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Roter Pressekonzern

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Die finanziellen Zuschüsse an die Zeitungen, die der schwedischen Arbeiterbewegung nahestehen,

kosteten der Arbeiterpartei und den Gewerkschaften durch eine Reihe von Jahren viele Millionen Kronen. Die Belastung wurde schließlich so groß, daß man sogar das Zentralorgan der Partei und später aiuch das tägliche Organ der Gewerkschaften („Stockholms-Tidningen“) niederlegen mußte. Nun hat man einen Plan vorgelegt, der die noch bestehenden Zeitungen retten soll. Ohne eine tiefgreifende Reorganisation, vor allem im technischen Sektor wird das allerdings nicht möglich sein.

Nach Kriegsende besaß die schwedische Sozialdemokratie noch 38 Tageszeitungen, heute sind es noch 20. Diese 20 Zeitungen sollen nun in einem neu zu gründenden Konzern zusammengefaßt werden, der seinerseits eine Tochtergesellschaft der „AB A-Presse“ sein soll. Diese „AB A-Presse“ soll 90 Prozent der Aktien der lokalen Zeitungen erwerben, die jetzt im Besitze der Arbeiterpartei und der Gewerkschaften sind. Die Muttergesellschaft und die Tochtergesellschaften sollen nach streng kommerziellen Richtlinien geleitet werden. Dadurch hofft man, diese 20 Zeitungen erhalten zu kön nen, ohne daß man in den Aufgabenkreis der jetzigen Redaktionen allzusehr einigreift.

Eingeschränkte Vielfalt

Zu den bekanntesten Zeitungen, die nun einen Teil ihrer Selbständigkeit verlieren werden, gehören auch die „Arbetet“, Malmö, die „Folket“, Eskilstuna, das „Smalanda Folkblad“ in Jönköping, das „Arbetarbladet“ in Gävle, der „Falu-Demokraten“ in Falun und der „Norrländska Socialdemokraten“ in Boden. Die hier genannten Zeitungen können als die Vertreter bestimmter Richtungen in der Arbeiterbewegung angesehen werden: „Arbetet“ vertrat den schwedischen Süden und nahm wiederholt gegenüber Stockholm eine kritische Haltung ein; das Blatt in Jönköping nahm auf die starken kirchlichen Organisationen in Mittelschweden Rücksicht; der „Norrländska Socialdemokraten“ repräsentierte den härteren und radikaleren Norden, der „Falu-Demokraten“ war immer am äußersten rechten Flügel der Partei zu finden und „Folket“ in Eskilstuna war der zuverlässiige Sprecher der Parteimitte und des Parteivorstandes. Alle diese Zeitungen, die bisher über große Selbständigkeit bei der Behandlung politi scher Fragen verfügten und nacht so selten auch gegeneinander Stellung nahmen, in einem einzigen Unternehmen zu vereinigen, ist sicher keine leichte Aufgabe.

Der Parteizuschuß an die noch bestehenden Zeitungen erreichte im Vorjahr 8 Millionen Kronen, die Gewerkschaften steuerten außerdem noch 4 Millionen Kronen bei. Notwendig gewordene Investitionen hätten jedoch viele Millionen Kronen erfordert, die man offenbar nicht riskieren wollte.

An Stelle der Aufrüstung einzelner Zeitungen sollen nun drei hochmoderne „Zeitungsfabriken“ errichtet werden, die um schon bestehende Druckereien und Data-Anlagen in Malmö, Eskilstuna und Rörnesand aufgebaut werden sollen. Zur Modernisierung der technischen Betriebe kommt noch der Ausbau des Verteilersystems, zu dem auch ein staatlicher finanzieller Zuschuß von jährlich 10 Millionen Kronen beitragen soll. Die Gesamtauflage aller Zeitungen wird 470.000 Exemplare täglich betragen. Auch für die technischen Investitionen will der Staat billige Anleihen zur Verfügung stellen, die für die ganze schwedische Presse 125 Millionen Kronen erreichen sollen.

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