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Graham Greene als Gesamtausgabe

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GRAHAM-GREENE-GESAMTAUSGABE. Band I: Die Kraft und die Herrlichkeit / Das Herl aller Dinge / Das Ende einer Altäre; Band II: Orientexpreß / Das Attentat / Jagd im Nebel / Zentrum des Schreckens; Band III: Zwiespalt der Seele / Ein Sohn Englands / Am Abgrund des Lebens. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien-Hamburg, Preis pro Band 140 S.

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GRAHAM-GREENE-GESAMTAUSGABE. Band I: Die Kraft und die Herrlichkeit / Das Herl aller Dinge / Das Ende einer Altäre; Band II: Orientexpreß / Das Attentat / Jagd im Nebel / Zentrum des Schreckens; Band III: Zwiespalt der Seele / Ein Sohn Englands / Am Abgrund des Lebens. Paul-Zsolnay-Verlag, Wien-Hamburg, Preis pro Band 140 S.

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In den letzten Jahren ist die Virulenz der Werke Greenes in unserem Raum ersichtlich etwas in den Hintergrund getreten. Es sieht darnach aus, als wollte der Phase der Überschätzung dieses Schriftstellers, dem es unmöglich ist, nicht spannend zu schreiben, eine solche der Unterschätzung folgen. So kommt die vorbildlich ausgestattete Gesamtausgabe zur rechten Zeit; sie mag anregen, eine gerechte Einstufung dieses Mannes anzustreben, dessen Werk in Wirklichkeit gehaltvoller ist, als es sich gibt. Denn Greene gehörte zu den ersten, die es verstanden, das „Unterspielen“ zur Meisterschaft zu entwickeln, entscheidende Absätze in saloppen Sätzen, ja im Slang, zu verstecken. Wie immer auch die Einstellung zu ihm sich verändern mag, was bleibt, als Gewinn und als Ermunterung, sind Männlichkeit, Menschlichkeit und Fairneß, ist das Ansprechen guter Instinkte in der Millionenschar seiner Leserschaft. Sein Hauptwert in der Gegenwart liegt in der Fähigkeit zur Entideologisie-rung selbst verzwicktester Sachverhalte, in der Kraft, ein ungeschminktes, nicht durch Vorurteile verzerrtes Bild des modernen Menschen zu entwerfen. Darin ist der zupackende Schriftsteller Greene manchem, der als Untertan literarischer Theoreme zeitmodisch unter die Dichterschaft gestuft wird,' von Natur aus überlegen.

Doch diese Neuauflage bringt nicht allein die uns schon bekannten Romane, die auch im neuen Gewand wieder von Hand zu Hand wandern werden, sondern heute aktuell verfaßte Vorworte des Autors zu den einzelnen Werken, in denen er über deren Entstehungsgeschichte, über sich selbst, über gesellschaftliche Erscheinungen, über Personen spricht, die er kannte und die Charakteristiken für einzelne seiner Gestalten abgaben. Allein diese Vorworte sind den Besitz der neuen Bände wert, enthalten sie doch ein sprühendes Feuerwerk von Gedanken und Erlebnissen, von kurzen, ironischen und bissigen Bemerkungen, hart, kräftig und doch — das macht ihren Zauber aus — in einem höheren Sinn stets menschenfreundlich. Ob er die Asienpolitik der Amerikaner schonungslos kritisiert oder die lächerlichen Seiten des britischen Geheimdienstes entdeckt, ob er den tragischen Rückzug der Franzosen aus Indochina schildert oder von Ho Tschi-minh spricht, mit dem er in Hanoi Tee trinkt — Fakt reiht sich an Fakt, klar, sauber. Dasselbe geschieht, wenn wir mit ihm hinter die Kulissen des Verlagsgeschäftes blicken oder seinen zähen Kampf um den Erfolg miterleben: Immer stehen wir inmitten flutenden, starken Lebens, in einem Klima vorsichtigen Optimismus und hoffnungsvoller Resignation, das für Greene und viele Briten so kennzeichnend ist,

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