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VLADKO MACEK / EIN DEMOKRAT IM DONAURAUM

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Das kroatische Volk hat einen seiner besten Söhne, das kroatische Bauerntum einen seiner hervorragendsten Führer, Südsla-wien einen seiner besonnensten Politiker verloren: Am 16. Mai dieses Jahres ist Vladko Macek in seinem amerikanischen Exil gestorben.

Maöek ging aus der Bauernbewegung hervor, die von den Brüdern Ante und Stjepan Radio noch in der Habsburger-Monarchie begründet wurde. Zunächst bestand die Führung dieser Partei überwiegend aus Intellektuellen. Doch schon 1905 saßen über Betreiben Stjepan Radic zur Mehrheit Bauern im Vorstand. Unter den Gebildeten, die sich der Bauernpartei anschlössen, befand sich auch der junge, 1879 geborene Vladko Macek. Ganz vom Gedanken der Bauernbewegung erfüllt, wurde er bald zu einem der Führer in ihr. So trugen ihn diese Eigenschaften in der

Partei von Position zu Position. Er vereinigte in seiner Persönlichkeit die Begabungen der beiden Brüder; er war ebenso Herr einer guten Feder wie Ante und ein Gewaltiger des Wortes wie Stjepan, nur ging er im Literarischen nicht auf, sondern stellte sich ins politische Kampffeld, aber er blieb auch dort der zielsichere geschulte Streiter, der sich einer scharfen, aber klug gehandhabten Sprache bediente. Sprunghaftigkeit, die Stjepan nicht selten zeigte, und Maßlosigkeit an der Stjepan oftmals scheiterte und die geradezu seine Ermordung herausforderte, waren Macek fremd.

An der Seite Radic' wurde er als Generalsekretär der umsichtige Sachwalter der Organisation, der Propaganda und der Strategie der kroatischen Bauernpartei. Durch das Zusammenwirken mit Radli wurde die kroatische Bauernpartei, als sie im neuen Staatswesen der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS) ihre ursprünglich republikanische Einstellung fallengelassen hatte, immer stärker; die alten Parteien des einstigen Sabor schwanden dahin und die Bauernpartei einigte fast ausschließlich das gesamte Kroatentum. Schon bisher Vizepräsident der Partei, trat Macek 1928, nach dem Tode Stjepan Radic, der in offener Sitzung der Skupstina durch einen Revolverschuß am 20. Juni so schwer verletzt wurde, daß er am 8. August starb, sein Erbe als Präsident an. Dieser Mord — ihm fielen auch die Abgeordneten Djuro Basaricek und Pavle Radic zum Opfer — führte zu einer schweren Staatskrise:

Die Regierung Vukcevic mußte demissionieren, der Versuch König Aleksandars, ein Kabinett

neutraler Persönlichkeiten zu bilden, scheiterte; da griff der König zu einem gewagten Schritt. Er ernannte erstmalig einen Ministerpräsidenten aus den Reihen der Precani — der Jenseitigen —, den bisherigen Innenminister Monsignore Ante Korosec, der schon in der Habsburger-Monarchie der Führer der Slowenen war. Damit sollte dem Ausland die im SHS-Staate herrschende politische Unparteilichkeit vor Augen geführt werden. Die Reaktion war wohl ganz anders, als sie sich der König erwartet hatte. Vladko Macek erwies sich als ebenso harter Gegner wie der Ermordete. Am Tage, an dem Korosec der Skupstina seine Regierung vorstellte, versammelte Macek im Haus des Sabor zu Agram die Abgeordneten seiner Partei sowie die der selbständigen Demokraten. Ihr Führer Svetozar Pribiceuic widerrief an der gleichen Stelle sein am 29. Oktober 1918 abgegebenes Bekenntnis zum SHS-Staat: das unitaristische Staatsgebilde war ein Irrtum! Macek gab auf einer großen Volksversammlung zu Sissek die Parole aus: Das Vermächtnis des sterbenden Radic, „Das Wort ist beim König und beim Volk“, werde bald nur mehr „Das Wort ist beim Volk“ lauten.

Am 7. November 1932 trat zu Agram eine Versammlung kroatischer, slowenischer, aber auch serbischer Politiker zusammen. In den „Agramer Punktationen“ lehnten sie die Königsdiktatur ab, forderten die Rückkehr zu dem Ausgangspunkt von X918 und die Organisation des verschärften Kampfes gegen die serbische Hegemonie. Hinter diesen von Ma-Sek gelenkten Forderungen stand kaum verhüllt der Ruf nach

einem selbständigen kroatischen Staat. Am 31. Dezember stellten die Slowenen die „Laibacher Punktationen“ auf. Sie waren nur insoferne mäßiger, als sie sich mit einem echten Föderalismus begnügen wollten. Die Antwort der Regierung war die Verhaftung Maieks, Korosecs', Trumbic' und des bosnischen Mohammedaners Spaho.

Doch am 9. Oktober 1934 wurde in Marseille König Aleksandar ermordet. Der Thronfolger, Prinzregent Paul, der für den minderjährigen Kronprinzen Petar die Herrschaft ausübte, hoffte schließlich auf eine Verständigung mit den Kroaten. Doch Maieks 67 Abgeordnete blieben der Skupstina fern. Auch dem Ministerpräsidenten Milan Stojadinoviä gelang es nicht, Macek von seiner Haltung abzubringen. Eifrige Verhandlungen führten endlich zum Erfolg. Am 26. August 1939 legte der Kroatenführer im Schloß Brdo vor Kruzifix und Priester den Eid als Minister ab. Der „lllyrismus“ wurde Wirklichkeit: Kroatien, Slawonien und Dalmatien wurden wieder vereinigt.

Der Einmarsch der deutschen Truppen machte allem ein rasches Ende. Jugoslawien hörte auf zu bestehen. Die Führung der Kroaten war auf den Poglavnik Ante Pauelid und den „Marschall“ Slavka Kvaternlk übergegangen. Wie ein Spuk entstand und verschwand der „unabhängige Staat Kroatien“. Vladko Maiek verlor den Heimatboden unter den Füßen. Ein neues Jugoslawien entstand, ein zwar föderatives, aber ein kommunistisches. Macek lebte nun im Exil in den Vereinigten Staaten, in deren Erde er seine letzte Ruhestätte findet.

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