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Die Dürrekatastrophe im Urteil der Wissenschaf

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Die Witterung des Frühjahrs und Sommers hat in diesem Jahr eine in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliche, für Wirtschaft und Industrie unerfreuliche Entwicklung gezeigt. War sdion der Winter äußerst streng gewesen und hatte 'uns eine trockene, scharfe Kälte gebracht, so konnten wir wenigstens im Februar reichliche Schneefälle verbuchen. Frühjahr und Sommer, besonders aber der Frühherbst, waren in den meisten Teilen Österreichs und auch des übrigen Mitteleuropa außergewöhnlich trocken. Bis in den Sommer hinein konnten wir noch von den Schneevorräten des. Winters im Gebirge zehren, dann aber machte sich die Trockenheit ■ plötzlich in ihrer ganzen folgenschweren Auswirkung bemerkbar.

Vergleicht man die gefallenen Niederschlagsmengen mit den auf Grund langjähriger Statistik ermittelten Durchschnittswerten, so erkennt man sofort, daß in fast keinem Teil Österreichs diese Durchschnitte auch hur annähernd erreicht wurden. Ja, aus gewissen Gebieten, so dem agrarisch bedeutungsvollen Marchfeld, wurden bis Ende September nur 30 Prozent der Durchschnittsmenge gemeldet. Die Monatsmittelwerte der Temperatur lagen durchwegs beträchtlich über den Normalwerten. Besonders der September hat uns einen Nachsommer gebracht, wie wir ihn seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Die Niederschlagsmenge in Wien betrug im September nur wenig mehr als die geringste je gemessene Menge von acht Millimeter.

In Neusiedl betrug die Zahl der Stunden mit Sonnenschein im September 263, das ist 79 Prozent der überhaupt möglichen Sonnenscheindauer.

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Die Auswirkungen der Trockenheit waren verheerend. Flüsse, Seen und Stauseen zeigten ein tiefes Absinken der Pegelstände. Quellen und Brunnen versiegten und bedrohten die Wasserversorgung. ' Besonders schmerzlich waren die bekannten Störungen in der Elektroenergiewirtschaft. Aber auch andere Wirtschaftszweige, vor allem die Landwirtschaft, waren von der Trockenheit betroffen. Das Ernteergebnis selbst war mit wenigen Ausnahmen geringer als in anderen Jahren, in der Herbstaussaat trat eine Verspätung ein, der Almabtrieb mußte zum Teil vorverlegt werden, vielfach gab es eine vorzeitige Obsternte oder vorzeitigen Obstabfall. Die Herbstpilze blieben gänzlich aus und gewisse Schädlinge der Landwirtschaft hatten ein begünstigtes Wachstum. Eine wissenschaftliche Untersuchung der Ursachen dieser Trockenheit, die einen großen Teil Mitteleuropas betroffen hat, stößt auf große Schwierigkeiten. Nach Ansicht des Meteorologen hat in diesem Jahr d i e Allgemeinzirkulation eine Störung dadurch erfahren, daß in Mitteleuropa nur wenig Tiefdruckgebiete in Erscheinung getreten sind, daß sich in gewissen Teilen Europas immer wieder Hochdruckgebiete eingestellt haben, daß bei uns häufig eine Ostlage herrschte und dergleichen mehr. Aber für die Frage nach den eigentlichen Gründen dieser Störung der Allgemeinzirkulation gibt es keyie völlig befriedigende Antwort. Wohl ist die Möglichkeit einer Änderung des Wärme- und Strahlungshaushaltes der Erde nicht ganz von der Hand zu weisen, auch eine Mitbeteiligung der Sonnenfleckentätigkeit ist nicht ganz abzulehnen. Da aber bei der Schwierigkeit der Strahlungsintensitätsmessungen der Sonnenstrahlung geringe Schwankungen , der Solarstrahlung (und natürlich nur um solche kann es sich handeln) wegen der großen Fehlergrenzen der Beobachtung nicht einwandfrei erfaßt werden können, so läßt sich eine solche Behauptung nur sehr schwer überprüfen. Man kann auch mit statistischen Methoden die Beziehung zwischen Sonnenfleckcn und Trockenperioden untersuchen, das Ergebnis aber sind infolge der zu geringen vorhandenen Beobachtungsreihen nur mehr öder weniger wahrscheinliche Zusammenhänge, die sich für eine zukünftige Vorhersage überhaupt nicht eignen — und gerade das wäre ja das erstrebenswerteste Ziel. Man muß auch bedenken, daß solche Dürreperioden, wie wir sie heuer in Mitteleuropa erleben konnten, nur einen geringen Teil der Erdoberfläche betreffen und die Regenmenge, die u n s in diesem Jahr fehlt, eben anderswo gefallen ist. So dürfte heuer vor allem über dem Atlantischen Ozean erheblich mehr Regen gefallen sein als in anderen Jahren, da bei mangelnder westlicher Windströmung diese Regenmengen eben nicht auf den Kontinent geschafft werden konnten.

