"Nach all den Mühen, die die ökumenische Bewegung innerhalb des letzten halben Jahrhunderts in sich aufgenommen hat, ist ein solch großer Schritt in Richtung einer Trennung der Christen sehr betrüblich." Die Analyse der angesehenen, in England erscheinenden katholischen Wochenzeitung The Tablet bringt die Lage nach der Bischofsweihe von Gene Robinson zum anglikanischen Bischof von New Hampshire auf den Punkt.
Die Konsekration des in einer homosexuellen Beziehung lebenden Geistlichen hat die anglikanische Weltgemeinschaft in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt: Der konservative Flügel der US-amerikanischen Episkopalkirche schäumt, aber noch viel mehr haben anglikanische Kirchen der Dritten Welt angekündigt, die Kirchengemeinschaft aufzukündigen.
Das alles kann niemanden, dem die Ökumene ein Anliegen ist, freuen. Wobei neue Entwicklungen gegen die Einheit der Christen auffällig sind.
Erstens: Der anglikanische Kirchenstreit zeigt eine neue Kluft zwischen Dritter und Erster Welt auf: Hier vitale, stark wachsende, "konservative" - anglikanische - Kirchen im Süden, dort schwache, abnehmende, "liberale" Kirchen im Norden.
Zweitens: Dazu kommt, dass nicht mehr Gottes- und Kirchenbild oder die Leitungs- und Amtsfrage zum Konflikt führen, sondern Fragen der Moral - genauer: der Sexualität - zur Zerreißprobe geworden sind.
Drittens: Man darf nicht glauben, dass die anglikanischen Probleme die katholische Kirche nicht tangieren. Weil Rom ein so strenges Regiment führt, sind die Auseinandersetzungen weniger sichtbar - und verhindern jedenfalls ein Schisma, wie es den Anglikanern jetzt droht. Aber die Konfliktlinien gehen längst mitten durch die katholische Welt: Auch hier steht in einigen Ländern die Frage eines neuen Umgangs mit der Homosexualität längst auf der Agenda.
otto.friedrich@furche.at
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