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Auftakt in Linz

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Seit 3. September wird das Linzer Kulturleben vom fünften Internationalen Brucknerfest regiert. Dieses Festival, das mit der Existenz des Brucknerhauses verknüpft ist, hat das bisher von der Industrie geprägte Image der oberösterreichischen Landeshauptstadt gewaltig korrigiert.

Das Veranstaltungsangebot reicht bis 1. Oktober über literarische und wissenschaftliche Beiträge eines Adalbert-Stifter-Symposions bis in den Bereich von Jazz und Popmusik. Das wäre ein Modell für die allgemein anzustrebende „demokratisierte Kultur“, wie Bundesminister Firnberg lobend erwähnte. Indirekt lobte auch Gerhard Klingenberg die Linzer Stadt, wenn er von seinen provokant abgefaßten, kritischen Betrachtungen zum Thema „Kultur und Leistungsgesellschaft“, die darin gipfelten, daß beide Begriffe einander ausschließen, die Brucknerhaus-Aktivitäten ausklammerte.

Die ersten Töne im Fest für den ge-nius loci erwiesen sich als eine festeswürdige Rarität: der 112. Psalm, den Bruckner 1863 komponierte und der zugunsten des späteren 150. Psalms gerne vergessen wird. Nicht so schnell nach dieser Wiedergabe durch Theodor Guschlbauer, das Bruckner-Orchester sowie die Chöre des Landestheaters. Außerdem sorgte die Schubert-Ouvertüre C-Dur DV 591 für eine recht frische Einleitung zugleich des Saisonbeginns.

Frisch, dies jedoch nicht positiv gemeint, ging es auch am Abend beim ersten Orchesterkonzert zu, da die Phil-harmonia Hungarica unter ihrem Chefdirigenten Reinhard Peters Bruckners „Dritte“ beziehungslos abspulte. Zumeist mit verhetzten Tempi, ohne die typischen Ruhepunkte, so gar nicht passend für einen Festspielauftakt, der zum Glück noch von Wolfgang Schneiderhan mitgegeben wurde. Die Präsenz seiner geigerischen Persönlichkeit konnte dem Violinkonzert von Brahms nämlich einige Glanzlichter aufsetzen.

Den einzigen, dafür großartigen Liederabend des Brucknerfestes gab Christa Ludwig, zum ersten Mal im Brucknerhaus und dementsprechend begrüßt. Sie wurde bewundert, wie sie die Kunst der klassischen Liedgestaltung immer noch meistert: mit allen stimmlichen Gaben, aber auch Abgaben, die die Physis fordert.

In St. Florian sang der illustre Londoner Monteverdi-Chor unter dem Experten für alte Musik John Eliot. Gardiner. Tags darauf kamen dessen Landsleute, das Philharmonie Orche-stra London, um mit dem Holly-wood-Herkömmling Michael Tilsen Thomas am Pult Brahms und Schubert, zwei Mitregenten des Festivals, zu spielen. Sonntag empfing man philharmonische Gäste aus Wien in gleich zwei Konzerten: einem Kammerkonzert nachmittags in der Stiftskirche Wilhering mit dem Neuen Wiener Ok-tett, Mitglieder der Wiener Philharmoniker, die abends ihr vielbegehrtes Claudio-Abbado-Gastspiel im Brucknerfest mit Schubert total absolvierten.

Höhepunkte, was Bruckner anbelangt, lassen auf sich warten. Bis 26. September, wenn Eugen Jochum bei der Wiedergabe der „Achten“ die Bamberger Symphoniker dirigiert und, so hofft man, erneut Maßstäbe setzt: für eine Bruckner-Symphonie, für Bruckner und erst recht für ein Brucknerfest.

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