Unter Strom: Nikola Tesla in der Literatur
Der geniale Erfinder und Elektroingenieur Nikola Tesla (1856-1943) fasziniert bis heute. Alida Bremer und Jean Echenoz schrieben mit ihren Romanen lesenswerte Hommagen.
Der geniale Erfinder und Elektroingenieur Nikola Tesla (1856-1943) fasziniert bis heute. Alida Bremer und Jean Echenoz schrieben mit ihren Romanen lesenswerte Hommagen.
Es ist ein Mythos von zäher Strahlkraft: Amerika als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Millionen von Europäern folgten diesem Traum, aus politischen, religiösen oder wirtschaftlichen Motiven. Sie suchten ihr Glück jenseits fataler Nationalismen, Not und rigider Traditionen. So auch der Kroate Anton Matijaca und der Italiener Ernesto Chiaro. Die beiden 17-Jährigen gehen 1905 in Triest an Bord eines Ozeandampfers. Emigranten aus der Donaumonarchie also, wie es auch Nikola Tesla war, Antons großes Idol: Der serbische Elektroingenieur kam 1884 nach New York und wurde durch seine Erfindungen weltberühmt.
Magier der Elektrizität
Mit dieser Konstellation eröffnet Alida Bremer ihren ambitionierten Roman „Tesla oder Die Vollendung der Kreise“. Anders, als es der Titel erwarten ließe, nähert sich die in Split geborene Autorin und Übersetzerin Tesla auf Umwegen, nämlich über den Lebensweg des Immigranten Anton. Der verlässt die Heimat, weil er als panslawistischer Eiferer aus dem österreichischen Bildungssystem flog. In Ernesto, einem hochgebildeten Vollwaisen, findet er einen Freund und einen Tutor in vielen Wissensgebieten. Anton macht Karriere als Arzt, nutzt Teslas Hochfrequenztechnik für Therapien und überreicht dem Vorbild seine entsprechende Studie. Ernesto hingegen fühlt sich zum Literaten berufen. Er würdigt Tesla in einem Theaterstück, versehen mit demselben Titel wie Alida Bremers Roman. Der Italiener feiert Tesla als wegweisenden Techniker im Dienste der Menschheit und verbannt all jene, die Tesla um Millionen betrogen (Edison, Westinghouse, Marconi), in neuzeitlich-danteske Höllenkreise.
Nikola Tesla selbst tritt in Bremers Roman kaum direkt auf. Sein Wesen und Schaffen erschließen sich aus New Yorks Medien und Gerüchteküche. So erfährt Anton von Teslas Nöten mit Financiers und Finanzen, seinen Zwängen (alles zu zählen) und Phobien (Mikroben, Haare), seinen Extravaganzen (Luxus auf Kredit) und Marotten (das Hotelzimmer als Taubenspital). Für Schlagzeilen sorgen vor allem die spektakulären Bühnenshows dieses „Magiers“ der Elektrizität. Sie wecken zudem das Interesse der Esoterikszene und die Skepsis wissenschaftlicher Kreise.