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Party-Logik

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Wenn man sich die Frage stellt, warum eine Party „Party“ heißt, könnte man sich mit einer ähnlichen Antwort begnügen, wie die des Rabbis, als ihn einer seiner Jünger fragte, warum Nudeln „Nudeln“ heißen: „Sehen sie nicht wie Nudeln aus? Schmecken sie nicht wie Nudeln? Warum sollen sie dann nicht Nudeln heißen?“ Die Neugier und der Forschergeist lassen einem jedoch keine Ruhe.

Schauen wir uns die verwandten Wörter an: „Partie“ bedeutet einen Posten von wenig begehrter Ware, die man billig kaufen kann, oder umgekehrt, Männer und Frauen, die als Ehepartner begehrt sind. Eine Partei ist ein Zusammenschluß von Menschen, die sich gegenseitig unterstützen, um politische Macht zu erreichen und dann gute Posten untereinander verteüen zu können. „Part“ — der den Kern all dieser Wörter büdet-bedeutet „Teil“ oder, .Rolle“.

„Party“ enthält einen Part von jedem dieser Begriffe. Man geht zu einer Party, um da seine Rolle zu spielen, sich so darzustellen, wie man gesehen werden möchte. Übrigens, die Tatsache, daß man eingeladen wurde, beweist, daß man eine gewisse Rolle in der Gesellschaft, zumindest aber in einem gewissen Kreis spielt.

Wie in eine Partei, lädt man zu einer Party Leute ein, die man ge-sellschaftlich unterstützen will oder bei denen man Unterstützung sucht.

Das Wort „Party“ kam ins Deutsche aus dem Amerikanischen, ist jedoch laut Wörterbuch französischer Abstammung — von „parti“, das heißt „geteüt“. Dies scheint auf den ersten Bück ein Widerspruch zu sein, denn eine Zusammenkunft soll doch Menschen vereinen, und nicht teüen — es stimmt jedoch haargenau.

Schon bei der Vorbereitung der Party, wird die ganze Menschheit in zwei ungleiche Gruppen geteüt: in Leute, die man einlädt, und solche, die man nicht einlädt. Die Eingeladenen teüen sich dann in solche, die man gerne einlädt, jene, die man einladen muß, und Leute, bei denen man geteüter Meinung ist, ob man sie einladen soUte. Die gerne Eingeladenen teilen sich wiederum danach, ob sie kommen oder nicht — die ungern Eingeladenen kommen allerdings alle.

Während der Party teüen sich die Gäste in solche, die sich untereinander kennen, sich also dann zusammenhocken und miteinander reden, und jene, die man nicht kennt—mit denen kommt man bei einer Party nur in Ausnahmefällen ins Gespräch.

Zum Ende gibt es bei der Party unter den Gästen so viele Teilkategorien, daß man nicht aUe aufzählen kann. Allein die Differenzierung nach Grad und Art der Alkoholisierung: Manche werden im Schwips lustig und geseUig, manche allzu lustig und allzu geseUig, andere wiederum besinnen sich auf die Sinnlosigkeit des' Lebens; die einen gefährden durch ihren Rausch nur ihren eigenen Wagen und ihr eigenes Leben bei der Heimkehr, die anderen gehen so weit, daß sie die Teppiche der Gastgeber gefährden; noch andere bleiben den ganzen Abend lang so widerlich nüchtern, daß sie sich selbst aus der Geselligkeit ausschließen.

Wir sehen also, daß der Name „Party“ mit Recht von „geteüt“ abgeleitet wird. Es kommt nicht so sehr darauf an, wen man einlädt, sondern auf diejenigen, die man nicht einlädt, von denen man sich somit abhebt.

Trotzdem, sind Parties kerne aristokratische, sondern eine demokratische Einrichtung. In vornehmer GeseUschaft ersetzen sie die einstigen teuren Empfänge und Hausbälle. Die Kostenminderung mildert die Exklusivität. Für Menschen, die nie Bälle veranstalten konnten, ist eine Party doch um einige Stufen vornehmer als ein einfacher geselliger Abend, schon vom Klang des Wortes her.

Für die ganz exklusiven Parties, zu denen niemand Zutritt hat, dessen Name nicht an irgendeiner Börse notiert ist — und sei es an der Börse der Eitelkeiten —, müßte man eine neue Bezeichnung finden. Da dort beim Partygeplauder — pardon, beim smaU talk —, schon mal so nebenbei einige Pöstchen und einige Milüönchen verschoben werden, könnte man statt des französischen Wortes für Teilen „partir“ das lateinische „divide-re“ nehmen.

Die Geselligkeit könnte dann „Dividende“ heißen, was ihren Reiz zweifeüos erhöhen würde.

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