6824983-1974_07_05.jpg
Digital In Arbeit

„Dicke Luft“ auch in Tirol

Werbung
Werbung
Werbung

Von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet, erließ der Tiroler Landtag ein Gesetz zur Reinerhaltung der Luft. Diesem legistischen Akt sind in den letzten zwei Jahren umfangreiche Luftmessungen vorangegangen, die der Umweltschutz- und Raumordnungsbeirat der Tiroler Landesregierung durchführen hatte lassen. Tirol leistete mit dieser Maßnahme in Österreich sozusagen Pionierarbeit. Dem Gutachten, das Experten der Universität Innsbruck auf Grund der Untersuchungsergebnisse vorlegten, war zu entnehmen, daß der Charakter einer Erholungslandschaft in weiten Teilen Tirols nach wie vor gewahrt sei, in gewissen Regionen jedoch — vor allem im Winter — die gesundheitlich verträglichen Werte überschritten werden. Die stark belasteten Gebiete sind der Raum Innsbruck, das Unterinntal und einzelne Industriestandorte.

Die Luftsituation in den gefährdeten Gebieten verträgt jedenfalls keinerlei zusätzliche Belastungen mehr und es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um eine Verminderung der bisherigen schädlichen Emmissionen zu erreichen. Die getrennten Winter- und Sommermessungen legten klar, daß der Hausbrand — also Kohle- und Ölheizung — die Hauptschuld an der Luftverpestung trägt. Der Innsbrucker Kessel ist besonders stark betroffen; wobei Föhn dabei eine sehr unterschiedliche Rolle spielt Wenn der Südwind mit voller Kraft durchs Tal bläst, räumt er die schlechte Luft radikal aus. Wenn der Föhn jedoch in großer Höhe dahinzieht und schwer auf das Land drückt, hindert er das Aufsteigen der tiefer liegenden kälteren Luftschichten und somit die im Berggebiet so wichtige vertikale Ventilation. An solchen Tagen erreicht der Smog im Tal eine gefährliche Konzentration. In Kufstein wiederum hat sich die Lage seit der Eröffnung der Inntalautobahn merklich verschlechtert Nicht weniger als 15.000 Personenautos, 1200 Femlaster und rund 100 Autobusse passieren täglich die Peripherie der Grenzstadt. Das ergibt im Jahr die runde Summe von 5,5 Millionen Fahrzeugen, die auf dem fünf Kilometer langen Teilstück von der bayrischen Grenze bis zum Südende der Stadt die Luft mit ihren Abgasen belasten. Berechnungen ergaben, daß dabei jährlich elf Tonnen Feststoffe, davon 800 Kilogramm Blei, zurückgelassen werden.

Nicht nur die Belastung durch Abgase ist in Teilen Tirols bereits bedenklich, auch die Staubplage nimmt mancherorts beängstigende Formen an. Sind es im Unterinntal Industriebetriebe, die eine außergewöhnliche Verstaubung der Umgebung verursachen, so zeitigen in Innsbruck Hausbrand und Straßenstreuung eine im Winter oft unerträgliche Staubplage. Aus der „Staubbilanz“ Österreichs von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Wien geht hervor, daß Innsbruck mit 11,5 Kilogramm Staub pro 100 Quadratmeter im Spitzenfeld der staubigen Städte liegt. Zum Vergleich: Auf den Wiener Ballhausplatz fallen jährlich 16 Kilogramm Staub pro 100 Quadratmeter, auf die Festspielstadt Salzburg 2,1 bis 3,9 Kilogramm und auf die Seestadt Bregenz nur 0,4 bis 1,3 Kilogramm.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung