Giotto_di_bondone 2 - © Wikipedia - Franz predigt den Vögeln, Gemälde von Giotto (1297-99)

Adolf Holls "Der letzte Christ": Vom großen kleinen Bruder Franz

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Für Adolf Holl (1930–2020) war Franz von Assisi „Der letzte Christ“. So betitelte er den für die Kirche so prägenden Gottesnarren in seiner Biografie aus dem Jahr 1979. Auch 44 Jahre später zeigt sich:  Holl konnte ein mehr als plastisches Bild des Mittelalters vermitteln.

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Für Adolf Holl (1930–2020) war Franz von Assisi „Der letzte Christ“. So betitelte er den für die Kirche so prägenden Gottesnarren in seiner Biografie aus dem Jahr 1979. Auch 44 Jahre später zeigt sich:  Holl konnte ein mehr als plastisches Bild des Mittelalters vermitteln.

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Sie ist Adolf Holls wichtigstes Buch: Dass die Franziskus-Biografie „Der letzte Christ“ des als katholischen Priester Suspendierten, der aber zeitlebens „die religiösen Sachen zur Hauptbeschäftigung gemacht“ hat, wie Holl im FURCHE-Interview meinte, auch sein umfangreichstes Werk geworden ist, mag kein Zufall sein. Wie aber ist der 1979 erstmals aufgelegte Band 44 Jahre später zu lesen? Die Relecture legt sich auch deswegen nahe, weil in der von Walter Famler und Harald Klauhs herausgegebenen, im Residenzverlag erscheinenden zwölfbändigen Werkausgabe, der „Letzte Christ“ nun in neuer Edition verfügbar ist.

Und man darf resümieren: Adolf Holls Zugang zum „närrischen“ Prediger aus Assisi ist heute wie damals aktuell und liest sich auch nach Jahrzehnten noch flüssig: Holl, der in seinen Büchern als Polyhistor wie als begnadeter Formulierer reüssierte, ist hier einmal mehr in seinem Element. Man spürt immer noch die kecke Ader, mit der er anno 1971 in seinem Erstling „Jesus in schlechter Gesellschaft“ einen Skandal ausgelöst hatte. Aber der katholische Heißsporn ist hier bereits nur mehr im Hintergrund als Pate wahrzunehmen: Franz, so der Duktus der Holl’schen Betrachtungen, ging es um eine radikale Jesus-Nachfolge. Der Tuchhändlersohn aus Mittelitalien nahm das über den Wanderprediger aus Nazaret Berichtete für bare Münze, sodass er sein (kurzes) Leben völlig danach ausrichtete.

Mehr als bloß ein Prediger zu den Vögeln

Wie in „Jesus in schlechter Gesellschaft“ versucht Holl auch im „Letzten Christen“ zu zeigen, wie überfrachtet die Tradition und Rezeption durch Jahrhunderte mit der jesuanischen Botschaft umging; im Fall von Franz garniert er dies mit einem eben heute noch spannend zu lesenden Tableau über das Mittelalter, das in Holls Darstellung weder so fromm noch so gottgefällig war, wie es die Verkitschung späterer Zeiten glauben machte.

In Bezug auf Franz machte dies aus dem großen Armen am Übergang des 11. zum 12. Jahrhundert den harmlosen Prediger zu den Vögeln und Fischen, und Holl schreibt in jeder Zeile gegen diese Verballhornung eines Lebens- und Glaubenszeugnisses an. Der Franziskanertheologe (und Franziskus-Nachfolger) Bonaventura gehört für Holl da zu denen, die das Erbe des Franz in kirchenamtlichem Sinn verbogen haben. Franz von Assisi war dennoch einer, dessen geistliche und geistige Reform innerhalb und nicht außerhalb der Kirche vonstatten ging, worauf Holl immer wieder hinweist.

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