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Berg der Verklärung

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Unter den zahlreichen Arhosbüchern, die in den letzten Jahren erschienen sind, ist dieser zur Feier des tausendjährigen Bestehens der Mönchsrepublik erscheinende Band wohl einer der ansprechendsten und wertvollsten. Nicht nur deshalb, weil die prachtvollen Farbbilder in ihrer vielfältigen Reichhaltigkeit und in ihrer sinnvollen Anordnung ein besonders einprägsames Bild von der Landschaft, den Gebäuden und Kunstschätzen, aber auch von den Menschen und ihrer Lebensform geben, sondern auch weil der Text, gleich weit entfernt von wissenschaftlich-spezialistischer Trockenheit wie von ästhetisierender Oberflächlichkeit, in lebendiger Schilderung — in die sich alle nötigen Angaben über Geschichte, Organisation und Tagewerk der so verschiedenen mönchischen Gemeinschaften (vom Großkloster bis zur Einsiedelei) zwanglos einfügen — un6 den Eindruck, den der Besucher empfängt, wirklich miterleben und nacherleben läßt. Es war die beste Lösung, diese Schilderung in die Form des Berichtes über die Reise selbst zu kleiden, auf der diese Eindrücke gewonnen und die meisterhaften Farbaufnahmen hergestellt wurden: von den ganz prosaischen, aber sehr praktischen Ansahen über die Durchführung der Reise zum Athos, die Formalitäten, denen sich der Besucher zu unterziehen hat und die Art und Weise des Empfanges und der Unterbringung erhebt sich dieser Bericht über 6charf gesehene und liebevoll gezeichnete Einzelbilder aus dem Leben der Mönche, und eine stimmungsvolle Beschreibung der klösterlichen Osterfeier zu einer prachtvollen Schilderung de6 Aufstiegs auf den 2000 Meter hohen Gipfel des Athosmassivs.

Was aber das Wesentliche ist: Bei aller Empfänglichkeit und Aufgeschlossenheit für alles Eigenartige und Schöne, das ihnen entgegentritt und das sie vorzüglich wiederzugeben verstehen, sind die Verfasser nicht nur ästhetisch genießende „Betrachter“, die ich mit dem äußeren Eindruck zufriedengeben, oder den Athos nur als „Kuriosum“ erleben wie so viele Reisende. Die Geistesverwandtschaft, die sie, selbst Mönche, trotz ihrer abendländischen Geisteshaltung, dem östlichen Mönchtum entgegenbringen, befähigt sie dazu, durch alle Einzelheiten hindurch, bei denen der äußerliche Betrachter oft stehenbleibt, und übet sie hinweg dem westlichen Leser den Sinn dieses östlichen Mönchtums zu erschließen, das, unter Vermeidung aller der Aktivitätsformen, die wir im Westen mit der Vorstellung des Ordenslebens verbinden, nur eine Form des Apostolats kennt: das Apostolat des Beispiels, noch dazu eines Beispiels, das eben durch seine Verborgenheit wirksam ist. Wenn der Band, über die Vermittlung des ästhetischen Eindrucks und des historischen Wissens hinaus, dazu beiträgt, in seinen Lesern Verständnis für diesen eigentlichen Sinn des Athos zu erwecken, so hat er gewiß den entscheidenden Beitrag zur Jahrtausendfeier des „Heiligen Berges“ geliefert.

Als Anhang folgt je ein Kapitel über die orientalisch-mönchische Meditations- und Atemlehre (wobei es befremdet, daß bei der Erwähnung Gregors des Sinaiten und de6 Gregor Palamas kein Wort über das „ungeschaffene Thaborlicht“ fällt — ein Problem, das zumindest historisch vom „Jesusgebet“ nicht zu trennen ist und dessen Kenntnis auch zum Verständnis einer Darstellung, wie die auf Tafel 197, notwendig ist), über den östlichen Kirchengesang, über die Geschichte und die Verfassung des Athos sowie Ratschläge über die Reir~ auf den Athos und über das Photographieren. Univ.-Prof.

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