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Achtung für den Staat in Person

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Am 8. Juli wird Kurt Waldheim vor der Bundesversammlung angelobt. Das ist ein Staatsakt und keine politische Kundgebung.

Das hat man vor Augen, wenn Ronald Lauder, der Botschafter der Vereinigten Staaten in Österreich, Mamas Geburtstag der An-' gelobung des österreichischen Staatsoberhauptes vorzieht, vielleicht sogar froh, seine politische Karriere nicht durch diplomatische Präsenz belasten zu müssen. Daß er jetzt doch zwei Tage später zum Empfang kommen will, verbessert die Optik, nicht den Gesamteindruck.

Die Abwesenheit ist kein Affront gegenüber Kurt Waldheim, sondern ein Zeichen der Geringschätzung unserer Republik und ihres plebiszitär legitimierten Repräsentanten.

In diese Kategorie fällt auch Ralf Dahrendorfs Absage für die Eröffnungsrede bei den heurigen Salzburger Festspielen. Eine Liberalität ohne Toleranz, erst recht ohne Respekt vor einer demokratischen Wahlentscheidung der Bürger, ist bedauernswerter als die Absage. Denn „der Liberale wendet sich nicht gleich ab, wenn ihm etwas nicht gefällt“ (Dahrendorf).

Und wenn sich heute noch Abgeordnete zum Nationalrat mit dem Gedanken tragen, sich mit windigen Ausreden vor der Teilnahme am Staatsakt zu drücken, mißverstehen sie nicht nur die Angelobung als politische Kundgebung, sondern versagen dem höchsten Amt im Staat die Achtung. Das würde schlechte Verlierer als schlechte Demokraten ausweisen.

Weil sich dieses Blatt kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es um eine kritische Auseinandersetzung mit Norbert Steger geht, sei jene Korrektheit zitiert, die er in die Diskussion eingebracht hat: daß Kurt Waldheim „den Respekt erfahren soll, der ihm zukommt, weil er dieses Amt für die Republik ausübt“.

Für die Republik, nicht nur für jene, die ihn gewählt haben. Das müssen alle zur Kenntnis nehmen, ob sie nun Adolf Frohner, Alfred Hrdlicka, Peter Turrini -seltsam genug, daß sich ein Stek-kenpferdreiter des Antiamerikanismus in einer Betrachtung mit dem US-Botschafter findet — oder auch Fritz Muliar heißen.

Wähler als „geistige Armutsch-kerln, um nicht zu sagen Kretins“ (Muliar) zu beschimpfen, den Wahlerfolg Waldheims mit „immer wiedergekauten Phrasen von sogenanten christlichen Werten“ zu verhöhnen; blinder Widerwille gegen einen Mann? Gegen den Mann, der kraft seines Amtes unsere Republik personalisiert?

Niemand könne einen Sozialisten verpflichten, Waldheim zu lieben oder seinen Ansichten zu applaudieren, meinte Peter Schieder. Aber über den zähneknirschenden Respekt hinaus ist Achtung gefordert, die der personifizierte Staat verdient. Und das ist unser Staat.

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