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Dahinsiechen lassen?

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Nun scheinen die Argumente der Industrie auf den ersten Blick nicht einmal so unplausibel. Aber es ist die Frage, ob die Reorganisation der verstaatlichten Industrie sich nach denkbar idealtypischen Vorstellungen eines gemischtwirtschaftlichen Wirtschaftssystems ausrichten soll, oder ob man hier nicht liberale Ideale über die Erfordernisse der Wirklichkeit hinaus etwas überstrapaziert. Der verstaatlichten Industrie eine hohe Selbstfinanzierungsquote vorzuenthalten, würde sie mit privaten Unternehmungen nicht gleich, sondern schlechter stellen, da diese ja finanziell auch kein anderes Ziel verfolgen und über keine schlechteren Möglichkeiten dazu verfügen, und bedeutet überdies unter den gegenwärtigen Verhältnissen des österreichischen Kapitalmarktes nichts anderes denn eine glatte Aushungerungskur. Und die Bereiche, in denen zwischen verstaatlichter und Privatindustrie Konkurrenzkämpfe stattflnden oder auch nur stattfinden könnten, sind minimal, da selbst bei erweiterten Erzeugungsprogrammen der verstaatlichten Industrie die Programme genauso wie die jeweils angesprochenen Märkte viel zu verschieden sind. Demgegenüber fällt viel schwerer ins Gewicht, daß die Produktspreise verstaatlichter Un ternehmungen für die Privatwirtschaft häufig mehr den Charakter von Kostenbestandteilen derm von Konkurrenzpreisen aufweisen, da ja die Erzeugnisse der verstaatlichten Industrie jenen der Privatwirtschaft in vielen Fällen produktionstech - nisch vorgelagert sind.

„Flurbereinigung“ möglich?

Es stellt sich die Frage, ob man es sich leisten könne, die verstaatlichte Industrie auf Dauer in einem Zustand des langsamen Dahinsiechens zu belassen. Völlig abseits jeder Ideologie, also auch abgesehen von der Frage, ob man nicht mancherorts die Entideologjsierung gerne als Umideologisierung sehen möchte: Einen Untemehmenskomplex vom Umfang der verstaatlichten Industrie einfach aufgeben zu wollen, hätte wachstumspolitisch, koniunkturpoV- tisch und nicht zuletzt auch sozialpolitisch derartige Konsequenzen, wie sie niemand verantworten kann, auch nicht die konsequentesten Libe- ralisten. Wenn aber dieser Weg nicht zu Ende gegangen werden kann, bleibt nur der, den vorhandenen Bestand mit allen Kräften so lange zu bewahren, bis vielleicht doch einmal eine geänderte Situation eine grundsätzliche Flurbereinigung ermöglicht.

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