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Fliegen: Traum oder Alptraum der Menschheit?

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Der uralte Menschheitstraum vom Fliegen ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Doch der Lärm und die Abgase der Flugzeuge haben immer deutlicher registrierbare, negative Folgen. Mensch und Natur beginnen unter diesem Traum mit exponentiellem Wachstum zu leiden.

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Der uralte Menschheitstraum vom Fliegen ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Doch der Lärm und die Abgase der Flugzeuge haben immer deutlicher registrierbare, negative Folgen. Mensch und Natur beginnen unter diesem Traum mit exponentiellem Wachstum zu leiden.

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1988 wurden in der zivilen Luftfahrt weltweit 4,4 Millionen Starts und Landungen mit Passagiermaschinen gezählt. Im Jahr 2000 sollen es rund 7,5 Millionen sein - und das mit immer größeren Flugzeugen. Die Auftragsbücher der Hersteller sind prall gefüllt - allein in Europa werden j ährlich zirka 56 Milliarden Schilling in neue Flugzeuge gesteckt.

Verständlich angesichts der Prognosen von Experten der weltweiten Interessenvertretung der Luftverkehrsgesellschaften, IATA, die einen Anstieg der Passagierzahlen von derzeit 267 auf 740 Millionen voraussagen.

Durch technische Verbesserungen an den Flugzeugmotoren und durch neue An- und Abflugmethoden ist es innerhalb des letzten Jahrzehnts gelungen, Flugzeuge leiser zu machen. Doch der Punkt, an dem das Mehr an Flügen durch leisere Maschinen kompensiert wird, ist längst überschritten.

Eine Studie des Deutschen Umweltbundesamtes ergab, daß sich schon vor sechs Jahren 28 Millionen Deutsche durch Fluglärm belästigt fühlten. Besonders militärische Tiefflüge - ein bislang in Österreich (noch) kleines Problem - belasten die Gesundheit.

Auch bei zivilen Flughäfen steht das Problem der kurzfristigen Lärm-

spitzen im Vordergrund. Lärm - besonder* Spitzen, die immer wieder über de m Grundgeräuschpegel liegen - ist eil Streßfaktor.

Streu macht krank und ist wesentlich für die Zunahme von Zivilisationskrankheiten, wie zum Beispiel Herzinfarkt und Magengeschwüre, mitverantwortlich. Kinder in Lärmregionen fallen auch durch schlechtere Lernerfolge auf.

Menschen, die in der Nähe von Flughäfen leben „sind in der Freizeit seltener daheim und brauchen häufiger den Arzt beziehungsweise deutlich mehr Medikamente", faßt Matthias Stani vom österreichischen Arbeitsring für Lärmbekämpfung zusammen.

Einige Flughäfen übernehmen zwar einen Teil der Kosten für Lärmschutzmaßnahmen in Wohngebieten, die häufiger überflogen werden - sie wirken aber nur, wenn sich die Menschen innerhalb des Hauses aufhal-

ten. Außerdem gelten bestimmte, meßtechnisch fixierte Grenzwerte, damit Geld zugeschossen wird - wer auf Lärm empfindlicher reagiert, hat Pech gehabt.

Zwar bestehen 99 Prozent der Abgase aus Triebwerken aus Wasserdampf und Kohlendioxid, und nur ein Prozent sind Schadstoffe im eigentlichen Sinn (Kohlenwasserstoffe, Stickoxide, Methan, Schwefeldioxid...). Der in großer Höhe abgegebene Wasserdampf erweist sich aber zunehmend als Gefahr für das Weltklima.

Besonders problematisch sind diese Emissionen in Höhen über acht bis neun Kilometer: Die Schadstoffe haben im Vergleich zu niedrigeren Luftschichten eine um den Faktor hundert höhere Lebensdauer. Die Konsequenz: In der Troposphäre reagieren die Schadstoffe zusammen mit

UV-Licht zu dem AtemgiftOzon; eine Atmosphären„etage" höher, in der Stratosphäre geschieht das Gegenteil: Die lebenswichtigeOzonschicht wird abgebaut. Außerdem bildet der emittierte Wasserdampf zusammen mit nie völlig herauszufilternden Schmutzteilchen verstärkt Wolken, wo normalerweise keine sind. Die Folge ist eine Filterung der langwelligen („guten") UV-Strahlung und dadurch langfristig ein Durcheinanderkommen des hochkomplexen Wärmehaushaltes der Erde, der bekanntlich für das Klima verantwortlich ist.

Im direkten Vergleich zwischen Bahn, Flugzeug und Auto zeigt eine Schweizer Studie übrigens, daß Flugzeugreisen über kurze Distanzen (zum Beispiel Wien - Paris) die höchsten Energie- und Emissionswerte bewirken. Das Auto folgt in der Wertung bald dahinter und schneidet auch im Zeitvergleich miserabel ab.

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