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Spiegelgefechte mit den Abfangjägern

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Als mich der Generalsekretär der ÖVP, Sixtus Lanner, am 12. März in Straßburg, wo ich einen Südtirol-Fall zu vertreten hatte, anrief und mir mitteilte, daß ein hohes Parteigremium am Vorabend den Beschluß gefaßt habe, die Frage des Ankaufes von sogenannten Abfangjägern zurückzustellen, blieb mir buchstäblich der Atem weg.

1976 hat der Landesverteidigungsrat durch alle im Parlament vertretenen politischen Parteien beschlossen, daß die Notwendigkeit von Abfangjägern für die Wahrung der österreichischen Lufthoheit bestehe. Und nun weicht man von diesem Grundsatzbeschluß ab?

Aber die spätere Parteiaussendung beinhaltete auch einen Hoffnungsschimmer: wenn man einen Finanzierungsplan vorlege, werde man über ihn reden. Das als Vorbemerkung.

Worüber muß man sich im klaren sein? Ist ein Abfangjäger notwendig, was ist er überhaupt? Der Abfangjäger ist ein Überschallflugzeug, das imstande ist, einen Luftraum rasch zu durchfliegen und jedes fremde Flugzeug, will dieses nicht seine Zerstörung riskieren, zum Abdrehen und zum Verlassen des Luftraumes zu zwingen. Allenfalls hätte ein Abfangjäger auch Gewalt anzuwenden.

Gibt es keine Abfangjäger, dann scheint mir, wann auch immer, der österreichische Luftraum strategisch so interessant zu sein, daß man ihn nützen will, und daß sich dann aber andere Mächte für die Sicherung des österreichischen Luftraumes „interessieren“.

Würde die österreichische Politik darauf ausgerichtet sein, so geriete Österreichs Stellung in eine Krise. Die Neutralität wäre unglaubwürdig.

Wer das nicht begreift, kennt entweder die strategische Lage Österreichs nicht oder er ist gar ein Feind der österreichischen Unabhängigkeit. Das ist nicht so dahingeschrieben, sondern das ist meine feste Überzeugung. Wenn diese Überzeugung in der breiten Öffentlichkeit aber nicht besteht, dann ist sie ein Zeichen des Mangels an politischer Bildung.

Der Landesverteidigungsrat hat - wie erwähnt - im Jahre 1976 den Beschluß gefaßt, zur Verteidigung des Luftraumes sogenannte Abfangjäger anzuschaffen. Bis heute ist der Beschluß nicht verwirklicht. Die Regierung Kreisky war nicht zielstrebig genug, diesen Beschluß in die Tat umzusetzen.

Da gab es zunächst Schwierigkeiten bei der Typenwahl; als man ihr nahe kam, legte man sie beiseite. Dann schlief das Problem.

Im Jahre 1980 hatte sodann zunächst

Verteidigungsminister Otto Rösch die Wehrsprecher vertraulich davon informiert, daß allenfalls jetzt an die Beschaffung von Abfangjägern gedacht werden könne. Die Wehrsprecher haben diese Mitteilung für sich behalten, sie sind nicht in die Presse gegangen.

Aber schon wenige Wochen nach dieser Mitteilung wird Armeekommandant Emil Spannocchi interviewt, der für die Notwendigkeit der Abfangjäger eintritt und bei ihrem Fehlen von einer „neutralitätspolitischen Hölle“ spricht.

Dann nahm Bundeskanzler Bruno Kreisky Stellung; auch er zeigte Bereitschaft für die Beschaffung der Abfangjäger. Im nachfolgenden Landesverteidigungsrat zeigte sich allerdings, daß für die Anschaffung von Abfangjägern keine Vorbereitungen getroffen worden waren - außer jenen, die es schon seit Jahren gab. Die damals ins Auge gefaßten Typen gehören aber bereits zur „absterbenden“ Generation.

Die Regierung, die mit dem französischen Kampfflugzeug „Mirage“ liebäugelt, sah sich zudem einem amerikanischen Konkurrenten gegenübergestellt. Nun liefen vom April 1980 bis heute mehr oder minder rasant geführte Verhandlungen, um die Güte der Typen und die Modalitäten zur Finanzierung kennenzulernen.

In diese Verhandlungen platzte die Mitteilung: die Regierung werde kein Geld haben.

Ich frage mich: Und das weiß sie erst jetzt, nachdem sie die Größe des Projekts zumindest seit 1976 kennen mußte? Daß sie überhaupt kein Geld mehr hat, wurde durch die einschlägigen Wirtschaftsberichte sichtbar.

In dieser Atmosphäre kommt die ÖVP-Aussage: Die Abfangjägerbeschaffung hat keine Priorität vor Arbeitsplätzen!

Was dieses Schlagwort im einzelnen bedeutet, möchte ich nicht analysieren. Wenn aber die Regierung kein Geld hat, gibt es im Nulltarif keine Alternativen an Prioritäten - das scheint mir logisch zu sein.

Aber ob man sich dann, wenn es ein vernünftiges Finanzierungskonzept für Abfangjäger geben sollte, noch immer auf ein Nein zur Anschaffung zurückziehen kann, wird die weitere Frage sein.

Ich persönlich möchte nicht in die Lage kommen, einem Verteidigungsminister, dem ich den Rücktritt nahegelegt habe, weil er sich um die Finanzierung des Verteidigungskonzeptes nicht kümmert, dann, wenn er ein vernünftiges Beschaffungsprogramm für Abfangjäger entwickelt, eine ungeprüfte Absage zu erteilen.

Der Autor ist Wehrsprecher der ÖVP.

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