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Benzin als Preisbremse

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Unerwartete Unterstützung erhielt der Wanderprediger für eine Aufhebung der Preisregelung bei Mineralölprodukten, Mobil-Generaldirektor Friedrich Ebeling, letzte Woche. Bei einem Seminar seines Konzerns sprach sich nun auch der Chef, der staatlichen ÖMV, Ludwig Bauer, für eine zumindest temporäre Aussetzung der Preisregelung für Mineralölprodukte aus, um besser auf die immer hektischeren Preisschwankungen auf den internationalen Märkten reagieren zu können.

Was natürlich sofort zu der Vermutung führte, Preisminister Staribacher stünde diesem Vorschlag wohlwollend gegenüber. Wenn der Chef der verstaatlichten nationalen öl-gesellschaft in aller Öffentlichkeit an einem jahrzehntelangen Tabu rüttelt, darf man schließlich mit einiger Berechtigung annehmen, daß er vorher mit dem dafür zuständigen Minister darüber gesprochen hat.

Aus der - ohnehin zögernden - Verteidigung der Preisregelung durch Handelsminister Staribacher und der wütenden Ablehnung der Aufhebung durch die Arbeiterkammer und den ÖGB wird man nun keinesfalls schließen dürfen, daß ein so feiner Herr wie Ludwig Bauer plötzlich den Sozialpartnerkodex mit Füßen tritt. Entsprechende Gespräche haben selbstverständlich stattgefunden. Den einzigen Fauxpas, den Ludwig Bauer beging, war, die Sache entgegen den Abmachungen noch vor den Wahlen platzen zu lassen.

Ärgerlich daran ist ausschließlich, daß damit möglicherweise eine vernünftige Maßnahme, von deren Zweckmäßigkeit im Grunde alle Betroffenen überzeugt sind, bloß deswegen gekillt wird, weil man eine Woche vor Wahlen glaubte, dem Wahlvolk nicht die Wahrheit zumuten zu können.

Nur deshalb konnte sich nämlich Handelsminister Staribacher einen Benzinpreis über acht Schilling nicht vorstellen. Obwohl ein derartiger Preis nach der internationalen Marktlage durchaus realistisch und wahrscheinlich der beste Garant dafür wäre, daß Österreich nicht von ausländischen Touristen leergetankt wird.

Und nur deshalb wurde deponiert, daß Ofenöl auf jeden Fall weiter preisgeregelt bleibt. Obwohl man selbstverständlich auch im ÖGB und in der Arbeiterkammer weiß, daß es für die ölfirmen um den Erlös des gesamten Produktbündels geht und daß das Festhalten an einem nicht marktkonformen Preis auch bei nur einem Produkt automatisch zu Verzerrungen bei den anderen Produkten führt.

Im übrigen: Trotz ölschock, ölkartell, Khomeini und Hannes Androsch zählt Benzin im Langzeitvergleich zu den Preisbremsern. Seit 1955 (damals kostete ein Liter Super 3,95 Schilling) stieg das allgemeine Preisniveau doppelt so stark wie der Preis für Super-benzin. Wäre Superbenzin seither jeweils mit dem Verbraucherpreisindex mitgezogen, würde ein Liter heute knapp 11 Schilling kosten.

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