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Umkehr als Tat

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Der 20. Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover ist am Sonntag mit einer Abschlußkundgebung vor über 90.000 Menschen zu Ende gegangen. Zu den etwa 2000 Veranstaltungen der vergangenen fünf Tage, bei denen die Friedensdiskussion und die Sorge um die atomare Bedrohung der Menschheit immer wieder im Mittelpunkt standen, waren über 150.000 Gläubige nach Hannover gekommen.

Es war die größte Teilnehmerzahl der bisherigen evangelischen Kirchentage. Die Veranstalter dieses „heiteren Kirchentages“ (Kirchentagspräsident Erhard Eppler) berichteten, fast 70 Pror zent der Besucher seien jünger als 25 Jahre gewesen.

Bereits vor dem eigentlichen Auftakt des Kirchentages mit dem Thema „Umkehr zum Leben“ hatten sich mehrere Tausend Menschen am Mittwoch zu einer „Veranstaltung der Besinnung“ im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen bei Celle versammelt. Der erste Höhepunkt des Kirchentages war am Donnerstag die Diskussion über „Um kehr in der Sicherheitspolitik“. Die vor fast 20.000 Zuhörern aufgezeigten Wege zur Entspannung und Abrüstung reichten von der Forderung der totalen Vernichtung aller Waffen bis zum Plädoyer für die NATO als Friedensgarant.

Bei allem Pazifismus unter dem vorwiegend jungen Publikum gab es aber auch Beifall für einen General, als er sagte: „Jeder Soldat der Bundeswehr wünscht mit heißem Herzen Frieden.“ Vorher hatte der SPD-Vorsitzende Willy Brandt bei einer anderen Veranstaltung mit 15.000 Zuhörern „zum Engagement für den Frieden“ aufgerufen.

Daß die Sorge um die Erhaltung des Friedens die Menschen in West und Ost gleichermaßen bewegt, zeigte sich in den Ausführungen von Vertretern christli cher Kirchen aus dem Ostblock. Konsistorialpräsident Manfred Stolpe (Berlin) von der Evangelischen Kirche der DDR äußerte am Freitagabend auf einer Veranstaltung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) Befürchtungen von Christen in der DDR über die Folgen eines möglichen Scheiterns der Abrüstungsgespräche.

Tausende Kirchentagsbesucher stimmten auf einer Veranstaltung am Samstagnachmittag für eine Resolution zugunsten einer „neuen Sicherheitspolitik in Europa“.

In mehreren großen Veranstaltungen ging es am Freitag und Samstag auch um den Freiheitskampf der Völker in den Entwicklungsländern. Rund 7000 Menschen feierten auf dem „Südamerika-Tag“ den argentinischen Friedens-Nobelpreisträger Adol fo Perez Esquivel, als er um-Unterstützung für die Menschen in Lateinamerika bei ihrem Streben nach Freiheit bat. Der Kulturminister von Nikaragua, der Dichter und Priester Ernesto Cardenal, bezeichnete auf einer anderen Veranstaltung unter dem Beifall von Tausenden die Einmischung der USA in die inneren Angelegenheiten seines Landes als „unerklärten Krieg der Reagan-Regierung“.

Eröffnet wurde der 20. Kirchentag mit 88 Gottesdiensten im gesamten Stadtgebiet von Hannover und dem zehnminütigen Läuten aller hannoverischen Kirchenglocken. In seiner Eröffnungspredigt sagte Landesbischof Eduard Lohse von der gastgebenden Landeskirche Hannover, die Umkehr zum Leben fange in jedem selbst an. Wir neigten alle dazu, bei Umkehr eher an andere zu denken. Umkehr zum Leben bedeute insgesamt-Erneuerung. Erneuerung aber bringe wirkliche Veränderung und fordere unsere Taten. Damit könne jeder schon in den kleinen Dingen des Alltags anfangen.

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