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Im Geiste Anton Bruckners

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Dem Bruckner-Konservatorium in Linz, der Musikerziehungsanstalt des Landes Oberösterreich, hat es lange an belebender und erneuernder Initiative gefehlt. Das hat sich gründlich geändert, seit Professor Dr. Wilhelm J e r g e r die Leitung übernommen hat, der bekanntlich als ehemaliger, langjähriger Philharmoniker wie als geachteter Komponist ein vielseitig erfahrener Praktiker ist, sich überdies aber auch in vorgerückten Jahren noch akademische Würden errungen hat und nun der Musikwissenschaft mit der Intensität zugeneigt ist, wie sie nur eine Spätliebe haben kann.

11t wi iJeaeöKurs zeichnete ?Sieh Ars>tden'-Ab-Schlußveranstaltungen des vorigen Jahres ab, die1 in ebter -„Woche“ des BrBcl0)sr-.}fensßrvatiMiuoK!'s\'ZBi sammengefaßt waren. Heuer nun wurden diese Veranstaltungen auf zwei „Wochen des Bruckner-Konservatoriums“ erweitert, die im übrigen nicht nur als Rechenschaftsberichte über geleistete Arbeit aufzufassen waren, sondern auch als Dokumentationen geistiger Haltung und erstrebtet Ziele. Wie sehr dies anerkannt und erkannt wird, erwies schon die Tatsache, daß Landeshauptmann Dr. Gleißner es sich nicht nehmen ließ, die „Wochen“ persönlich zu eröffnen. Die Veranstaltungen selbst begannen dann mit einer Matinee im Redoutensaal, die dem Gedenken Hugo Wolfs (mit der Italienischen Serenade und Liedern), Gustav Mahlers (mit den Liedern eines fahrenden Gesellen), Alban Bergs (mit der Klaviersonate op. 1) und Anton Weberns (mit den Stefan-George-Liedern op. 4 und den Bagatellen op. 9, denen Schönbergs Vorwort vorangestellt wurde) gewidmet war und in deren Durchführung sich Lehrer und der Reife nahe Schüler des Konservatoriums teilten. In drei Studienkonzerten orchestraler und kammermusikalischer Art durften sich dann Schüler der Anstalt unter Assistenz ihrer Lehrer vorstellen und Zeugnis ablegen von einem im Durchschnitt erstaunlich hohen Leistungsniveau. Es war ein schöner Gedanke, diese Veranstaltungen in St. Florian als der geistigen Heimat Anton Bruckners, des Namenspatrons des Konservatoriums, gipfeln zu lassen. Der Tag begann mit einem Gedenkakt am Sarkophag des Meisters, wurde fortgesetzt mit einem von Propst Leopold Hager zelebrierten Pontifikalamt, bei dem Antonio Lottis Studentenmesse aufgeführt wurde, und brachte am Nachmittag nach Orgelvorträgen Augustinus Franz Kropfreiters auf der großen Bruckner-Orgel, darunter Kropfreiters im Kompositionswettbewerb des Bruckner-Konservatoriums preisgekröntes Dreifaltigkeits-Triptychon, ein Konzert des von Wilhelm Jerger geleiteten Kammerorchesters im Marmorsaal, in dem nach Werken barocker Meister und Mozarts auch die Kleine konzertante Symphonie von Frank Martin zu hören war. Man steht also fest auf dem Boden der Tradition und hält zugleich den Blick offen für das Schaffen der Gegenwart.

Sehr eindrucksvoll gestaltete sich auch eine Tanzmatinee der Abteilung „Gymnastik und künstlerischer Tanz“ unter H. und L. Jungbauer im Landes- ' theater, noch mehr aber ein Abend in den Kammerspielen, in dem durch die Opernklasse unter der szenischen Leitung Stefan Zadejans und der musikalischen Dr. Leopold Mayers die Linzer Erstaufführungen der dramatischen Serenade „Le Cinesi“ von Gluck und des Einakters „Rita“ von Donizetti geboten wurden. Die Schauspielklasse hatte sich unter Leitung von Brigitte Musil mit Anouilhs „Antigone“ eine schwierige, erstaunlich gut gelöste Aufgabe gestellt.

Last, not least seien die drei Vorträge erwähnt, die ins Programm eingebaut waren und deren ersten Dr. Hans Wintersberger, der Musikgeschichtler des Konservatoriums, über „Josquin Desprez und die europäische Musiksprache“ hielt, während im zweiten der Präsident der Wiener Akademie, Dr. Hans Sittner, „Anmerkungen zu einer fernöstlichen Reise“ machte. Abschluß und geistiger, Höhepunkt der „Wochen j. des ' Bruckrter-Konse.r^tp^unjs^ „, .wajea schließlich Bernhard Paumgartriejs weitaüsgreifende und. tiefschürfende Ausführungen über „Die Musik des 18. Jahrhunderts als Ausdruck europäischen Geistes“, denen sich unter der Leitung des berühmten Gastes eine unvergeßlich schöne Aufführung von Mozarts „Ave verum“ durch das von Wilhelm Jerger erzogene und den von Helmut Eder betreuten Kammerchor' des Bruckner-Konservatoriums anschloß.

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