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Bruckner-Ehrung und Bruckner-Erbe
Bruckners erfolgreichste und Bruckners letzte, unvollendete Symphonie beschlossen die festlichen Bruckner-Tage der Stadt Wien. Im Rahmen einer Gedenkfeier der österreichischen Bundesregierung führte Professor Krips mit den Philharmonikern die Siebente Symphonie auf. Dies Werk steht — nicht nur wegen der im Gedanken an den Bayreuther Meister konzipierten Totenklage — Wagner am nächsten; und bezeichnenderweise hat Bruckner gerade mit diesem Werk „den Widerstand der stumpfen Welt besiegt“. Die barocke Pracht der Ecksätze, das große, feierliche Adagio mit den Tubaklängen und das kräftig-erdhafte Scherzo wurden von Professor Krips und den Philharmonikern so wiedergegeben, daß Gehalt und Klanggewand des Werkes gleichermaßen zur Geltung kamen.
Als bedeutender BrucknerInterpret gilt gegenwärtig der Schweizer Dirigent Volkmar Andrea e. Er hat den weiten Blick und den langen Atem, der den drei Monumentalsätzen der IX. Symphonie entspricht. Andreae verliert sich nicht an Einzelheiten und setzt — im Gesamtstil seiner Auffassung — die Tradition der großen Bruckner-Dirigenten Mottl, Löwe, Fischer und Schalk fort. Den ersten Satz nimmt er etwas beschleunigter und drängender, als man es gewohnt ist, das Scherzo kommt etwas breiter, und im letzten Satz werden wir nachdrücklich darauf hingewiesen, daß große dynamische Steigerungen bei Bruckner ohne Tempobeschleunigung am stärksten wirken. Daß bei seiner Interpretation — obwohl die Philharmoniker die Ausführenden waren — die Klangpracht der Bruckner-Partitur nicht voll zur
Geltung kam, mag seinen Grund darin haben, daß es gewisse landsmannschaftliche Grenzen gibt, die auch ein so bedeutender Dirigent wie Volkmar Andreae nicht überschreiten kann.
Der fünfzigste Todestag des Meisters soll auch der Anlaß sein, ihm an der Stätte seines Wirkens ein Denkmal zu errichten — vielmehr: ein zerstörtes wieder aufzubauen. Die weltberühmte Bruckner-Orgel des Stiftes zu St. Florian fiel, wie so vieles, das Österreich reich und schön gemacht hat, den Ereignissen der letzten sieben Jahre zum Opfer. Unter dem.Vorwand, daß das alte Orgelwerk für die Interpretation Brucknerscher Werke nicht mehr tauge, wurde die Bruckner-Orgel demontiert, unsachgemäß verlagert und dadurch schwer beschädigt. An ihrer Stelle soll nun nicht etwa die von den braunen Macht-habern projektierte moderne Riesenorgel gebaut werden, sondern man plant, die alte Bruckner-Orgel zu renovieren und sie im neuen Gewände in der prächtigen barocken Stiftskirche zu St. Florian wieder aufzustellen. Man hofft, daß durch die Mithilfe vieler, durch die Opferfreudigkeit aller Bruckner-Verehrer, schon im Laufe des nächsten Jahres die neuerstandene Bruckner-Orgel ihrer Bestimmung wieder übergeben werden kann und daß bald an der Schaffensstätte des großen Meisters seine Musik die Hallen zu St. Florian wieder erfüllen wird.
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