Die Wirtschaft im Euroraum befindet sich derzeit eindeutig auf Expansionskurs. Aktuelle Daten zeigen jedoch an, dass sich die wirtschaftliche Dynamik nach einem starken Wachstum zu Jahresbeginn im Verlauf des Jahres abschwächen wird. Die aktuelle Prognose des Eurosystems lässt für den Euroraum für heuer ein Wirtschaftswachstum im Bereich von 1,5 bis 2,3 Prozent erwarten. Für das Jahr 2012 wird von einem geringfügig niedrigeren Wachstum ausgegangen. Die europäischen Kernländer haben die Finanz- und Wirtschaftskrise damit überwunden.
Gleichzeitig wirken sich die starken Preisanstiege bei Energie und Rohstoffen spürbar auf die Inflation aus. Die Inflationsprognose für 2011 wurde mit 2,5 bis 2,7 Prozent gegenüber März deutlich nach oben revidiert. Dieser Anstieg geht vor allem auf weltweit gestiegene Energiepreise zurück, der Effekt auf die Inflation läuft jedoch gegen Jahresende aus, sodass die Inflation im nächsten Jahr die Zwei-Prozent-Marke wieder unterschreiten sollte.
Die Leitzinsbeschlüsse des EZB-Rats werden an der Wirtschaftsentwicklung im Euroraum insgesamt ausgerichtet. Budget- und Wirtschaftsprobleme in einzelnen Ländern müssen durch gezielte andere wirtschaftspolitische Maßnahmen gelöst werden.
Vor diesem Hintergrund ist auch die aktuelle geldpolitische Entscheidung zu sehen. Die EZB entschied in ihrer Sitzung vom 9. Juni, den Leitzins unverändert bei 1,25 Prozent zu belassen, hat jedoch klar signalisiert, dass sie auf Anzeichen steigender Inflationsgefahren mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln reagieren wird. Gleichzeitig stützt die Geldpolitik damit weiterhin die wirtschaftliche Erholung. Somit agiert die EZB in dem weiterhin unsicheren Umfeld gemäß ihrem primären Auftrag, für Preisstabilität zu sorgen, berücksichtigt dabei aber entsprechend auch die mittelfristige gesamtwirtschaftliche Entwicklung.
Der Autor ist Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank
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