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JOSEF TAUS / AUSSERHALB DES SCHEMAS

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Hat man schon einmal von einem führenden Politiker gehört, der — in den eigenen Reihen beliebt, beim Gegner angesehen, von der Presse geradezu umschwärmt — weder aus Alters-, noch aus Gesundheitsgründen, noch von irgendwelchen Fallstricken der üblichen politischen Intrigen gestürzt, die

Politik an den Nagel hängt und aus der Regierung, in die er vor knapp einem Jahr berufen wurde, ausscheidet? Ein solcher Politiker wäre die Ausnahme von der Regel. Staatssekretär Dr. Josef Taus wird Ende März von seinem Regierungsposten scheiden und voraussichtlich in die Girozentrale zurückkehren — er ist die große Ausnahme. Nur „nebenberuflich“ wird er sich in Zukunft als ÖIG-Aufsichtsratspräsident der Verstaatlichten Industrie widmen, deren Neuordnung das Ergebnis seiner Tätigkeit in der Bundesregierung ist.

Das „Regierungsbaby“ — Taus wird in einigen Tagen, am 8. Februar, seinen 34. Geburtstag feiern — kann bereits auf eine außergewöhnliche Karriere zurückblicken. 1951 kam der gebürtige Wiener als Werkstudent an die juridische Fakultät der Universität Wien, promovierte 1955 und beschäftigte sich schon sehr früh intensiv mit Fragen der Volkswirtschaft und der Finanzwissenschaft. Einige Semester ergänzende Studien an der Hochschule für Welthandel und die einjährige Gerichtspraxis schlössen die Ausbildung von Dr. Taus ab, der nebenbei noch Zeit fand, die Hochschulmeisterschaft im Brustschwimmen zu gewinnen und als Schwimmlehrer tätig zu sein. Die Wirtschaftsredaktion der „Wiener Zeitung“ war Taus' nächste berufliche Stufe; es folgte die Berufung in das österreichische Institut für Wirtschaftsforschung, von wo Taus 1958 in die Girozentrale übersiedelte. Hier wirkte er als Prokurist und Direktionssekretär, wurde zum Geschäftsführer der Sparinvest-kapitalanlagen-Ges. m. b. H. bestellt und stand zwischen 1960 und 1963 dem Bundesministerium für Finanzen als Konsulent zur Verfügung. Im Institut für Sozialpolitik und Sozialreform und in der Katholischen Sozialakademie war und ist er ein bewährter Mitarbeiter; mehrere Beiträge im „Katholischen Soziallexikon“ der Sozialakademie kommen aus seiner Feder.

Im April 1966, als die ÖVP mit dem Ruf „Fachleute heran“ die Regierung bildete, wurde Taus als Staatssekretär in das Verkehrsministerium berufen. Seine besondere Aufgabe im Kabinett sollte die Neuorganisierung der Verstaatlichten Industrie sein. Daß die Wahl des Kanzlers auf Taus fiel, gilt heute allgemein als besonderer Glücksfall — weil Taus bewiesen hat, daß er nicht nur über fachliches Können verfügt, sondern weil er dieses mit politischem Geschick zu politischen Ergebnissen verwerten kann. Er paßt nicht in das Schema der Vorstellungen, die man sich hierzulande von einem Politiker macht, und ist dennoch Vollblutpolitiker; das hat ihm den Erfolg ermöglicht, der ihn jetzt zur Rückkehr in die Wirtschaft veranlaßt.

Josef Taus (Freunde nennen ihn einen leidenschaftlichen Straßenbahnfahrer und behaupten, außer Lesen habe er keine Hobbys) wird also in der nächsten Zeit ein wenig vom Rampenlicht der Politik zurücktreten. Doch vielleicht brauchen wir, braucht Österreich noch einmal nicht nur den Wirtschaftsfachmann, sondern auch den Politiker Josef Taus.

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