Richard Ford - © Foto: Peter-Andreas Hassiepen

Als wär’s ein gutes Land: Richard Fords Amerika-Roman „Valentinstag“

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Frank Bascombe ist zurück. In seinem neuen Roman „Valentinstag“ schickt Richard Ford seinen „Langstrecken­chronisten“ zum fünften Mal über die Seiten.

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Frank Bascombe ist zurück. In seinem neuen Roman „Valentinstag“ schickt Richard Ford seinen „Langstrecken­chronisten“ zum fünften Mal über die Seiten.

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Ein Autor muss seinen Protagonisten schon sehr liebgewonnen haben, wenn er ihm bereits den fünften Roman widmet. Aber Frank Bascombe ist für Richard Ford auch sein beredter Langstreckenzeitzeuge, den er seit beinahe vierzig Jahren, seit 1986, durch allerhand Höhen und Tiefen der US-Mittelstandsgesellschaft geleitet hat. Anfangs war Frank Sportreporter, dann scheiterte er kurzfristig als Schriftsteller, ehe er es als Immobilienmakler zu einem nicht allzu üppig bemessenen Wohlstand gebracht hat.

„In letzter Zeit denke ich öfter als früher über das Glück nach.“ Mit diesem brillanten Eingangssatz eröffnet Ford den neuen Bascombe-Roman. Und tatsächlich: Es geht in dem gesamten Buch um Glück. Um leichtfertig versäumtes wie um noch immer heftig gesuchtes.

Roadtrip von Vater und Sohn

Frank Bascombe ist jetzt 74 Jahre alt und umtriebig wie eh und je. Aber er wird unerwartet eingeholt vom Unglück. Bei seinem Sohn Paul, 47 Jahre alt, hat man die Nervenkrankheit ALS diagnostiziert.

Frank muss sich fragen: Wie weitermachen mit einer solchen Diagnose? Wenn alle Zeichen auf Dunkelheit, Abschied, Verlust stehen? Wie den Sohn schützen, vor dem Aufgeben und der Verzweiflung? Können Götter helfen? Frank Bascombe liest, wie er behauptet „zum Einschlafen“, einen übel beleumundeten deutschen Philosophen, zitiert gern den „ranzigen alten Heidegger“. Immerhin, der „befasst sich ja mit den unerwarteten Verknüpfungen der Alltäglichkeit und der Zeitlichkeit“.

Aber Frank Bascombe ist Amerikaner, er kämpft. Er hat auch bislang nie aufgegeben. Also packt er den Sohn in sein Auto und fährt los. Das erste Ziel ist die Mayo-Spezialklinik in Rochester, Minnesota. Dort nimmt Paul Bascombe an einer experimentellen Testreihe teil, die aber bei ihm keine Besserung bringt.

Also beschließt Frank, seinem Sohn mit einer Art nationaler Wallfahrt eine Ablenkung und beiden den Versuch einer Wiederannäherung nach einem nicht konfliktfreien Erwachsenenverhältnis zu verschaffen. Die Route führt im gemieteten Wohnmobil nach South Dakota, zum Nationalpark, „wo die Gesichter von vier Präsidenten wie Marionetten der Steinzeit in einen Berg gehämmert wurden“. Es ist bald Valentinstag in Amerika, mittlerweile ein von den Republikanern besetztes Datum. So unternehmen denn Vater und Sohn auch eine Art Protestfahrt, quer durch ein politisch verseuchtes Land.

Zuweilen drängt sich Fords Erzählfreude in dieser Road-Novel dem Leser allzu minutiös und kleinteilig auf, wenn gleichsam jede Gangschaltung bei der Fahrt erwähnt und jeder Lebensmitteleinkauf en détail geschildert wird. Der Roman wirkt dann „überpflastert“, um sich beim Wortschatz des bewährten Ford-Übersetzers Frank Heibert zu bedienen.

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