Ein "Weiter so" genügt nicht mehr

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Immer mehr, immer flinker, immer zielorientierter. In rasendem Tempo verändern sich die neuen Technologien. Und mit ihr die Arbeitswelt, die soziale Situation der Menschen und das Verständnis für bisher verbindliche Werte. Ist die katholische Soziallehre als sozialpolitische Vision angesichts der dramatischen Veränderungen überhaupt noch brauchbar? Oder müssen nicht die von ihr besetzten Begriffe und Inhalte, Normen und Leitsätze über "die Würde des Menschen in Arbeit und Gesellschaft" kritisch hinterfragt, neu durchdacht und anders definiert werden?

Die Herausgeber des Sammelbandes "Was bleibt an sozialer Gerechtigkeit?", Matthias Tschirf, Helmut Wohnout und Karl Klein, sind jedenfalls überzeugt: Die aktuellen Umbrüche verlangen nach neuen sozialen Ansätzen, die bislang noch keine Berücksichtigung in der katholischen Soziallehre gefunden haben. Sie habe sich 1989 durch den Fall des Eisernen Vorhangs als Gegenkonzept und Antiposition zum Kommunismus abgenützt und provoziere heute im Grunde kaum noch jemanden. "Wichtig erscheint uns", betont Herausgeber Matthias Tschirf, "über die alten Schlagwörter hinauszugehen und eine neue Diskussion über die aktuellen Aufgaben und die zugrundeliegenden Werte der katholischen Soziallehre zu führen. Das positive Echo, das wir von allen Seiten erhielten, ermutigte uns, einen vielfältigeren Diskurs sowohl auf wissenschaftlicher als auch politischer Ebene zu führen, als dies bisher geschehen ist."

Ein einfaches "Weiter so" reicht also nicht mehr. Im Mittelpunkt einer neuen katholischen Soziallehre muss mehr denn je der Mensch stehen. Österreich ist umso solidarischer, so der Grundtenor des Buches, je mehr sich Solidarität auf drei Ebenen herausbildet: auf der persönlichen, der zivilgesellschaftlichen und der politisch-sozialstaatlichen Ebene. Eine Verpflichtung für den Bürger - aber auch und gerade für die Regierung.

Im ersten Teil des Buches beleuchten die Autorinnen und Autoren aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Wissenschaft, Journalismus und Kirche die Entstehungsgesschichte der katholischen Soziallehre und stellen den Konnex zu aktuellen Problemen und Fragestellungen her. Im zweiten und dritten Abschnitt geht es um die praktischen, geänderten Arbeitsverhältnisse und die Konsequenzen daraus für Sozialversicherungen, Pensionen, Familien et cetera. Der vierte und fünfte Abschnitt sind den Themen Menschenrechte, Subsidiarität und Regionalismus gewidmet. Ideen zur politischen Praxis runden die interessante Konfrontation der katholischen Soziallehre mit der aktuellen, von vielen als bedrückend empfundenen Gegenwart ab. E.T.

Was bleibt an sozialer Gerechtigkeit? Gesellschaft und Katholische Soziallehre im neuen Jahrtausend Hg. von Matthias Tschirf, Helmut Wohnout, Karl Klein; Verlag Österreich 2000; 288 Seiten, öS 398,-/e 28,92,

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