Abseits dieser wissenschaftlichen Überlegungen gibt es auch eine Reihe ganz unfachmännischer Vermutungen, die ins Reich der Fabel gehören. So hört man in letzter Zeit immer wieder, daß sich durch die Versenkung der Schiffe im Krieg über dem Meer eine dünne ölschicht gebildet hat, die die Verdunstung des Wassers verhindert oder Zumindestens stark herabsetzt. Es ist wohl richtig, daß schon eine sehr dünne ölschicht genügt, um diesen Zweck zu erreichen. So hatte bei der Entseuchung der Malariatümpel dieses „Absperren“ des Wassers von der Luft große Erfolge. Aber wie soll das bei den Riesenausmaßen des Atlantischen Ozeans möglich sein — und er kommt doch in erster Linie als „Regenlieferant“ für Mitteleuropa in Frage? Wenn wir die Dicke der ölschicht nur mit ein-tausendstel Millimeter annehmen, müßten wir etwa eine Tonne öl pro Quadratkilometer verbrauchen, also für einen 20 Millionen Quadratkilometer großen Ozean, was etwa dem vierten Teil des ganzen Atlantischen Ozeans entspricht, immerhin die beachtliche Menge von 20 Millionen Tonnen öl, die durch die versenkten Schiffe unmöglich frei wurde. Der überzeugendste Gegenbeweis aber ist die Tatsache, daß es auch in diesem Sommer viel geregnet hat, aber eben leider nicht bei uns, sondern in einem anderen Teil der Erdoberfläche.

Ein ^anderes Gerüfht macht die geheimnisvolle Atomenergie 'zum Sündenbock. Ist es nicht möglich — so fragt man —, daß man mit Hilfe der Atomenergie das Wetter beeinflussen kann? Wirkt sich bei der abnormalen Witterung dieses Jahres noch die bei den Atombombenversuchen freigewordene Energie aus?

Dazu ist folgendes zu sagen: So groß auch die Gewalt einer Atombombe er-, scheinen mag, und wie verheerend auch die Auswirkungen an Ort und Stelle sein mögen, verglichen mit den Energien der Atmosphäre und der Sonnenstrahlung ist der Effekt gleich null. Eine großräumige energetische Beeinflussung des Wetters ist also nach dem heutigen Stand der Wissenschaft undenkbar. Daß lokal eine „indirekte“ Beeinflussung der Witterung möglich ist, wenn auch auf eine ganz andere Art, hat man in letzter Zeit aus“ Übersee gehört. Es handelt sich dabei um eine Anregung, zur vermehrten Wolkenbildung und damit • Regentätigkeit durch Ausstreuen von Kohlensäureschnee vom Flugzeug aus über eine flache Wolkendecke. Die Erfolge, die damit erzielt wurden, sind tatsächlich eindrucksvoll. Hier ist aber die „Beeinflussung“ des Wetters nicht energetisch erfolgt, sondern es wird nur ein gleichsam labiler Zustand angeregt, beziehungsweise ein Effekt zur Auslösung gebracht. « •

Mit der Dürrekatastrophe dieses Jahres stehen alle diese Überlegungen in keinem Zusammenhang. Ihre Ursachen sind, wie anfangs dargestellt, vermutlich in einer Störung der Allgemeinzirkulation zu suchen, für dje wieder extraterrestrische Erscheinungen, wie Sonnenflecken oder ähnliche, verantwortlich sein können. Der Mechanismus dieser Beeinflussung aber ist, wenn diese Art der Beeinflussung überhaupt zutrifft, mangels tieferer wissenschaftlicher Erkenntnisse keineswegs zu überblicken.

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