7058892-1991_28_05.jpg
Digital In Arbeit

Eisenbahner müssen rechnen lernen

Werbung
Werbung
Werbung

„Aus Verwaltern werden Kaufleute". Unter diese Devise stellt Verkehrsminister Rudolf Streicher die letzte Etappe zur Reform der defizitären Bundesbahnen. Als ersten Schritt hatte Streicher vor zwei Jahren Einsparungsmöglichkeiten in der Bahnverwaltung aufspüren lassen. In einer zweiten Weichenstellung wurde die ÖBB-Organisation neu geregelt. Die Bundesbahnen wurden in die Geschäftsbereiche Absatz und Infrastrutkur aufgeteilt, um die zu starke Zentralisierung und Mehrgleisigkeit bei Entschei-dungsprozessen aufzuheben.

Der letzte Schritt ist nun die Novellierung des ÖBB-Gesetzes aus 1969. Die wesentlichen Punkte dieses neuen Gesetzes, das kürzlich präsentiert und zur Begutachtung ausgesendet wurde, sind:

- Die Bundesbahnen werden aus dem Budget ausgegliedert und in ein Unternehmen mit eigener Rechtsperson-lichkeit umgewandelt. Die Rechtsform ist ein Mischung aus AG und GmbH. Die Geschäfte führt in Zukunft ein fünfköpfiger Vorstand, die massive Mitverwaltung der Personalvertreter wird abgeschafft. Der Verkehrsminister darf regional- und umweltpolitische Kompetenzen geltend machen, insgesamt soll sein Einfluß aber geringer werden.

- Über die gemeinwirtschaftlichen Aufgaben werden jährliche Preisverhandlungen mit der Regierung geführt. Die bisherige Praxis der ÖBB, die Kosten für Sozial- und Subventionstarife sowie Ausgaben für den Nahverkehr einfach in Rechnung stellen zu dürfen und der Finanzminister begleicht sie aus dem Steuertopf, wird abgeschafft. Streicher rechnet mit einem .jährlichen betriebswirtschaftlichen Druck auf den Vorstand. Ich erwarte mir dadurch eine mindestens zehnprozentige Kosteneinsparung". Das wären ein bis 1,5 Milliarden Schilling jährlich.

- Weiters wird die staatliche Genehmigungspflicht für Tarife abgeschafft.

- Die Pensionen werden aus dem Unternehmen ÖBB ausgegliedert und vom Bund getragen.

Außerdem kündigte Streicher eine Weisung an die neue ÖBB-Führung an. Wer ab 1992 als Eisenbahner beginnt, soll einen Angestellten- und nicht wie bisher einen Beamtenstatus erhalten. Damit verliert der zukünftige Eisenbahner auch den Anspruch auf geltende Priviliegien wie den Pensionseintritt mit 54 Jahren. Die Rechte der alten Belegschaft bleiben allerdings unangetastet, betonte der Verkehrsminister.

Offen blieb allerdings, mit wieviel Grundkapital die zukünftigen eigenständigen Bundesbahnen vom Staat ausgestattet werden sollen.

Die ÖVP lehnt jedenfalls den Gesetzesentwurf Streichers ab. Es fehlen eine klare Begrenzung der Gesamtsubvention und ein eindeutiger Leistungsauftrag für die Bahn, wird kritisiert.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung