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Die Welt - bald ein großes Glashaus?

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Umweltthemen sind längst „in“. Sie wurden politisch relevant, entscheiden Wahlen. Hat sich deswegen die Umweltsituation gebessert? Durchaus nicht. Manches kommt hinzu, anderes wird erst jetzt deutlich. Das folgende Dossier zeigt einige Problembereiche.

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Umweltthemen sind längst „in“. Sie wurden politisch relevant, entscheiden Wahlen. Hat sich deswegen die Umweltsituation gebessert? Durchaus nicht. Manches kommt hinzu, anderes wird erst jetzt deutlich. Das folgende Dossier zeigt einige Problembereiche.

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Ein bisher wenig beachtetes Gas ist ins Zentrum des Interesses gerückt: das Kohlendioxid. Für den Menschen ist es harmlos: Es ist weder giftig, noch explosiv, nicht brennbar oder ätzend. Es ist ein Gas, das Teil des Luftgemisches unserer . Atmosphäre ist. Für Pflanzen ist es sogar ein wichtiger Nährstoff.

Inwiefern ist dieser Stoff nun ins Gerede gekommen? Schuld daran ist die Zunahme seines Anteils an der Atmosphäre.. Seit Beginn der

Industrialisierung, also seit Mitte des vorigen Jahrhunderts, ist die C02-Konzentration von 0,029 auf 0,034 Prozent gestiegen. Das wirkt zahlenmäßig nicht gerade eindrucksvoll (obwohl die C02-Menge in der Atmosphäre immerhin 2,5 Billionen Tonnen ausmacht) und ist deswegen wohl auch die längste Zeit unbeachtet geblieben. Mittlerweile hat sjch aber herausgestellt, daß die besonders in den achtziger Jahren deutlich feststellbare, weltweite Erwärmung zu 50 Prozent auf die erhöhte Menge C02 zurückzuführen ist.

Es entsteht der berüchtigte „Treibhaus-Effekt“: Bestimmte Gase (etwa das CO?) sind zwar durchlässig für die Lichtstrahlung, nicht aber im selben Maß für die Wärmestrahlen. Steigt also die Konzentration dieser Gase, so kann zwar das von der Sonne eingestrahlte Licht in unseren Lebensraum eindringen. Jener Teil des Lichts aber, der in Wärmestrahlen umgewandelt wirdj und jene Wärme, die durch den Menschen erzeugt wird (im Zuge der Nutzung künstlicher Energie), können jedoch nicht ungehindert in den Weltraum zurückstrahlen, sondern werden teilweise reflektiert (siehe Graphik).

Die derzeit auf diese Weise entstandene Erwärmung entspricht bereits einer um ein Prozent intensiveren Sonnenstrahlung (FURCHE 33/1989).

Sollte sich die bisherige Entwicklung ungebrochen fortsetzen, so wäre bis in die Mitte des nächsten Jahrhunderts mit einer Erwärmung der Erdatmosphäre von drei bis neun Grad zu rechnen - mit katastropha-

len Folgen, die im einzelnen gar nicht abzusehen sind.

Am schwersten würde jedenfalls das Ansteigen des Meeresniveaus ins Gewicht fallen: Die Erwärmung würde vor allem in den Polarbereichen der Erde zu besonders starken Temperaturveränderungen führen und damit ein Abschmelzen der Polareiskappen bewirken. In diesen ist jedoch so viel Wasser gebunden, daß sein Freiwerden das Niveau der Weltmeere voraussichtlich um Meter anheben würde. Was das für die flachen Küstenregionen der Welt bedeutet, läßt sich leicht ausmalen.

Worauf ist nun der Anstieg des C02-Gehaltes der Luft zurückzuführen? Bei jedem Verbrennungsprozeß kommt es zur Bildung von C02. Eine fünfköpfige Familie

in Westeuropa produziert etwa jährlich beachtliche 38 Tonnen, wobei rund ein Drittel durch Autofahrten entsteht.

C02 wird einerseits von den Meeren absorbiert, andererseits, wie erwähnt, von den grünen Pflanzen als Nährstoff verbraucht. Allerdings bringt dieser Vorgang nur eine vorübergehende, für die Lebensdauer der Pflanze gegebene Speicherung. Am längsten währt somit die Speicherfunktion des Waldes, da Bäume eine durchschnittliche Lebensdauer von 70 bis 120 Jahre aufweisen. Sobald eine Pflanze aber stirbt und verfault, reagiert der in ihr gespeicherte Kohlenstoff mit dem Sauerstoff der Luft und es entsteht wieder Kohlendioxid.

Auf Dauer darf daher eine über-

höhte Kohlendioxid-Produktion in unserem Lebensraum nicht aufrechterhalten werden, dürfen also die Verbrennungsprozesse nicht im großen Stil zur Energieerzeugung herangezogen werden. Vorübergehend könnte jedoch eine Vergrößerung der Waldfläche eine gewisse Erleichterung schaffen - jedoch funktioniert auch das nur in beschränktem Maße. Denn allein um etwa den jährlichen C02-Ausstoß der Bundesrepublik zu binden, müßte man eine Fläche von der dreifachen Größe dieses Landes mit Bäumen bepflanzen.

Wirklich augenscheinlich wurde das Problem erst in den achtziger Jahren dieses Jahrhunderts. Trotz der Witterungsschwankungen ließ sich ein Anstieg der Durchschnittstemperaturen - weder bei der Luft, noch beim Meer - wegleugnen:

Neueste Untersuchungen in den USA machen deutlich, daß sowohl die Meerestemperatur als auch der Meeresspiegel zweimal so rasch steigen, wie ursprünglich angenommen. Alan E. Strong von der US-Behörde für Ozean- und Atmosphärenforschung stellte einen Temperaturanstieg der Ozeane in den achtziger Jahren um rund 0,12 Grad Celsius und Richard Pettie von der Universität Toronto einen Anstieg des Meeresspiegels von jährlich 0,2 Zentimeter fest.

Insofern ist auch der in jüngster Zeit beobachtete Anstieg des Weltenergieverbrauchs (von 3,7 Prozent im Jahr 1988) ein nicht zu übersehendes Alarmsignal für die Meteorologen, die ihren bisherigen Prognosen Zuwächse von höchstens zwei Prozent zugrundegelegt hatten.

Verstärkt werden die negativen Auswirkungen des erhöhten Energieverbrauchs durch die weltweit zu beobachtende Verringerung der Waldfläche. Hier ist an erster Stelle die Abholzung des immergrünen tropischen Regenwaldes zu nennen, der in manchen Regionen, wie in Südostasien, bereits auf ein Minimum reduziert ist und in anderen, wie etwa in Lateinamerika, derzeit massiv dezimiert wird.

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