auf, wie er überhaupt vorwiegend an Kris-mann-Orgelri saß. Auf den beiden Seitenemporen der Stiftskirche standen zwei kleine Orgeln, die Sonntags- und die Werktagsorgel. 1875 wurde die große Orgel durch M. Mauracher umgebaut und um ein Manuel vermehrt. Ob und wieweit Bruckner an diesem Umbau teilnahm und welche Veränderungen etwa auf seinen Einfluß zurückzuführen sind, ist nicht ersichtlich. Aus einem zeitgenössischen Bericht geht hervor, daß die umgebaute Orgel nicht von Bruckner, sondern von dem damaligen Stiftsorganisten S e i b e r 1 kollaudiert wurde. Bruckner, dessen Taufname verdruckt ist (Johannes), spielte zur Einweihung nur zwei Nummern: Bachs Toccata und Fuge d-moll und eine freie Improvisation. Seine in einem Brief an Franz Bayr in Steyr ausgedrückte Zufriedenheit mit der umgebauten Orgel ist verständlich, da sie doch eine der größten Orgeln ihrer Zeit war; einer Erklärung, daß sie nicht mehr verbessert werden dürfe, kommt sie jedoch gewiß nicht gleich, ebensowenig wie sein Wunsch, unter dieser Orgel bestattet zu werden, zu solcher Deutung nötigt. Unte-der von einer Äußerung Max Auers entlehnten Bezeichnung „Bruckner-Pedal“, ist keine Gestaltung des Pedals in klanglicher Hinsicht, sondern bloß eine spieltechnisch prak tische Anordnung zu verstehen, die man auch andernorts findet. Es handelt sich um ein geschweiftes Pedal, bei dem die Tasten sich nach außen erhöhen.

Die Annahme einer Bruckner-Orgel als eines von Bruckner inspirierten Eigentyps hält einer sachlichen Überprüfung der vor handenen Quellen nicht stand. Wenig stichhaltig sind auch die zum Teil auf mündlicher Überlieferung beruhenden Dokumente aus dem Privatbesitz der Firma Mauracher.

Der Umbau von 1931 bis 1932, der alle drei Orgeln durch einen gemeinsamen Spieltisch verband, die Registerzahl auf 92 vermehrte und die Elektrifizierung durchführte, ließ zwar die Disposition, nicht aber das Klangbild unverändert. An den Pfeifen wurden Mensurveränderungen und Neuintonierungen vorgenommen. Nach diesem von der Linzer Firma Mauracher (im Trakturteil von Firma Dreher und Flamm) gearbeiteten Umbau erhielt die Orgel in einer Erklärung Hofrat Gollers bei einer Sitzung des Brucknerbundaus-sdiusses in Linz den Namen „Bruckner-Orgel“. Sie sollte ein klingendes Denkmal, nicht aber Eigentyp sein.

Berichte zeitgenössischer Organisten erwähnen die technische Unzulänglichkeit des Instruments nach dem Umbau von 1932. Diese gab den Anstoß zu dem Vorhaben des Reichsrundfunks, der in Angleichung an andere überdimensionale Planungen hier „die größte und schönste Orgel Deutschlands“ bauen wollte und sich über alle Traditionen hinwegsetzen zu dürfen glaubte. Man einigte sich indes nach längeren Verhandlungen auf einen Vorschlag des Wiener Denkmalamtes und sah eine Restaurierung der alten Krismann-Orgel vor, an der Bruckner aufwuchs. Mit der Rückkehr des Stiftskapitels nach dem Kriege wurde der Um-bauplan noch einmal revidiert und auf die gottesdienstlichen Erfordernisse abgestimmt. Den Auftrag zum Umbau erhielt nun die F'rma Zika in Ottensheim,

Die alte Krismann-Orgel soll mensur- und intonationsgetreu wiederhergestellt werden. Dazu w'rd ein viertes Manual gebaut, das dem Barockcharakter des “Werkes entspricht. Es wird das Menschenmögliche getan, dem Werk jene Vollkommenheit zu geben, die als Ideal vorschwebt.

Das vom neuen Umbau bereits fertige dritte Manual gibt in seiner Klangschönheit einen Begriff von der Würde eines wahren Kultinstruments, das jede Orgel in erster Linie ist. Nach den Anzeichen zu schließen, bestehen begründete Aussichten, daß die neue große Floriancr Orgel ein würdiges klingendes Denkmal Bruckners wird sowie die Höchstleistung im Sinne des alten Orgelbaues von 1770: ein Werk, da. in seiner Eigenart nur in St. Florian steht und seinesgleichen sucht.

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