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Bestehen in der Freiheit

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Der zwollte Evangelische Kirchentag wurde in diesen Tagen in Köln abgehalten. Flatternde Kirchenfahnen, Wegweisertafeln und Plakate sowie das Läuten der Kirchenglocken und das Choralblasen der Posaunenchöre auf verschiedenen Plätzen gaben der Stadt an den vier Tagen der Veranstaltung, vom 28. Juli bis zum 1. August 1965, ein festliches Gepräge. Die Losung des Kirchentages: „In der Freiheit bestehen“ beherrschte die rund 500 Einzelveranstaltungen. Beim Kölner Kirchentag war manches anders als bei früheren Kirchentagen. Zunächst die im Juni 1964 erfolgte personelle Änderung. Der Gründer und Initiator des Deutschen Evangelischen Kirchentages, DDr. Reinold von Thodden-Trieglaff, bat sein Präsidentenamt aus gesundheitlichen Gründen zurückgelegt und wurde zugleich zum Ehrenpräsidenten ernannt. An seine Stelle ist Doktor Richard Freiherr von Weizsäcker getreten, dem als neuem Präsidenten die Leitung des Kölner Kirchentages, des ersten in seiner Amtszeit, oblag.

Bei der Eröffnung des Kirchentages hat man von einem im Freien abgehaltenen gemeinsamen Festgottesdienst, wie es noch in Dortmund vor zwei Jahren der Fall war, Abstand genommen. Die große Kirchen-tagsgemeinde wurde zur Teilnahme an mehreren Gottesdiensten in den evangelischen Kirchen von Köln eingeladen. Die große Eröffnungsfeier im Müngersdorfer Stadion wurde zum Unterschied von der bisherigen Gepflogenheit, sie unmittelbar an den Eingangsgottesdienst anzuschließen, von diesem zeitlich und räumlich völlig getrennt. Diese Änderung kann im Sinne einer beiderseitigen Entlastung nur gutgeheißen werden. Auch bei der Schlußkundgebung wurde bewußt auf viele Begrüßungsansprachen verzichtet und im wesentlichen alles in zwei Ansprachen zusammengefaßt. Es würde zu weit führen, weitere Neuerungen, wie etwa bei der Aufteilung der Arbeitsgruppen usw., hier aufzuzählen...

Der Kirchentag in Köln wies rund 13.500 Dauerteilnehmer auf. An der Hauptversammlung auf dem Nordfeld des Müngersdorfer Stadions nahmen nach den Berichten der Tageszeitungen 120.000 bis 150.000 Besucher teil. Die meisten ausländischen Besucher waren aus Holland gekommen (280). Österreich stand mit seinen 170 Teilnehmern an vierter Stelle.

Im Mittelpunkt des Kirchentages standen wiederum außer den großen Festgottesdiensten die täglichen gottesdienstlichen Andachten und Abendmahlsfeiern. Der Anbetung und unmittelbaren Wortverkündigung gehörte der erste Platz. An der interkonfessionellen Gebetsandacht in St. Heribert nahm Kardinal Frings, der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Professor DDr. Joachim Beckmann und der evangelische Stadtsuperintendent von Köln, Hans Encke, teil. Auch der Ausklang des Kirchentages am Schluß der Hauptversammlung erfolgte in einer gottesdienstlichen Fonm.

Ein besonderes Augenmerk wurde auch in Köln der Bibelarbeit zugewendet. War doch die Arbeitsgruppe I mit dem Thema „Bibel und Gemeinde“ intensiv beschäftigt. Dazu kam noch die für jeden Arbeitstag vorgesehene Auslegung des Prophetenbuches Jona gleichzeitig in sechs Hallen. Dabei zeigte es sich, daß die Probleme des Ungehorsams des Gottesboten, der möglichen Bußbereitschaft der Welt und der Überwindung der menschlichen Unbarm-herzigkeit durch Gottes Barmherzigkeit auch für unsere ganz anders geartete Zeit von großer Aktualität sind. Die Möglichkeiten einer Kirchen- und Gottesdienstreform wurden in den mit diesen Themen beschäftigten Arbeitsgruppen gründlich besprochen und beraten.

Die Fragen der Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft wurden ebenfalls eingehend im Forum I behandelt. Im Forum II wurden unter dem Thema „Mann und Frau“ die Eheprobleme, die entsprechende Beratung der Jugend und die Verantwortlichkeit der Elternschaft erörtert, wobei auch biologische Fragen bis zur Geburtenbeschränkung zur Behandlung gelangten. Auch Fragen der Politik wurden in nüchterner und sachlicher Weise besprochen. Besondere Aufmerksamkeit aber verdient das im Forum III behandelte Thema: „Juden und Christen.“ „Unsere Verantwortung als Christen für den Staat Israel und den Frieden im Nahen Osten“ lautete das für den dritten Arbeitstag vorgesehene Teilthema. Hier wurde auch vor „heißen Eisen“ nicht haltgemacht und die Politik der deutschen Bundesrepublik dem Staate Israel und den arabischen Staaten gegenüber unter besonderer Berücksichtigung des arabischen Flüchtlingsproblems erörtert.

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