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Diese Woche erschien die Studie des Soziologen Detlef Pollack mit dem Titel "Religion in der Moderne". Sie analysiert und vergleicht christlich geprägte Nationalstaaten (USA, Polen, Italien, Deutschland, Niederlande, Russland, Südkorea u. a.) und geht dabei der Frage nach der Bedeutung von Religion in der Moderne nach (die Studie konzentriert sich auf das Christentum). Die Studie attestiert zwar keinen zu erwartenden Schwund von Religion, spricht dennoch von einem schleichenden Verlust an Bedeutung von Religion in der Moderne. Interessant ist dabei, dass die Gründe dafür nicht primär in einer kirchenkritischen Haltung der Gläubigen liegen.

Vielmehr spricht sie vom "Wettbewerb zwischen religiösen und säkularen Angeboten, der religiöse Deutungsmuster, Sinnstiftungen, Rituale und Gemeinschaftsformen unter Konkurrenzdruck setzt." Die Zahl säkularer Angebote zur Freizeitgestaltung, aber vor allem deren Attraktivität nehmen im Vergleich zu religiösen Angeboten zu. Auch macht laut der Studie die zunehmende Individualisierung von Menschen Religionen immer unattraktiver. Religionen sind heute also mehrfach herausgefordert. Wenn deren Angebote durch säkulare Angebote ersetzbar sind, dann muss es für Religionen heißen, dass sie nach ihrem Mehrwert fragen, und damit nach ihrem unersetzbaren Angebot. Dieses liegt vor allem in ihren spirituellen Potenzialen, die das Herz des Menschen als Adressaten haben. Und da dieses Herz ein Bestandteil des Menschen ist, auch während er das säkulare Angebot genießt, verschwindet so die Grenze zwischen säkularem und religiösem Angebot. Denn die Bindung des Herzens an einer Vorstellung von einer absoluten Liebe und Empathie, die die Gläubigen mit Gott identifizieren, begleitet den Menschen in seinem Lebensentwurf auch als Korrektiv, wenn sich Individualität so radikalisieren sollte, dass Empathie in Not gerät.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster

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