Im höchsten Maß gefühlvoll

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Der russische Geiger Vadim Repin wird von seiner Plattenfirma groß herausgebracht.

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Der russische Geiger Vadim Repin wird von seiner Plattenfirma groß herausgebracht.

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Die letzten Takte noch einmal" schnarrte die Stimme aus dem Lautsprecher. Seufzend ließen die Musiker ihre Instrumente sinken. "Straßenbahn?", erkundigte sich Dirigent Yehudi Menuhin. "Ja, Straßenbahn", erwiderte der Tonmeister aus seinem Kämmerchen. Unter eher ungewöhnlichen Aufnahmebedingungen spielten im Oktober vorigen Jahres Geiger Vadim Repin und das Wiener Kammerorchester unter der Leitung von Menuhin drei Violoinkonzerte von Mozart ein. Im Abstand von zehn Minuten rumpelten die Wägen der Wiener Tramwaylinie 37 am Aufnahmeort vorbei, dem Casino Zögernitz, was den empfindlichen Mikrofonen im Saal nicht entging.

Auf der soeben erschienenen CD ist von der lästigen Straßenbahn freilich nichts zu hören. Umso mehr kommt der Hörer in den Genuß einer stimmigen Interpretation in einem, dank Menuhins meisterlicher Hand, abgerundeten Ganzen. Stets ist Repins Spiel lieblich im besten Sinn, auch bei den schwierigsten Solostellen und dem kraftvollsten forte bleibt es im höchsten Maß gefühlvoll. Die Töne, die er seiner Stradivari entlockt, gehen direkt ins Herz.

Dem 25jährigen Russen steht eine große Karriere bevor, denn seine Plattenfirma - Erato/Warner - beabsichtigt, den jungen Russen zu einem ihrer großen Stars aufzubauen, dem glänzenden Geiger einen glanzvollen Namen zu geben. Aufnahmen mit Werken von Schostakowitsch, Prokofieff, Tschaikowsky, Ravel und Sibelius - zum Teil preisgekrönt - lagen schon vor; nun war Mozart an der Reihe, französische Komponisten werden folgen und vielleicht einmal auch Schubert, der Repins Lieblingskomponist ist. "Daß ich mit russischen Komponisten begonnen habe, ist eigentlich ein Zufall", sagt Repin, der in Novosibirsk geboren wurde. Zum erstenmal trat er im Alter von sieben Jahren mit Orchester auf, mittlerweile hat er unter vielen namhaften Dirigenten und mit bedeutenden Orchestern musiziert. Höhepunkte der letzten Spielzeit waren unter anderem Auftritte mit dem Orchestre de la Suisse Romande und eine Japan-Tournee mit dem St. Petersburger Philharmonischen Orchester.

"Ich habe keine Ahnung, wie Marketing und Management funktionieren. Ich möchte einfach gute Aufnahmen machen", meint Repin. Es ist sein Glück, daß Erato ihn groß herausbringt: In Zeiten, wo der CD-Markt überschwemmt ist, wo viele Werke des Standardrepertoires gleich in mehreren Interpretationen im Umlauf sind, wird es (nicht nur) für junge Musiker immer schwieriger, sich auf CD zu verewigen und sich dadurch bei breiteren Schichten bekannt zu machen, als nur im doch relativ kleinen Kreis der regelmäßigen Konzertbesucher. Repin selbst sieht die Situation optimistisch: "Wer gut ist, schafft es immer. Musikfreunde möchten unter mehreren Interpretationen wählen können und sogar mehrere Interpretationen zu Hause haben. Wenn das nicht so wäre, wäre das Plattengeschäft schon vor 50 Jahren vorbei gewesen."

Mozart, violin concertos nos. 2, 3, 5 Vadim Repin, Violine Wiener Kammerorchester unter der Leitung von Yehudi Menuhin Erato/Warner

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