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18 Namen - keine Lösung
Raten Sie einmal, was diese 18 Personen (hier alphabetisch geordnet) miteinander gemeinsam haben: Barbara Coudenhove-Kalergi. Heinz Fischer, Marilies Flemming, Egmont Foregger, Viktor Frankl. Gertrude Fröhlich-Sandner, Udo Jürgens, Walter Melnitzky, Alois Mock, Hugo Portisch, Erwin Ringel, Maria Schaumayer, Karl Schwarzenberg, Ludwig Steiner, Rudolf Streicher, Franz Vranitzky, Kurt Waldheim und Helmut Zilk.
Richtig: Sie alle wurden emsthaft als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl 1992 ins Spiel gebracht. Frohnaturen schließen aus dieser großen Zahl auf das bedeutende Potential von Führungspersönlichkeiten, über das Österreich verfügt. Zur Besorgnis neigende Naturen fürchten eher um die Autorität des Amtes, das die Phantasie dermaßen sprießen läßt. Sollte da nicht wirklich bald Klarheit geschaffen werden?
Für viele Österreicher besteht kein Zweifel, daß der amtierende Präsident noch einmal antreten sollte. Die international gegen ihn erhobenen Vorwürfe sind in ihrer Substanz zusammengebrochen: Waldheim war kein Kriegsverbrecher, kein rabiater Nazi, kein Menschenschlächter, auch kein Schreibtischtäter. Er hat sich durch NS-Zeit und Krieg durchgeschlängelt, hat weggehört und weggesehen, seine Haut gerettet und hinterher darüber nicht mehr gern geredet - wie viele andere auch.
Vielen genügt eine solche Biographie als Qualifikation für das höchste Amt im Staat nicht.
Ihnen kann man entgegenhalten, daß die Waldheim angetanen Gemeinheiten der letzten Jahre mehr als genug der Sühne waren: Kein Zweiter hätte ohne inneren Zusammenbruch die Last ertragen. Und er war ein ordentlicher Bundespräsident: kein falscher Zungenschlag mehr nach der Wahl, väterliche Mahnungen, Heimholung von hundert Österreichern aus Saddams Geiselhaft...
Was aber geschieht, wenn Waldheim noch einmal kandidiert, ist auch klar: neuerliche tiefe Spaltung des österreichischen Volkes, neue Schlammfluten im Wahlkampf, wieder leidenschaftliche Entzweiung quer durch Familien, Parteien, Freundesrunden. Außerdem: Fortdauer der internationalen Ächtung - aus Feigheit und Opportunismus jener Staatsmänner, die ihm Opportunismus vorwerfen. Um die EG-Mitgliedschaft bringt uns auch Waldheim nicht -aber um Selbstachtung, nationale Würde, innere Sicherheit.
Noch einmal sechs Jahre Waldheim, das sind noch einmal sechs Jahre ständiger Peinlichkeiten mit der internationalen Diplomatie und in der österreichischen Politik. Und ganz nebenbei: endgültige innere Spaltung der ÖVP. die ihn einst auf den Schild hob und durch alle Schlachten trug.
Der alte Herr in der Hofburg wird das alles sich, seiner Familie und seinem Land nicht antun.
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