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Klage fuhren statt nur sich beklagen

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Opportunisten können gefährliche Freunde sein. Warum also jetzt das Wort Freundschaft strapazieren, wenn Ächtung der Achtung weicht? Aber so einfach wird es auch dieser Reagan-Administration nicht gelingen, aus den Österreichern Antiamerikaner zu machen.

Die Entscheidung des amerikanischen Justizministeriums, Bundespräsident Kurt Waldheim •auf die „Watch-List“ (siehe Seite 4) zu setzen, ist eine Ächtung, die dem „Privatmann“ gilt und die Republik trifft.

Getroffen und betroffen ist dieses Österreich durch eine Entscheidung, die nach Rache für eine demokratische Wahlentscheidung geradezu riecht. Und das durch jene Vereinigten Staaten, die nebstbei blutigen Diktaturen Unterstützung und blutdürstigen Diktatoren Unterschlupf gewähren. Wem vor solchem Hintergrund die Achtung versagt bleibt, sollte nicht auch noch die Selbstachtung verlieren. Bestürzung in Worten allein wäre als Reaktion inadäquat.

Selbstkritisch gilt es hinzuzufügen, daß es vorerst darum geht, Versäumnisse gutzumachen. Dafür muß Bundespräsident Kurt Waldheim in die Offensive gehen, nicht nur mit dem von ihm angekündigten „Weißbuch“ , das seine entscheidenden Kriegsjahre dokumentieren soll. Wenn es bisher unter seiner Würde war, den Verleumdungen mit rechtlichen Schritten entgegenzutreten, ist er es jetzt der Würde seines Amtes schuldig. Waldheim muß klagen, damit sich erst gar nicht der fatale Eindruck festigen kann, an der Denunziation könnte doch etwas dran sein.

Das ist auch die einzige Chance, die Beweislast umzukehren, die durch die Aufnahme in die „Watch-List“ aufgrund von unbewiesenen Beschuldigungen jetzt bei Waldheim läge.

Es stimmt schon, daß es schwierig ist, amerikanische Medien - Felix Ermacora rät sogar dazu, den US-Justizminister zu klagen — zur Verurteilung zu bringen. Aber was Ariel Sharon 1985 in einem Verleumdungsprozeß gegen „Time“ - das Magazin hat eine Verbindung zwischen ihm und den Massakern in den Palästinenserlagern Sabra und Chatila hergestellt — erreicht hat, muß Waldheim auch gelingen. Zwar wurde das Magazin von böser Absicht — schwer nachzuweisen — freigesprochen, aber das moralische Urteil hat ihn rehabilitiert: „Time“ hat falsche Tatsachen und Verleumdungen verbreitet.

Für das Ansehen kämpfen, nicht um Ansehen betteln: Unter dieser Prämisse wäre eine Mai- Reise von Bundeskanzler Franz Vranitzky nach Washington ein Kniefall, der selbst von der amerikanischen Öffentlichkeit als Desavouierung Waldheims mißverstanden werden könnte.

Waldheim ist nun einmal — kraft seines Amtes — der personifizierte Staat. Und der ist auf USA-Boden — derzeit — unerwünscht.

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