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Bruckner - Konzerte
Die vergangene Konzertwoche stand unter dem Stern Anton Bruckners. Von allen größeren Orchester- und Chorvereinigungen wurde des Todestages des großen Meisters gedacht; gute und beste Kräfte waren aufgeboten, so daß die Veranstaltungen, in ihrer Gesamtheit sowie die einzelnen Gedächtniskonzerte einen geschlossenen und würdigen Eindruck hinterließen. Das Wiener Bruckner-Fest wollte auch ein Symbol sein „für die Erfüllung der Ehrenpflicht unserer Stadt dem Meister gegenüber, der in ihr die wertvollsten Jahre seines Lebens verbrachte, den größten Teil seiner Werke schuf und auch als Lehrer grundlegend wirkte, ohne bei Lebzeiten dafür nach Gebühr mit Verständnis und Würdigung belohnt zu werden.“
Als Abchluß eines Festaktes im Auditorium maximum der Universität erklang Bruckners I. Symphonie in jener Fassung, welche Bruckner — als Dank für die Ernennung zum Ehrendoktor der philosophischen Fakultät — der Universität Wien gewidmet hatte. Hans Swarowski erzielte in dem prachtvollen, fast überakustischen Raum mit den Symphonikern eine sehr schöne Wirkung.
Zu einer glanzvoll-feierlichen Aufführung der Großen Messe in f-moll und des Tedeums hatten sich der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde und der Wiener Männer-Gesangverein mit den Wiener Symphonikern vereinigt. Fast drohten an manchen Stellen die Klangmassen des Chores das Orchester zu überfluten; der Dirigent Dr. Anton Lippe bannte mit starker Hand auch diese Gefahr und schenkte den ergriffenen Hörern nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein tiefes religiöses Erlebnis.
Weniger bekannte Werke Bruckners — und das ist das Hauptverdienst dieser Veranstaltung — vermittelte das Chorkonzert des Wiener Männer-Gesangsvereins, des Wiener Schubertbundes und der Wiener Kantorei unter den Dirigenten Prof. Viktor Keldorfer, Prof. Ferdinand Großmann und Dri Hans Gillesberger. Von einfachen Klavierliedern aus der Frühzeit des Meisters, von denen einzelne mehr an Mozart, andere an Schumann anklingen, bis zu den Tongemälden „Mitternacht“ und „Abendzauber“ (in der ungewöhnlichen Besetzung für Baritonsolo, Männerchor, Fernstimmen und vier Hörner), in denen der ganze romantische Zauber der IV. Symphonie mit fast ausschließlich vokalen Mitteln erreicht wird, wurde vielen Hörern wohl zum ersten Male der große, unausgeschöpfte Reichtum des Brucknerschcn Schaffens auf dem Gebiet des Solo- und Chorliedes offenbar. Während in einzelnen dieser Lieder der Chorstil des ausgehenden 19. Jahrhunderts spürbar wird (der ein epigonaler war und den wir heute nicht mehr ganz billigen), ging die reinste und erhabenste künstlerische Wirkung von vier geistlichen Motetten aus, die — zwischen 1861 und 1869 entstanden — den sakralen Tondichter Bruckner am überzeugendsten offenbaren. Das späteste dieser Werke (Os justi meditabitur sapientiam), in der lydischen Kirchentonart geschrieben und alle Chro-matik und Modulation vermeidend, sei als eine der edelsten Perlen der Chorliteratur besonders hervorgehoben und für geistliche Konzerte empfohlen.
Die VI. Symphonie, ein sehr -zxi Unrecht vernachlässigtes und selten aufgeführtes Werk, hörten wir im Rahmen eines von der Sozialistischen Bl-dungszentrale veranstalteten F e s t-konzerts. Professor Robert Fanta dirigierte die Wiener Symphoniker, die auch bei dieser Aufführung eine beachtenswerte Gesamtleistung boten. Freilich wurde bei der Aufführung auch klar, wie schwer so ein Bruckner-Scherzo zu spielen ist, wieviel Genauigkeit in den Einsätzen und rhythmische Präzision es erfordert. Und man spürte auch, daß nur eine ruhige und kraftvolle Hand die weitgeschwungenen Linien Brucknerscher Themen und Sätze nachzuziehen vermag. Diese Musik entzieht sich jedem nervösen Zugriff, und nur eine bedeutende Kraft vermag die Riesenblöcke 'zu türmen. Als ein erfreuliches Zeichen der Zeit sei auch festgehalten, daß sich das Programm des von der Sozialistischen Bildungszentrale veranstalteten Festkonzerts zu Bruckner, dem Musikanten Gottes, be-p kennt — ohne Vorbehalte und Umdeutungs-versuche: „Er war ein Christ, der als solcher lebte und starb. Ebenso wahr und echt, wie das J. J. (Jesu juva) über J. S. Bachs Partituren ist das immer wiederkehrende S.D. G. über Anton Bruckners Handschriften. Die Ausübung seiner Kunst war ihm die Anbetung des Schöpfers mittels der von diesem verliehenen Gabe.“
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