Lichtspektakel für Wagner

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Beim Linzer Brucknerfest wird am 26. und 28. September die dreidimensionale Visualisierung der Oper "Das Rheingold" uraufgeführt.

Im Jahr 2004 feiert Linz ein zweifaches Jubiläum: 30 Jahre Brucknerhaus und 25 Jahre Ars Electronica - zwei würdige Anlässe für eine mit Spannung erwartete Welturaufführung im Rahmen des diesjährigen Brucknerfestes mit Dennis Russell Davies am Pult des Brucknerorchesters: Am 26. und 28. September wird Richard Wagners Oper "Das Rheingold" in konzertanter Fassung als virtuelles 3-D Bühnenerlebnis gezeigt, wobei die musikalischen Interpretationen der Mitwirkenden direkten, interaktiven Einfluss auf die visuellen Erscheinungen haben, die auf den 850 Quadratmetern schwarzer Projektionsfläche - eine die Bühne und das Auditorium im Großen Saal weitgehend umschließende Panoramaleinwand -, sichtbar werden. 32 Mikrofone und 20 Großprojektoren, ein neuartiges, intelligentes Computersystem, 3-D Brillen für das Publikum und stereoskopische Projektionen machen es möglich. Diesem zukunftsweisenden Experiment auf Initiative des Brucknerhauses ist eine gleichermaßen komplexe wie komplizierte zweijährige Zusammenarbeit zwischen dem Maler und Medienkünstler Johannes Deutsch und den Medienkünstlern des Ars Electronica Futurelab vorangegangen.

Deutsch ist 1960 in Linz geboren, hat ein Postgraduiertenstudium am Städelschule-Institut in Frankfurt absolviert und und widmet sich seit 1987 der Entwicklung und Produktion von Medienkunstwerken: er hatte zahlreiche Einzelausstellungen sowie Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland.

Die Furche: Mit welchem Konzept gingen Sie an die Visualisierung der Oper "Das Rheingold" heran?

Johannes Deutsch: Mir war von Anfang an bewusst, dass ich bei meiner Arbeit einen Inhalt zu visualisieren hatte, also den Figuren der Handlung mit ihren Gefühlen und Stimmungen bestimmte Grundfarben zuweisen musste, die auch für den gesamten "Ring" gelten sollten. Denn in einem visuellen Ambiente sollten sowohl die Orte und Sphären der Götterwelt wie auch die Götter selbst gestaltet werden. Nur mit dem System der Verweis- und Narrationstechnik der Leitmotivik geht das nicht. Alle Motive des "Ring" werden ja bereits im "Rheingold" als ein genialer Vorgriff auf die Geschichte, Musik und Motivik eingeführt. Außerdem haben wir eine permanente Handlung. Also müssen wir dem Publikum als Verkehrsleitsystem die Handlung in Priorität visualisieren. Das heißt, ich musste bei den Farben und Formen genau überlegen, ob ich der Fricka rosarot und dem Wotan blau gebe. Nicht, dass ich später etwas aufgeben muss, weil ich eine Figur habe, die viel eminenter ist. Ich erkannte: Jeder Sänger ist, sobald er in der Oper singt, der Wichtigste. Der Nächste gibt ihm Kontra, macht ihn kleiner.

Die Furche: Ein Beispiel?

Deutsch: Wotan und Fricka stehen auf der Bühne weit auseinander, nähern sich so weit, dass sie ineinander übergehen und eine neue Form entsteht. Oder: Die Riesen nehmen das Gold als Ersatz für Freia, nehmen sie aber vorher als Pfand mit. Plötzlich dehnen sich die Riesen über die 850 Quadratmeter und es wird alles braun. Sie laufen davon. Ganz klein und deprimiert sitzen die Götter da".

Die Furche: Kann das Publikum das erkennen und unterscheiden?

Deutsch: Ja. Das wird in meinem Farbsystem, das den Göttern zugeordnet ist, sichtbar.

Die Furche: Welchen Stellenwert hat Wagner für Sie?

Deutsch: Wagner hat eine grandiose Kunst geschaffen, die in die falschen Hände geriet und missbraucht wurde. Trotzdem zeigen Musik-, Theater- und Politikwissenschaft, dass sie wie jedes geniale Kunstwerk viele Ebenen hat, auf die ich mich schon stützen möchte. Im übrigen weiß man, dass sich Wagner, der sich aus dem rein Theatralischen nichts machte, so ein Lichtspektakel ganz abstrakt, ohne Kulissen, Kostüme und Gebärdensprache, vorgestellt hat. Vielleicht versuchen wir eigentlich, diese Vorstellung einzulösen. Ich glaube, das Neue in meinen Bildern zu "Rheingold" besteht darin, dass ich versucht habe, direkt mit der Musik dramaturgisch zu arbeiten, das heißt, sie als Regisseur dramaturgisch einzusetzen. Es ist nämlich die Musikdarbietung, die unsere virtuelle Welt steuert. Sie ist die eigentliche Dramaturgie."

Die Furche: Wie werden wohl eingefleischte Wagnerianer reagieren?

Deutsch: In mein Atelier kommen eigentlich nur aufgeschlossene Menschen, und viele sehen in unserem Experiment eine goldene Brücke für das Musikdrama und die Jugend. Für die Wagnerianer wird das vielleicht eine Herausforderung, für uns ein Risiko sein. Aber dieses Wagnis gehen wir ein.

Das Gespräch führte Margret Czerni.

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