Gerechtigkeit sticht Eigennutz

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Das Buch "Neue Werte für die Wirtschaft" von Attac-Österreich-Mitbegründer Christian Felber skizziert eine Alternative zum Kapitalismus.

Globalisierungskritiker werden oft als Illusionisten belächelt. Auch Weltverbesserer und Gutmenschen sind gängige Bezeichnungen für Menschen, denen das derzeit übliche Wirtschaftssystem genügend Anlass zu Sorge gibt. Christian Felber, Autor des Buches "Neue Werte für die Wirtschaft" und Mitbegründer des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac-Österreich, ist so ein Kritiker, der Fragen stellt und gängige Werte und Sachzwänge hinterfragt. Für ihn ist der Konsum von Waren in der ökonomisierten Gesellschaft zur Volksdroge geworden. Er beschränkt sich aber nicht auf das Jammern und Lamentieren, sondern sucht nach Lösungen wie die Ökonomie menschlicher gestaltet werden kann. Bereits mit seinem Werk "50 Vorschläge für eine gerechtere Welt" schrieb er "gegen Konzernmacht und Kapitalismus" an. So erfolgreich, dass die "50 Vorschläge" wochenlang in den Bestsellerlisten des Landes vertreten waren.

In den "Neuen Werten" geht es vor allem um das Hinterfragen des Kapitalismus und der Suche nach einer neuen Wirtschaftsform, die nicht Kommunismus heißt, und in der vor allem der Mensch und sein Glück im Mittelpunkt stehen.

Einer von Felbers Hauptkritikpunkten ist, dass das Konzept des Leistungsträgers "in seiner heutigen Bedeutung ein diskriminierendes und im Kern faschistoides und sexistisches Konstrukt" ist. "Es dient der Zementierung patriarchaler und ökonomischer Machtverhältnisse." Weiter kreidet er an, dass sich die Werte der Wirtschaft von den Lebenswerten, die die menschlichen Beziehungen prägen, unterscheiden. "Stellen Sie sich vor, zwischen Freunden und Verwandten würden alle gewinnorientiert agieren, miteinander materiell konkurrieren und nur auf ihr eigenes Wohl achten." Gewinnstreben und Egoismus gehören in der Wirtschaft aber zum guten Ton. Diese Diskrepanz ist für Felber problematisch, denn "wer hat nicht die Erfahrung gemacht, dass Großzügigkeit zu weiterer Großzügigkeit anstiftet." Warum soll also nicht auch eine Wirtschaftsform möglich sein, in der nicht das Streben nach mehr Geld und der Eigennutz groß geschrieben werden, sondern das Gemeinwohl und das Glück jedes Einzelnen, das nicht nur monetärer Natur sein muss.

Der größte Teil des Bandes widmet sich den gängigen Meinungen und Klischees aus der Welt der Wirtschaft, so werden u. a. Freiheit, Erfolg oder Wettbewerb eines nach dem anderen durch die Felber'sche Brille betrachtet, auseinandergenommen und neu zusammengesetzt. Teilweise gleitet der Autor ins Polemische ab, bringt aber meist eine fundierte Argumentationen vor, deren Quellen auch angeführt werden. Dennoch erwecken die vielen Fußnoten nicht das Gefühl, sich durch einen trockenen wissenschaftlichen Text durchzukämpfen. Dafür sorgen so griffige Aussagen wie: "Bei den achtzig DAX- und MDAX-Unternehmen ist die Testosteronkonzentration noch höher: 414 der 419 Vorstände tragen Penis."

Als Abschluss des Buches skizziert Felber seine Idee einer gerechten Wirtschaftsform, in der nicht das Einzelinteresse - das nach der landläufigen Theorie zum Wohle aller führt -, sondern das Gemeinwohl das oberste Ziel ist. Privatwirtschaftliche Unternehmen sollte es weiterhin geben, jedoch in einem rechtlichen Rahmen, der sich stark von den derzeitigen Regelungen unterscheidet. So wären Betriebsgrößen und Gehälter nach oben hin begrenzt und Gewinnausschüttungen an Eigentümer verboten. Zentrale Aussage Felbers ist, dass nicht das Streben jedes Einzelnen nach Geld und Macht alleiniger Motor für die Wirtschaft sein muss. Auch das Gemeinwohl kann die Triebfeder der Wirtschaft sein, ohne dass dies zu einer kommunistischen Gesellschaft führt.

Das Buch wird nicht nur Gutmenschen gefallen/unterhalten, da es sehr viele Denkanstöße enthält. Es definiert die Wirtschaft nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel auf dem Weg zu einer gerechteren Welt. Dieser Ansatz besitzt Charme.

NEUE WERTE FÜR DIE WIRTSCHAFT -

Eine Alternative zu Kommunismus und Kapitalismus. Von Christian Felber,

Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, Wien 2008. 336 Seiten, flex. geb., € 20,50

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